Einspruch: Keine mentale Aufrüstung im Namen Hegels!
In der letzten Ausgabe des Philosophie Magazins hatte Leander Scholz der militärischen Zeitenwende mit Hegels „Kampf um Anerkennung“ Legitimität zu verleihen versucht. Scholz deutet Hegel nicht nur falsch, sondern missbraucht ihn für politische Zwecke, meint Axel Honneth.
Was wurde in der Vergangenheit nicht schon alles unternommen, um das Werk eines Philosophen derart zurechtzubiegen, dass es einem politischen Bedürfnis der Zeit zu Diensten kommen konnte: Legendär sind die Versuche deutscher Intellektueller, dem philosophischen Erbe Kants oder Hegels eine nationalistische Wendung zu geben, um die gebildeten Geister des Landes für die Kriegsziele im Ersten Weltkrieg zu begeistern, legendär auch die Anstrengungen der Nazis, die Philosophie Nietzsches vor den Karren ihrer Terrorherrschaft zu spannen. Wie ein solcher Prozess der politischen Instrumentalisierung eines philosophischen Autors auf kleinerer Flamme Gestalt annimmt, lässt sich nun wie unter einem Brennglas an einem Beispiel aus der Gegenwart beobachten: In seinem Beitrag Hegelwende zur Zeitenwende bemüßigt sich Leander Scholz, uns weiszumachen, dass Hegel in seiner Phänomenologie des Geistes vom Kampf um Anerkennung hat zeigen wollen, er sei nur unter Einsatz des eigenen Lebens in einem Krieg zu gewinnen. An dieser Deutung, dazu angetan, den Deutschen die militärische Aufrüstung wieder schmackhaft zu machen, ist dermaßen viel falsch, dass es schwerfällt, den richtigen Anfang zu finden.
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