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Erhabenes / Sublimes

Vom lat. sublimis, „in der Luft schwebend, emporragend“. Der Ausdruck findet seine Verwendung zuerst in der Rhetorik, um einen erhabenen Stil zu bezeichnen, der starke Affekte bei den Zuhörenden hervorruft. Longinos (im 3. Jahrhundert vor Chr.) unterscheidet dabei als erster Autor mit einem Traktat über das Sublime verschiedene „Quellen des Erhabenen“, die entweder angeboren sind oder erlernt werden können. Das Erhabene wird von ihm mit einem einschlagenden Blitz verglichen, es entfaltet eine „Ästhetik des Schocks“. Im 18. Jahrhundert sagt Burke über das Erhabene, es bringe eine einzigartige Empfindung hervor: einen „herrlichen Genuss am Schrecken“ (delightful horror), den er der Zärtlichkeit entgegenstellt, die man bei der Erfahrung des Schönen empfindet. Kant verfeinert diese Unterscheidung: das Erhabene, als das, „was schlechthin groß“ ist, kann mathematisch (als das Unendliche, wie zum Beispiel der grenzenlose Sternenhimmel) oder dynamisch sein (wie ausbrechende Vulkane „in ihrer ganzen zerstörerischen Gewalt“). Angesichts eines solch großartigen Spektakels empfindet sich der Mensch selbst in seiner physischen Ohnmacht als nichts, aber er wird nicht davon zerstört, weshalb das Erhabene in ihm ein Gefühl tiefen Respekts und der „Überlegenheit der Vernunft“ erzeugt. Es begünstigt damit seine moralische Erweckung. Nietzsche bestreitet die moralisierende Wirkung dieser Erfahrung, die er mit einer Erleuchtung der Sinne vergleicht, und greift stattdessen auf die physikalische Bedeutung der Sublimation zurück, nämlich der eines unmittelbaren Übergangs vom festen in den gasförmigen Aggregatzustand. Für ihn ist das Erhabene die „künstlerische Bändigung des Entsetzlichen“. Freud schließlich sieht darin eine Umlenkung oder Veredelung der sexuellen Triebe. Das Erhabene ist also mehr als eine ästhetische Kategorie, nämlich eine Grenzerfahrung, die das Subjekt verwandelt.