Das Unantastbare retten
In ihrem Essay Klinik der Würde untersucht die Philosophin und Psychoanalytikerin Cynthia Fleury, warum das Leben vielerorts immer unwürdiger wird, während man Würde deutlicher einklagt als je zuvor.
Viel Aufmerksamkeit erhielt die Psychoanalytikerin und Philosophin Cynthia Fleury vor zwei Jahren mit ihrem Buch Hier liegt Bitterkeit begraben. Ressentiments und ihre Heilung. In ihrem neuen Werk Die Klinik der Würde knüpft Fleury, die in Frankreich als Diagnostikerin kollektiver Pathologien eine klar vernehmliche Stimme geworden ist, an die vorhergehende Untersuchung an. Dort hatte Fleury das Ressentiment als narzisstische Selbstvergiftung beschrieben, die stets um das eigene Ich kreist und dabei mögliche Auswege aktiv vermeidet; eine Selbstvergiftung, die politisch zu einer Vorliebe für autoritative und faschistische Bewegungen führt.
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Camille Froidevaux-Metteries Essay hilft, Judith Butlers schwer zugängliches Werk zu verstehen. In ihm schlägt Butler nichts Geringeres vor als eine neue Weise, das Subjekt zu denken. Im Vorwort zum Beiheft beleuchtet Jeanne Burgart Goutal die Missverständnisse, die Butlers berühmte Abhandlung „Das Unbehagen der Geschlechter“ hervorgerufen hat.