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Bild: Stefano Tanasi (Unsplash)

Essay

Jenseits von Klasse und Gesellschaft

Dominik Pietzcker veröffentlicht am 08 September 2025 5 min

Die Korrelation von Upperclass und Unterschicht wird momentan wieder publizistisch durchgepflügt. Kommt auf der Suche nach dem Fetisch des Reichtums irgend etwas Neues zutage?


In einer durch und durch materialistischen Welt scheint nichts so wichtig zu sein wie Status und Sozialprestige, aus welchen Quellen auch immer sie sich speisen. Die meisten von uns wollen die soziale Leiter nach oben erklimmen – man hört nur von sehr wenigen, die es nach unten drängt. Dies erzeugt einen unerbittlichen Mobilitätsdruck, dem sich auch diejenigen nicht entziehen können, die schon auf der obersten Sprosse der Statusleiter stehen. Denn auch sie drohen jederzeit von den Nachdrängenden hinabgestoßen zu werden.

Welche Befriedigung bringt es, reich zu sein, wenn der Nachbar eine noch größere Garage (eine jüngere Ehefrau, ein dickeres Auto, einflussreichere Freunde etc.) hat? Kürzlich war in den Zeitungen zu lesen, dass sich in Kaliforniens Millionärsenklave Palo Alto die alteingesessenen Anwohner über den steigenden Lärmpegel in ihrem Viertel beschweren. Ihr neuer Nachbar heißt Mark Zuckerberg. Gegenüber hemmungslos neureichen Tech-Milliardären wirken eben auch Chefärzte und Investmentbanker seltsam blass und ausgeliefert.

Dennoch gibt es härtere Schicksale als keine Karten für die nächste Opernpremiere zu bekommen, den Jahresbonus schon ausgegeben zu haben, bevor er ausgeschüttet worden ist oder die eigenen Kinder aufs Internat nach Hinterzarten statt in die Schweiz zu schicken. Eine Apologie der Upperclass, ihrer Idiosynkrasien und Exklusionsstrategien, ist gewiss fehl am Platz.

 

Die Banalität der soziologischen Befunde

 

Kürzlich hat Hanno Sauer (Klasse – Die Entstehung von Oben und Unten) den Versuch unternommen, die Klassenfrage von oben zu stellen. Welche Strategien werden verfolgt, um Statusprivilegien zu verteidigen? Er kommt dabei zu Erkenntnissen, die an soziologischer Banalität schwerlich zu unterbieten sind. Eine kleine Auswahl: Geld macht glücklicher, bloß lässt sich der monetäre Glückszuwachs schwer quantifizieren. Familiäre Herkunft spielt eine entscheidende Rolle für den eigenen Lebenserfolg, besonders bei Ausbildung, Berufswahl und erzieltem Einkommen. Privilegien werden vererbt, Statushierarchien reproduziert. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Millionärskind auch als Erwachsener Millionär bleibt, ist demnach beträchtlich. All diese eher empirischen als sozialphilosophischen Befunde lassen jeglichen Neuigkeitswert vermissen.

Die soziale Frage, und mit ihr die unerbittliche Ungleichheit und Ungerechtigkeit menschlicher Gemeinschaft, wurde ja schon des Häufigeren – und von berufeneren Geistern – thematisiert. Von Dostojewskij, Gorki und Hamsun in der Literatur; von C. Wright Mills, Bourdieu und Boltanski in der Soziologie; von Rousseau, Marx (natürlich!) und Rawls in der Philosophie. Das geschichtliche Fazit auf das Skandalon gesellschaftlicher Klassenunterschiede fällt ernüchternd aus. Diese lassen sich eben nicht sozialwissenschaftlich, sondern allenfalls gesellschafts- und machtpolitisch klären. Die Rosskur der Revolution als Allheilmittel sozialer Gerechtigkeit ist dennoch nicht zu empfehlen. Auch in Zukunft werden wir uns damit begnügen, in einer moralisch höchst zweifelhaften Welt zu leben und unsere unverdienten Privilegien eisern verteidigen.

Selbst Rassismus und Xenophobie sind, zumindest bis zu einem gewissen Grad, Ausdruck von Klassenkampf und Abstiegsängsten. Nur gut, dass die unteren Schichten („the proles“, um Anthony Burgess zu zitieren) gegen ihresgleichen wüten und nicht etwa auf die dumme Idee kommen, ihr diffuses soziales Ressentiment nach oben zu kanalisieren. Vom Aufstand der Massen sind wir – dank Fußball, Cannabis und Bürgergeld – weit entfernt.

 

Gesellschaft als Zwangsvorstellung

 

Schon Foucault (Überwachen und Strafen) kam zu der ungleich tieferen Erkenntnis, dass jede Gesellschaft einer Zwangsanstalt gleiche, stets bestrebt, ihren Mitgliedern im Tausch gegen eine illusorische persönliche Sicherheit die eigene Freiheit zu rauben. Dieser Befund von Gesellschaft als einer Institution der Rigidität und Unterdrückung hält der Zeit stand. Wir alle hausen in einem sozialen Gefängnis, bewohnen die unteren oder oberen Zellentrakte, sind abhängig von unseren Wärtern und deren (nicht unseren!) Vorrechten. Doch auch die Wärter – sollte ihre Rolle wirklich die erstrebenswertere sein – sind an das Gefängnis als einzigem Ort ihrer Machtvollkommenheit gebunden. Die eigentliche Frage lautet also demnach, ob es überhaupt möglich ist, der gesellschaftlichen Vollzugsanstalt zu entkommen und sich ihrer, aus individueller Perspektive, destruktiven Grundtendenz zu entziehen.

Die Antwort darauf fällt zwiespältig aus. In unserer gesellschaftlichen Existenz sind wir an unser familiäres und soziales Umfeld gebunden, aus dem es kein Entrinnen gibt. Jede Familie ist ein Alcatraz. Zudem müssen wir lernen, eine gesellschaftliche Rolle zu spielen und diese möglichst gut, um nicht von den anderen überrollt zu werden. Wir funktionieren, indem wir uns angewöhnen, nach außen eine Maske zu tragen. Gelegentlich verschmilzt diese Maske über die Jahre zu unserer eigenen Physiognomie. Eine tragische Selbstverfehlung! Auch Mimikry hat ihre Grenzen.

Gibt es die Möglichkeit individueller Selbstbefreiung aus der sozioökonomischen Zwangsjacke? Hoffnung ist erlaubt. Als geistig-sensitive Wesen, in unserer intimen Gefühls- und Gedankenwelt, können wir uns allen äußeren Zwängen konsequent entziehen. Zwischen beiden Welten, der inneren und der gesellschaftlichen, die Balance zu halten, nennt sich Lebensweisheit. Man kann sogar sagen, das Wort „Lebensweisheit“ auszusprechen oder niederzuschreiben zeugt bereits davon, über sie nicht zu verfügen. Weisheit ist ein Zustand, der sich einstellt, wenn alle Vorurteile, die moralischen und sozialen, aber auch die ästhetischen und religiösen, überwunden sind. Mit Wittgenstein: „Die Lösung des Problems des Lebens merkt man am Verschwinden dieses Problems.“ Dann stellt sich – natürlich! – auch die Frage des sozialen Status nicht mehr.

 

Nur die innere Freiheit ist vollkommen

 

Die Haltung philosophischer Indifferenz und reiner Betrachtung können bloß zwei Typen gesellschaftlicher Akteure erreichen. Zum einen diejenigen, die erst gar nicht versuchen, irgendeine Sprosse der sozialen Leiter zu erklimmen und sich dem Gesellschaftsspiel konkurrierender Individuen konsequent verweigern. Und zum anderen diejenigen, die mit Hilfe der Leiter auf die andere Seite der sozialen Mauer gesprungen sind. Beide Akteure sind nicht oben oder unten angelangt, sondern im Jenseits von Status und Klasse, das heißt, im Reich der Freiheit. Die Position der sozialen Indifferenz ist weder statusgetrieben noch extrinsisch motiviert, sondern Ausdruck einer verinnerlichten geistig-emotionalen Grundhaltung. Sie verdankt sich dem Wunsch nach einem selbstgemäßen Leben. In diesem Sinn waren Diogenes und Alexander Brüder. Erst in der Negation und Überwindung des Materialismus erwächst die eigene Freiheit.

Man kann es auch anders formulieren. Um glücklich sein zu können, müssen wir uns innerlich von der Gesellschaft vollkommen emanzipieren, der wir uns äußerlich zur Gänze aufopfern. Wer sich, obwohl materiell bevorzugt, vom gesellschaftlichen Distinktionszwang nicht zu lösen vermag und sich sogar noch tiefer darin verstrickt, dem ist wirklich nicht zu helfen. •

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