Bauern in der Schwebe
Die Bauernproteste sollen von Rechten unterwandert sein. An Karl Marx’ Überlegungen zur Bauernfrage zeigt sich, dass es schon immer ihre einzigartige Position war, die sie zu einem streitbaren Subjekt machte.
Der Deutsche Bauernverband hatte sich schon vor den geplanten Demonstrationen distanziert. Rechte sind bei den Protesten nicht erwünscht. Gekommen sind sie trotzdem. Rechte bis rechtsextreme Kräfte schließen sich den Protesten der Bauern gegen die Streichung der Agrardieselsubventionen an – auch ohne Einladung und sogar ohne gemeinsamen Nenner. Schließlich fordert die AfD selbst die Streichung von Subventionen für die Landwirtschaft.
Historisch bestand ein Bündnis zwischen den Bauern und der linken Arbeiterbewegung, aber schon immer sorgten die Eigenarten des Berufsstandes für ein schwer arrangierbares Verhältnis. Dass sich ihnen heute Rechte anschließen können, erklärt sich aus ihrer besonderen Situation. Anders als die meisten Menschen auf dem Arbeitsmarkt besitzt der Bauer seine Produktionsmittel selbst. Häufig vererbt, gehört ihm selbst der Hof und das Gerät, um ihn zu bewirtschaften. Gleichzeitig ist es im wahrsten Sinne des Wortes er selbst, der ackert und auf seinem Hof durch seine Arbeitskraft Waren produziert, die verkauft bzw. konsumiert werden.
In der Mittelrolle
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Weder Kapitalist noch Arbeiter
Die Bauernproteste sollen von Rechten unterwandert sein. An Karl Marx’ Überlegungen zur Bauernfrage zeigt sich, dass es ihre einzigartige Position ist, die sie zu einem streitbaren Subjekt macht.

Die neue Ausgabe: Karl Marx
Für die einen ist Karl Marx Visionär der Freiheit, für die anderen Wegbereiter repressiver Systeme. Wie viel Marx brauchen wir heute? Die neue Sonderausgabe blickt kritisch auf Licht- und Schattenseiten eines Denkers, der keine Utopien bieten wollte, sondern das Werkzeug zur radikalen Kritik der Gegenwart.
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Gegen die „Friedenswindbeutel“ – Karl Marx‘ Kritik des bequemen Pazifismus
Seiner generellen Staatskritik zum Trotz plädierte Karl Marx in außenpolitischer Hinsicht dafür, republikanische gegen autoritäre Staaten zu verteidigen, schreibt der Politikwissenschaftler Timm Graßmann in seinem Buch Marx gegen Moskau. Die Haltung der deutschen Linkspartei gegenüber Waffenlieferungen an Kiew hätte der Autor des Kapitals aufs Schärfste kritisiert.

Karl Marx und der Klassenkampf
Lange galt Karl Marx als philosophisches Gespenst und seine Schriften als historisch überholte Theoriemärchen. Das hat sich fundamental geändert, denn heute ist sein Denken aktueller denn je. Ein Essay von Patrick Eiden-Offe.

Die sichtbare Hand des Marktes
Es war keine utopische Spukgeschichte: Als Karl Marx und Friedrich Engels in ihrem 1848 erschienenen Manifest jenes „Gespenst des Kommunismus“ beschworen, das Kapitalisten in Enteignungsangst versetzen sollte, war das für sie vielmehr eine realistische Zukunftsprognose. Denn Marx und Engels legten großen Wert darauf, dass es sich im Kontrast zu ihren frühsozialistischen Vorläufern hier nicht um politische Fantasterei, sondern eine geschichtsphilosophisch gut abgesicherte Diagnose handle: Der Weltgeist sieht rot.

Uwe Wittstock: „In ökonomischer Hinsicht war Marx’ Leben ein Desaster“
Wie war Karl Marx als Mensch? Im Gespräch zeigt Uwe Wittstock ihn als jungen Dichter, selbstgewissen Revolutionär mit Geldsorgen – und nachdenklich gewordenen, kranken Mann, der nach Algier reist und sich seinen Bart abrasieren lässt.

Triage – Ungeimpfte depriorisieren?
Sollen geimpfte Patienten bei möglichen Triage-Entscheidungen ungeimpften vorgezogen werden? Angesichts einer drohenden Überlastung der Intensivstationen wird das derzeit diskutiert. Allerdings sprechen vor allem rechtsphilosophische Überlegungen dagegen.

Judith Butler und die Gender-Frage
Nichts scheint natürlicher als die Aufteilung der Menschen in zwei Geschlechter. Es gibt Männer und es gibt Frauen, wie sich, so die gängige Auffassung, an biologischen Merkmalen, aber auch an geschlechtsspezifischen Eigenschaften unschwer erkennen lässt. Diese vermeintliche Gewissheit wird durch Judith Butlers poststrukturalistische Geschlechtertheorie fundamental erschüttert. Nicht nur das soziale Geschlecht (gender), sondern auch das biologische Geschlecht (sex) ist für Butler ein Effekt von Machtdiskursen. Die Fortpf lanzungsorgane zur „natürlichen“ Grundlage der Geschlechterdifferenz zu erklären, sei immer schon Teil der „heterosexuellen Matrix“, so die amerikanische Philosophin in ihrem grundlegenden Werk „Das Unbehagen der Geschlechter“, das in den USA vor 25 Jahren erstmals veröffentlicht wurde. Seine visionäre Kraft scheint sich gerade heute zu bewahrheiten. So hat der Bundesrat kürzlich einen Gesetzesentwurf verabschiedet, der eine vollständige rechtliche Gleichstellung verheirateter homosexueller Paare vorsieht. Eine Entscheidung des Bundestags wird mit Spannung erwartet. Welche Rolle also wird die Biologie zukünftig noch spielen? Oder hat, wer so fragt, die Pointe Butlers schon missverstanden?
Camille Froidevaux-Metteries Essay hilft, Judith Butlers schwer zugängliches Werk zu verstehen. In ihm schlägt Butler nichts Geringeres vor als eine neue Weise, das Subjekt zu denken. Im Vorwort zum Beiheft beleuchtet Jeanne Burgart Goutal die Missverständnisse, die Butlers berühmte Abhandlung „Das Unbehagen der Geschlechter“ hervorgerufen hat.