Charlotte Klonk: „Die Art aller Gewaltbilder zeigt deutlich, für wen sie gemacht werden“
Für die Kunsthistorikerin Charlotte Klonk lassen die Aufnahmen der Hamas Rückschlüsse auf die Frage zu, wen die Terrororganisation als Verbündete und wen sie als Feinde sieht. Sie künden von einem Strategiewechsel.
Frau Klonk, seit langer Zeit forschen Sie intensiv zu Bildern der Gewalt, des Terrors und des Krieges. Welche Schlüsse lassen sich aus den Aufnahmen ziehen, die seit dem Angriff der Hamas auf Israel kursieren?
An westlichen Standards gemessen, hat die Hamas den Bilderkrieg schon verloren, weil bis zum Angriff vom 7. Oktober die Erzählung der palästinensischen Führung weitgehend über die Opferrolle des Volkes funktionierte, mit der man internationale Unterstützung mobilisieren konnte. Seitdem nun aber Aufnahmen der Kassam-Brigaden und des Islamischen Dschihad in Umlauf sind, die zeigen, wie ihre Männer im heroischen Stil auf Motorrädern und schweren Wagen in die Morgensonne durch den vermeintlich unbezwingbaren Zaun an der Grenze zu Israel fahren, um ein Massaker zu verüben, ist viel Sympathie zumindest in den Augen vieler im globalen Norden verspielt worden. Die unsäglichen Bilder der Zurschaustellung der Geiseln, die die Hamas in Umlauf brachte, als die Täter zurück in Gaza waren, erinnerte zu sehr an die Medienstrategie des Islamischen Staates. Das palästinensische Volk kann nun nicht mehr nur als Opfer wahrgenommen werden, sondern zeigt sich mindestens in Form seiner Führung als brutaler Massenmörder.
Was ist dann das strategische Kalkül hinter diesen Aufnahmen?
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