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Bild: © Tina Ahrens

Buch des Monats

Der wundersame Wechselbalg

Jörg Magenau veröffentlicht am 25 März 2021 3 min

Das Leben besteht aus „Metamorphosen“ eines einzigen großen Organismus, erklärt der Philosoph Emanuele Coccia – und definiert damit die Ökologie neu.

 

Alles ist Bewegung, Verwandlung, Metamorphose. Es gibt kein Leben, das nicht der Veränderung unterworfen wäre. Sein ist Werden, könnte man sagen, doch Emanuele Coccia denkt weniger ontologisch als vielmehr biologisch. Was er in seiner Philosophie der Pflanzen, Die Wurzeln der Welt, begonnen hat, führt er in seinem neuen Buch Metamorphosen weiter. Ausgangspunkt ist Darwins Evolutionstheorie, die er jedoch einer radikalen Lesart unterzieht. Die verschiedenen Spezies sind für den in Paris lehrenden italienischen Philosophen „keine Substanzen, keine realen Entitäten“, sondern unbeständige „Konfigurationen eines Lebens, das mit Vorliebe von einer Form zur anderen wandert und zirkuliert“. Dieser nur scheinbar unspektakuläre Ansatz führt in der Konsequenz zu einem durch und durch dynamischen Weltbild, in dem nichts an seinem Platz bleibt, weil alles Leben auf Austausch und Umformung beruht. 

Für Coccia gibt es keinen Rangunterschied zwischen Eiche, Katze, Mensch oder Einzeller. Alle Lebewesen sind „ein einziger Körper“. Es ist durchaus anregend, wie daraus eine planetarische Philosophie entsteht, die Geburt und Tod als Momente der Wandlung ebenso bedenkt wie die Nahrungsaufnahme als Inkorporation fremder Körper – weil Leben von Leben lebt und jeder Körper zugleich von unzähligen anderen Lebensformen bewohnt wird. Wir nehmen Leben, und wir geben Leben in diesem endlosen Anverwandlungsprozess, doch nur der Mensch versucht, sich der allumfassenden Nahrungskette zu entziehen und noch im Tod seine individuelle Form zu verteidigen: Sei es, indem die Leiche durch einen Sarg geschützt oder indem sie verbrannt wird. Das ist, wenn alles Leben auf Invasion, Mutation, Migration und Weitergabe beruht, so falsch wie vergeblich.

Coccia denkt in metaphorischen Begriffen, mal geologisch, mal biologisch, mal theologisch. Er denkt sinnlich und unmittelbar körperlich, angesiedelt irgendwo zwischen Goethe und Peter Wohlleben. Die „Drift“ der Kontinente wird bei ihm zu einem Grundprinzip aller Bewegung; die „Arche“ ist das Sinnbild eines jeden Körpers, der andere Körper trägt; „Gaia“ als die planetarisch zu denkende Erde ist der Boden für alle Lebensformen. Der „Kokon“ der Insekten wird zu einer Großmetapher als Wandlungsstätte, gekennzeichnet weniger durch die schützende Haut als Grenze nach außen denn als Ort, in dem das wandlungsbereite Lebewesen sich von sich selbst abgrenzt: den Schmetterling von der Raupe.

 

Neue Umlaufbahnen

 

Aus all dem ergibt sich eine überraschende Kritik der Ökologie, die Coccia als eine auf die Natur angewandte Ökonomie und als spätes bürgerliches Relikt des 19. Jahrhunderts betrachtet. Im ökologischen Denken hat jedes Lebewesen seinen vorbestimmten Platz und seine Funktion im Ökohaushalt. Natur wird als Gleichgewicht und als etwas zu Bewahrendes betrachtet, als wäre die Welt ein großes Haus, in dem alle Lebewesen in prästabiler Harmonie zusammenleben. Davon bleibt in Coccias dynamischer Sichtweise nichts übrig. Indem er die Metamorphose „zum transzendentalen Prinzip des Lebens“ erklärt, hebt er auch die Ökologie auf eine höhere Ebene. Lebensschutz hat nichts mehr mit Artenschutz und Artenvielfalt zu tun, sondern zielt auf „das Leben“ selbst. Damit verwandelt sich „Leben“ jedoch hinterrücks in eine metaphysische Substanz, was Coccia zu Beginn ausdrücklich ausgeschlossen hat.

Leben ist ein Stoff, der, so flüssig und ungreifbar er auch ist, doch wie ein Subjekt agiert, der „weiter zieht“, der „Körper baut“, besondere „Vorlieben“ entwickelt oder einfach nur „ist“. So entsteht der wundersame Wechselbalg einer biologistischen Ontologie, die aber eine gewaltige Leerstelle birgt: Bewusstseinsprozesse, Denken, „Geist“ sind für Coccia nur als Effekte materieller Prozesse vorstellbar. Doch von wo aus wären dann Bücher wie dieses überhaupt möglich? Ist das menschliche Bewusstsein nicht vielleicht doch etwas substanziell anderes als das Leben eines Einzellers? Dass Sprache ihrerseits eine dynamische, verändernde Kraft ist, kommt bei Coccia nicht vor. Dabei erzeugt das Buch in seiner zupackenden, bildkräftigen Sprache eine enorme Wirkung. Wer sich auf dieses spekulative Manöver einlässt, gerät selbst in Bewegung und versetzt sich auf neue, planetarische Umlaufbahnen. •

Emanuele Coccia: „Metamorphosen – Das Leben hat viele Formen. Eine Philosophie der Verwandlung“, Übers. v. Caroline Gutberlet Hanser, 208 S., 23 €

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