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Bild: icons8 (Unsplash)

Impuls

Das Klingeln des Weckers: Entfremdung oder Ruf zur Freiheit?

Clara Degiovanni veröffentlicht am 05 Januar 2022 4 min

Hält der Wecker uns in Unmündigkeit gefangen? Oder ist er die Bedingung für eine selbstbestimmte Existenz? In seinem Werk Das Sein und das Nichts betrachtet Jean-Paul Sartre diesen vermeintlich alltäglichen Gegenstand aus vier Perspektiven.

 

Den Wecker zertrümmern, das Handy ausschalten, sich nochmal umdrehen und nie wieder zur Arbeit gehen: Wer hat davon nicht schon einmal geträumt? Berichte über Menschen, die eines Morgens alles hinschmeißen, um ihr Leben grundlegend zu verändern, nähren diese Fantasie. Gleichwohl stehen die meisten von uns immer wieder auf, um zur Arbeit zu gehen und geben ihre Pläne, auf einer Hochebene Ziegen zu züchten und eine Indie-Rockband zu gründen, schnell wieder auf. Der Wecker bleibt also an Ort und Stelle, bereit, am nächsten Tag wieder gnadenlos zu bimmeln.

Jean-Paul Sartre untersucht die existenziellen Gründe dieser so banalen und doch mitunter so schmerzhaften Handlung: Aufstehen, wenn der Wecker klingelt, und zur Arbeit rennen. Wozu? Mit welchem Nutzen? Um die Rechnungen bezahlen zu können natürlich, aber vielleicht auch, um der Frage nach dem Grund aus dem Weg zu gehen.

 

Der Wecker verpflichtet uns

 

Aufzustehen, sobald der Wecker klingelt, ist keine Möglichkeit, sondern eine Pflicht. Es geht ganz einfach darum, einer materiellen Notwendigkeit nachzukommen: die Miete zu zahlen und den Kühlschrank zu befüllen – aber nicht nur. In Das Sein und das Nichts (1943) vertritt Sartre die Ansicht, dass das Klingeln uns zwingt, aufzustehen, lange bevor wir ernsthaft über die Gründe dafür nachgedacht haben. Der Philosoph erklärt: „Den Sinn des Klingelns erfassen heißt bei seinem Appell schon aufgestanden sein.“ Der Wecker funktioniert in dieser Hinsicht wie eine gut geölte Feder, die uns aus der Nacht hinaus in den Tag schleudert. Der Morgen ist ein besonders automatisierter Zeitraum, durch und durch von Ritualen bestimmt: Aufstehen, Anziehen, Frühstücken… Es ist diese mechanische Dimension, die unseren noch benebelten Geist anspornt, sich aus dem gemütlichen Bett zu begeben und sich dem Tag zu stellen.

 

Der Wecker beruhigt uns

 

Vor dem Aufstehen im Bett herumzuhängen, ist angenehm – aber auch riskant. Denn in genau dieser Zeitspanne zwischen dem Klingeln des Weckers und dem Moment des Aufstehens schleichen sich die Zweifel ein: Warum nicht nur einmal im Bett bleiben? Wäre es so schlimm, nicht zu gehen? In seinem Werk Das Sein und das Nichts schreibt Sartre, dass „der Akt des Aufstehens [...] beruhigend“ ist. Denn er umgeht diese Art von existenziellen Fragen. Je länger es dauert, aus dem Bett zu kommen, desto schwindelerregender werden sie: „Ist die Arbeit meine Möglichkeit?“, fragt er. Von nun an beginnt die Abwärtsspirale: Die „Zurückweisung der Arbeit“ und schließlich die „Zurückweisung der Welt und des Todes“ reihen sich in einen Strudel der Angst ein. Es ist also zuweilen besser, fügsam dem Trott des Alltags zu folgen, als ein solches Leid zu ertragen. In dieser Hinsicht schützt der Wecker uns vor metaphysischen Ängsten.

 

Der Wecker nimmt uns Verantwortung ab

 

Der klingelnde Wecker hat auch etwas Gutes. Dieser Gegenstand, der laut Sartre den monotonen Takt des Alltags und die Forderung nach Pünktlichkeit verkörpert, „schützt mich vor der beängstigenden Intuition, dass ich es bin, der dem Wecker seine Forderung verleiht: ich und ich allein.“ Sobald ich nämlich aufhöre, gänzlich ungerechtfertigt meinem Wecker die Schuld zu geben, sehe ich mich gezwungen, über die wahren Gründe, die mich zum Aufstehen bewegen, nachzudenken. Ein schwieriger Moment, der mich in einen Taumel versetzt: ein Taumel aus all den möglichen Leben, den ersehnten Berufungen, den tollsten Zukunftsentwürfen, die ich insgeheim anstrebe und schließlich aus allem, das ich heute tun könnte, anstatt zur Arbeit zu gehen. Auch wenn diese Momente des Infragestellens besonders schwer zu ertragen sind, können sie uns aus dem alltäglichen Tun herausholen und uns wieder mit unserer Freiheit verbinden. Sie eröffnen mitunter auch eine Hoffnung: die Hoffnung, dass wir morgens nicht aus Automatismus oder um der Angst zu entfliehen aufstehen, sondern weil wir das, was wir tun, lieben.

 

Der Wecker kündigt ein Versprechen an

 

Am Morgen aufzustehen ist letztlich ein bedeutungsvollerer Akt, als es scheint. Denn hinter der vermeintlichen Banalität der Geste, die darin besteht, einen Fuß auf den Boden zu setzen, verbirgt sich eine ganze Welt: die Welt, in der wir leben. Das Klingeln des Weckers projiziert uns sofort in das, was Sartre „Faktizität“ nennt: die einfache Tatsache, dass wir, ohne es gewollt zu haben, existieren, in diesem Leben, in diesem Körper und in dieser Zeit, die wir uns nicht ausgesucht haben. So trägt dieses zuweilen so schwierige Erwachen doch auch das immer neue Versprechen eines neuen Tages und neuer Möglichkeiten in sich. Selbst wenn es notwendig und automatisiert ist und einer Konditionierung unterliegt, die uns blind gehorchen lassen kann, steht das Aufwachen – und damit der Wecker – gleichwohl am Beginn aller großen Projekte. Ist der Akt jeden Morgen aufzustehen nicht paradoxerweise die erste Möglichkeit, seine Freiheit auszuüben? •

Übersetzt von
Lisa Friedrich
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