Die Lichtdruckerin
Janine Kittler ist eine der letzten Lichtdruckerinnen Europas. Mit Feingefühl überführt sie eine als überholt geltende Drucktechnik in die Welt der Kunst. Walter Benjamin wäre erstaunt gewesen, wie auratisch Reproduktion sein kann. Porträt einer Grenzgängerin.
Wuchtige Maschinen in einem dunklen Raum. Im Nebenzimmer befindet sich ein Chemielabor, in einem anderen die große Lichtanlage. Ein staubiger Geruch hängt in der Luft. Vor den Geräten stehen museumstypische Tafeln, die das Verfahren in Kurzform erklären. Die Werkbänke und Druckpressen, teilweise über hundert Jahre alt, besitzen Ausstellungs- und Gebrauchswert, sind Teil eines Museums und zugleich in aktiver Nutzung. Janine Kittler steht neben einer Druckpresse, ihre Hand streicht vertraut über die stählerne Walze. „Es ist ein körperliches Arbeiten“, sagt die 38-jährige Leipzigerin. „Man wird fast selbst Teil der Maschine.“ Sie blickt zu ihrem Assistenten Micha Barthel, der ihr tatkräftig zur Hand geht. Als jüngste und nahezu letzte Lichtdruckerin übt Janine Kittler an diesem Ort zwischen Kulturgeschichte und Gegenwart ein seltenes Handwerk aus. Ihre Werkstatt im zweiten Stock des Museums für Druckkunst Leipzig liegt im Westen der sächsischen Universitätsstadt, die einst als Hochburg des Buch- und Druckgewerbes bekannt war. Sie hat sich daran gewöhnt, dass ab und an jemand neugierig in den Raum guckt. Als würde die Welt nachsehen wollen, ob ihr Beruf noch existiert.
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