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Bild: Annie Spratt (Unsplash)

Interview

Pankaj Mishra: „Liberalismus ist mit Demokratie nicht vereinbar“

Pankaj Mishra, im Interview mit Nils Markwardt und Dominik Erhard veröffentlicht am 11 Mai 2021 5 min

Pankaj Mishra zählt zu den weltweit einflussreichsten Intellektuellen. Im Interview zu seiner jüngst veröffentlichten Essaysammlung Freundliche Fanatiker spricht er über den Konnex von Liberalismus und Kolonialismus und argumentiert, warum die Berufung auf Kant und Voltaire nicht ausreiche.

 

Herr Mishra, der Titel Ihres neuen Buches basiert auf einem darin enthaltenen Essay über Liberalismus und Kolonialismus. Was sind Freundliche Fanatiker, und was haben sie mit Liberalismus und Kolonialismus zu tun?

Freundliche Fanatiker sind, kurz gesagt, meist britische und amerikanische (und einige französische) Intellektuelle, Politiker und Journalisten, die von ihrer historischen Mission überzeugt sind, die Zivilisation zu repräsentieren und diese dem Rest der Welt zu bringen. Doch vergessen sie – oder unterdrücken bewusst – dabei sowohl die lange Geschichte der Gewalt in ihren Gesellschaften als auch die Art und Weise, wie die Ideologien des Liberalismus und Humanitarismus als moralischer Deckmantel für Völkermord, Sklaverei und Imperialismus benutzt wurde.

Diese von Ihnen kritisierte „Komplizenschaft des Liberalismus mit dem westlichen Imperialismus“ ist mittlerweile aber auch ein Argument, dass von autoritären Führern in Asien oder Afrika benutzt wird, um westliche Forderungen nach mehr Demokratie zurückzuweisen.

Das ist keine neue Entwicklung. Alle möglichen politischen Akteure in Asien, Afrika und Lateinamerika, von Gandhi bis Khomeini, haben diese Kritik am Liberalismus geäußert, wonach letzterer eine Ideologie der Reichen und Mächtigen ist und vornehmlich dazu dient, deren Interessen auf Kosten der Schwachen durchzusetzen. Liberalismus ist indes nicht dasselbe wie Demokratie. Gandhi war etwa ein großer Praktiker der Demokratie, hielt sich aber nicht mit Philosophien des Besitzindividualismus und Theorien der Freiheit auf, die nur jenen nutzen, die an der globalen Spitze rassifizierter Hierarchien stehen. Gandhis Leistung bestand darin, die Ideale von Freiheit und Würde von der Geschichte des Imperialismus abzutrennen und sie für Menschen einlösbar zu machen, die nicht in reichen und mächtigen Ländern wie Großbritannien geboren wurden.

Ein anderer in dem Buch enthaltener Essay, der sich mit dem Autor Ta-Nehisi Coates beschäftigt, lautet: Warum mögen weiße Menschen, was ich schreibe? Ist das eine Frage, die Sie sich auch selbst stellen?

Nein, diese Frage stelle ich mir nicht, einfach deshalb, weil mir scheint, dass viele Menschen in England und Amerika nicht mögen, was ich schreibe. Sie fühlen sich unwohl, wenn eine nicht-weiße Person aus einem anderen Teil der Welt Dinge sagt, die ihre tiefsten Überzeugungen in Frage stellen. Wie man an den jüngsten politischen Ereignissen in diesen Ländern sehen kann, von Trump bis Boris Johnson, manifestiert sich der weiße Suprematismus hier auf vielfältige Weise und das intellektuelle Leben öffnet sich gerade erst für Menschen, die ihn herausfordern.

Warum wird der Mythos vom „überlegenen Westen“ immer noch so oft von Medien aufrechterhalten, wie Sie im Buch an Beispielen aus der New York Times, The Atlantic oder The New Yorker zeigen?

Die ideologische Haltung dieser Medien war lange durch den Kalten Krieg geprägt, durch die offensichtliche Abscheulichkeit des Feindes, die den „Westen“ als „überlegen“ erscheinen ließ. Es war leicht, auf die Verbrechen von Mao Zedong und Stalin zu verweisen und sich besser zu fühlen. Was diese Medien jedoch vergaßen und erst jetzt, gezwungen durch Bewegungen wie Black Lives Matter, zu tun beginnen, ist, die brutale Geschichte der rassistischen Vorherrschaft und der systemischen Ungerechtigkeit in ihren eigenen Gesellschaften zu untersuchen. Anders als in Deutschland hat es in Großbritannien und den USA keine breite, landesweite Aufarbeitung mit der eigenen gewalttätigen Vergangenheit gegeben.

In einem weiteren Text in Ihrem Buch beschäftigen Sie sich mit dem Psychologen und Publizisten Jordan Peterson, der weltweit vielen jungen Männern als Vorbild gilt und in seinem Bestseller 12 Rules for Life fordert, Männer müssten „tough“ sein oder werden. Inwieweit hängt die Existenz von „freundlichen Fanatikern“ mit solchen Geschlechterrollen zusammen?

Diejenigen, die in den weißen, englischsprachigen Ländern zu den Gewinnern der Geschichte gehören, haben ihren Erfolg immer mit einer hyper-maskulinen Machtausübung verbunden. Auch diejenigen, die von ihnen marginalisiert und viktimisiert wurden, ob Hindus, Muslime oder Juden, haben dieselbe Art von Macht angestrebt. Und nun verkauft ein kanadischer YouTube-Unternehmer wie Jordan Peterson dieselbe Art von Härte, gepaart mit einem Schuss Nostalgie für jene Zeit, in der „echte Männer“ regierten und Frauen und Minderheiten auf ihren Platz verwiesen wurden. Es ist ein trauriger Ausdruck der intellektuellen Verarmung, dass man mit solchen Klischees prominent werden kann.  

Einer der zentralen Anlässe für Ihr Buch bestand neben dem Brexit in der Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten. Wie hat sich die Welt verändert, seit er nicht mehr im Amt ist? Erleben wir sogar eine Aufklärung der früheren, wie Sie es nennen, „anglo-amerikanischen Konfusion“?

Im letzten Kapitel von Freundliche Fanatiker habe ich bemerkt, dass die USA und Großbritannien die Ideologie des Neoliberalismus aufgeben und den Wohlfahrtsstaat wieder aufbauen müssen, wenn sie die Pandemie durchstehen und mit China konkurrenzfähig bleiben wollen. Joe Biden hat mit seinen großangelegten Plänen im Stile des New Deal begonnen, sich in diese Richtung zu bewegen. Großbritannien hingegen hat seinen Weg in die politische und wirtschaftliche Bedeutungslosigkeit beschleunigt und könnte sogar Schottland verlieren und dann völlig auseinanderbrechen.

Wenn Sie in die Zukunft blicken: Wie könnten wir die emanzipatorischen Kernideen des Liberalismus – Demokratie, Meinungsfreiheit, Aufklärung – bewahren und gleichzeitig seine dunkle und brutale Seite reflektieren?

Wie bereits gesagt: Der Liberalismus, also die Ideologie des Wachstums und der Bewahrung individueller Rechte und marktwirtschaftlicher Prinzipien, ist nicht mit der Demokratie vereinbar. Und die Auswüchse neuer Technologien und sozialer Medien, die schnelle Einteilung von Meinungen in „Likes“ und „Hates“, haben unser altes Konzept der freien Rede verkompliziert. Auch ist die Aufklärung nicht die einzige Quelle für gute politische, gesellschaftliche und moralische Ideen. Wir müssen lernen, auch jene politischen und philosophischen Traditionen zu verstehen, die nicht von Europa und Amerika ausgehen. Es reicht nicht aus, nach jedem politischen Schock Voltaire und Kant zu beschwören und zu hoffen, dass es irgendwie weitergehen kann wie bisher. •
 

Pankaj Mishra ist Journalist, Essayist und Schriftsteller. Sein Buch „Das Zeitalter des Zorns“ war ein weltweiter Bestseller, für „Aus den Ruinen des Empires“ erhielt er den Leipziger Buchpreis für Europäische Verständigung. Jüngst erschien von ihm „Freundliche Fanatiker“ beim Fischer Verlag.

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