Ein Leben in Freundschaften
Manche Freunde begleiten uns ein Leben lang, andere nur für einen kurzen Abschnitt oder zu einem bestimmten Zweck. Sechs typische Arten der Freundschaft mit Vorbildern aus Film und Literatur.
1 Kindheitsfreunde
„Willst du mein Freund sein?“, fragt ein Kind das andere am Strand und schon baut man zusammen eine Burg aus Sand. Die Kindheitsfreundschaft erwächst aus dieser ehrlichen und einfachen Frage, die natürlich auch anders formuliert werden kann: „Willst du mit mir spielen?“ Oder: „Soll ich dir ein Geheimnis verraten?“ In Zsuzsa Bánks Roman Die hellen Tage beschreibt die Erzählerin diesen unvermittelten und unkomplizierten Anfang: „Wir fanden uns, wie sich Kinder finden, ohne zu zögern, ohne Umstände, und sobald wir unser erstes Spiel begonnen, unsere ersten Fragen gestellt hatten, verbrachten wir unsere Tage miteinander, fädelten sie auf wie an einer endlosen Kette, und hielten jede Unterbrechung, mit der andere uns trennten, für eine Zumutung.“ Die Zeit scheint als Kind unendlich und wird jeden Tag aufs Neue mit Spielen und simulierten Abenteuern gefüllt. Erst im Rückblick stellt sie sich als endlich heraus und verbleibt in der Erinnerung als überschaubarer Lebensabschnitt. Die Kindheitsfreunde finden sich zu zweit, zu dritt oder erkunden als Bande die Welt. Der Zusammenhalt gegen andere Banden und die fantasielose Welt der Erwachsenen werden durch den Tausch von Blut oder von symbolischen Objekten und Sätzen besiegelt. Bei den „Wilden Hühnern“ ist es die Federkette, bei den „Wilden Kerlen“ der Ausruf: „Alles ist gut, solange du wild bist!“ Der Eid hat eine Garantiefunktion, auf die schon Cicero hinwies: „Der Eid ist nämlich eine heilige Beteuerung“, die darauf abzielt, Treue sicherzustellen. Erst wenn die Kindheitsfreunde älter werden, verabschieden sie sich von dem Glauben an ewige Loyalität und legen die Symbole ab.
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