Kafka – der Flüchtige
Kafka scheint eindeutigen Zuordnungen und politischen Großprojekten eine Absage zu erteilen. Poststrukturalisten lesen ihn als Autor des Werdens, sein Werk als „Poetik der Nicht-Zugehörigkeit“. Was aber, wenn auch diese Lesart eine Vereinnahmung darstellt?
Große Namen der Literatur werden gern instrumentalisiert. Oft werden sie zu Dichtern eines Volkes erhoben, zu Ikonen des Nationalen gemacht, ihre Texte zum Vehikel des Patriotismus bestimmt. Man könnte meinen, dass Franz Kafka einiges vor solch einer politischen Vereinnahmung bewahrte: Deutsch war zwar die Sprache seiner Literatur, aber als Jude wurde ihm zugleich ein Platz an den Rändern der deutschen Kultur zugewiesen. Zudem war er nie deutscher Staatsbürger, sondern zunächst Österreicher-Ungar und nach dem Zerfall der K.-u.-k.-Monarchie Tschechoslowake. Dass sein Werk erst 2007 vollständig ins Tschechische übersetzt wurde, zeigt, dass er sich auch hier nicht ohne Weiteres in Beschlag nehmen ließ, eben weil er auf Deutsch schrieb und weil er im Kommunismus als bourgeoiser Schriftsteller geächtet war. Hebräisch wiederum lernte Kafka zwar mit gutem Erfolg, doch den Staat Israel gab es zu seinen Lebzeiten nicht und sein Verhältnis zum Zionismus war kompliziert.
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