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Leidenschaft

Vom lat. patior, „(er)leiden“ seinerseits hervorgegangen aus dem griech. pathos, „Leid“. Nach Aristoteles sind die Leidenschaften Regungen des Gemüts, die von Gefühlen der Lust oder Unlust begleitet und nicht an und für sich gut oder schlecht sind. Die Epikureer und noch mehr die Stoiker halten die Leidenschaften für eine Quelle des Unfriedens und der Unausgeglichenheit; gerade die Stoiker verdammen sie daher ausdrücklich, weil sie von den natürlichen Pflichten ablenke. Descartes hingegen analysiert sie mechanistisch: sie werden hervorgebracht von „Lebensgeistern“ (er versteht darunter die feinsten Bestandteile des Blutes), die in das Gehirn eindringen und bewirken, dass der Körper in Wechselwirkung mit der Seele tritt, diese zu Affekten und Leidenschaften erregt wird. Die Leidenschaft wird insoweit für gut gehalten, als sie die Seele dazu bewegt, das zu wollen, was für sie nützlich ist. Spinoza meint, sie könne die Wirkungsmacht eines Menschen vergrößern (so wie die Leidenschaft des Begehrens zur Freude und schließlich zur Liebe führen könne). Während Kant in ihr nur eine „Krankheit des Gemüts“ sieht, versucht die Philosophie des 19. Jahrhunderts, die Leidenschaft aufzuwerten: die Romantiker erheben sie, weil sie in ihr die äußerste Manifestation der Empfindsamkeit des Herzens sehen. Hegel interpretiert sie zweckbestimmt: für ihn kommt den Leidenschaften eine „formelle Vernünftigkeit“ zu (so zum Beispiel, wenn Napoleon, getrieben von seiner Ruhmsucht, bewirkt, dass sich in Europa die revolutionären Ideale durchsetzen). Der Utopist Fourier meint, dass man die Leidenschaften nicht unterdrücken darf, sondern sie stattdessen sozial organisieren muss, denn: „wahres Glück besteht nur in der Befriedigung der Leidenschaften“. Für Nietzsche schließlich zeigt sich in den affirmativen Leidenschaften (wie der Gesundheit und der sexuelle Liebe) der Wille zur Macht des von den metaphysischen Zwängen befreiten Menschen. So erscheint die Leidenschaft als zutiefst ambivalent – sie kann sowohl schöpferisch und glückbringend als auch zerstörerisch und unheilvoll sein.