Werden
Als substantiviertes Verb bezeichnet das Werden die Tatsache, sich in einem evolutionären Prozess zu befinden, der zu einer Zustandsänderung führen soll. Es impliziert daher den Begriff der Zeit und die Kategorie der Qualität. Als Faktor der permanenten Verwandlung der Materie und der Phänomene wird das Problem, das es für das Denken aufwirft (wie ist das Geschehende zu begreifen?), von Anfang an in der Philosophie diskutiert: Heraklit, der sich die Welt in ständiger Bewegung vorstellt („alles fließt“), steht Parmenides gegenüber, für den nur das Sein, nicht aber das Werden, denkbar ist, weil es dieses ewig und unveränderlich ist. Das Werden findet sich bei Aristoteles als Übergang von der Kraft (als Ursache jeder Bewegung) zur Handlung. Aber erst mit dem Aufkommen der Geschichtsphilosophien im 18. Jahrhundert, seien sie nun zyklisch oder linear, kommt diesem Gedanke eine wichtige Rolle im Denken zu. Als Synthese von Sein und Nichtsein ist das Werden für Hegel das, was den Widerspruch zur treibenden Kraft der Geschichte macht. Sie macht jede dialektische Bewegung möglich und nährt evolutionäre Theorien, Fortschrittsideologien und den Glauben an „ein Morgen, das singt“, ebenso wie den Glauben an die ökologische Katastrophe von heute. Werden kann also sowohl das sein, was Hoffnung macht, als auch das, was Angst vor der Zukunft erweckt.