Wer war Walter Benjamin?
Er ist eine der faszinierendsten Figuren im Umkreis der Frankfurter Schule: Nah vertraut mit Adorno, wurde Walter Benjamin, der heute vor 130 Jahren zur Welt kam, vom Institut für Sozialforschung nicht nur finanziell unterstützt, sondern er beeinflusste es auch entscheidend.
KINDHEIT
Walter Bendix Schoenflies Benjamin wird im Jahr 1892 in eine wohlhabende jüdische Familie in Westberlin hineingeboren. Seine Eltern sind Emil Benjamin, ein erfolgreicher Kunsthändler und Antiquar, und Pauline Benjamin. Die Beziehung zu ihnen ist zeit seines Lebens von Widersprüchen geprägt: Einerseits zieht sich die Rebellion gegen die Eltern und deren Lebensstil wie ein roter Faden durch Benjamins Leben, andererseits lässt er sich bis weit über sein 30. Lebensjahr finanziell von ihnen unterstützen. Seine Kindheit um die Jahrhundertwende in der boomenden Großstadt Berlin wird zum Motiv zahlreicher Schriften, so zum Beispiel seiner Autobiografie Berliner Kindheit um neunzehnhundert, die Benjamin in mehreren Entwürfen im Laufe der 1930er-Jahre verfasst. Veröffentlicht wurde sie, wie viele seiner Werke, erst nach seinem Tod, im Jahr 1950.
JUGEND
Benjamin studiert in Berlin, Freiburg, München und Bern. Seine Jugend wird unter anderem maßgeblich durch die enge Freundschaft mit dem Philosophen und engagierten Zionisten Gershom Scholem geprägt, die über das ganze Leben der beiden Männer hinweg in einer engen Brieffreundschaft anhält. Laut Scholem hatte Benjamin eine besondere Gabe für intensive Freundschaften – im späteren Leben zählte er Bertolt Brecht, Hannah Arendt und Theodor W. Adorno zum Kreis seiner engsten Vertrauten. Mit 23 Jahren entzieht sich Benjamin 1915 der Einberufung in den Krieg, 1917 heiratet er Dora Sophie Kellner, mit der er einen Sohn bekommt.
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