Unendlichkeit / Das Unendliche
Aus dem Lateinischen infinitus, dem Griechischen apeiros entnommen: endlos. Gegenstand lebhafter Debatten in der griechischen Philosophie: Der Vorsokratiker Anaximander sieht es als den Urstoff an, aus dem die Welt hervorgeht, die ersten Atomisten halten es für eine kosmische Notwendigkeit. Aristoteles glaubt, das Unendliche existiere nur in der Kraft und nicht in der Handlung. Hat die Unendlichkeit so zunächst eine negative Bedeutung, ändert sich dies mit der Theologie und dem Fortschritt der Wissenschaften. Als Gott zugeschriebene Eigenschaft drückt sie für Descartes Vollkommenheit, die Endlichkeit hingegen Unvollkommenheit aus, die in uns schon vorhanden ist, noch bevor wir einen Begriff davon haben. Hegel unterscheidet die „schlechte Unendlichkeit“, die sich aus der Aufsummierung des Endlichen ergibt, und die „wahre Unendlichkeit“, die sowohl sich selbst als auch ihr Gegenteil, das Endliche, umfasst. In der Physik unterstützt der Übergang vom Glauben an eine begrenzte Welt zu der Annahme eines unendlichen Universums, der durch die galileische Revolution ermöglicht wurde, die Idee, dass die Unendlichkeit real sei. Nach der Erfindung der ersten Fernrohre und Mikroskope glaubt Pascal, der Mensch wäre ohne Gott auf tragische Weise zwischen dem unendlich Großen und dem unendlich Kleinen verloren. In der Mathematik ermöglicht die Entdeckung der Infinitesimalrechnung durch Leibniz und Newton eine bessere Erfassung der Unendlichkeit, die doch in vielfacher Hinsicht widersprüchlich bleibt, wie Bolzano zu Beginn des 19. Jahrhunderts zeigt. So bleibt das Unendliche, das in allen Disziplinen vorkommt (in der Ästhetik zum Beispiel als das Erhabene), im Allgemeinen ein problematischer Betrachtungsgegenstand, der die Grenzen des menschlichen Reflexionsvermögens aufzeigt.