Netzlese
Fünf philosophische Lesetipps für den Sonntag. Diesmal mit Judith Butler über Donald Trump, Klaus Theweleit über die Zusammenschaltung der Körper, die Debatte um die „Modern Money Theorie“, einer Verteidigung des Laizismus sowie dem Verschwinden der Spanischen Grippe aus dem kollektiven Gedächtnis.
◉ In einem Essay im Guardian erinnert Judith Butler daran, dass Donald Trump schon als Geschäftsmann immer wieder versuchte, dass Recht auszuhebeln, weshalb er auch in mehr als 3500 Rechtsstreite verwickelt war, und verweist auf die historische Tradition von autokratischen Herrschern, politische System beim eigenen Abgang mit in den Abgrund reißen zu wollen. [Update: Der Freitag hat den Essay ins Deutsche übersetzt]
◉ In der Frankfurter Allgemeinen Zeitung argumentiert der Kulturwissenschaftler Klaus Theweleit in dem ihm eigenen Stil, warum Körper in Realität eigentlich nie allein vorkommen, sondern nur „durch Zusammenschaltung und Co-Operation, durch Freundschaften, Gruppenbildung in Vereinen und Schulen, in der Straßennachbarschaft und später Kneipen sowieso“ real werden.
◉ Ulrike Herrmann stellt in der tageszeitung prägnant die „Modern Money Theorie“ vor, die insbesondere in den USA gerade Furore macht. Demnach seien Schulden und Staatsdifizite im Kapitalismus nicht nur oft notwendig, sondern – solange keine Inflation entsteht – auch überhaupt nichts schlechtes. Denn schließlich könnten Staaten das Kreditgeld einfach schöpfen und müssten dafür kein Geld einsammeln.
◉ In der Neuen Zürcher Zeitung verteidigt der französische Schriftsteller und Philosoph Pascal Bruckner energisch den Laizismus, der den Menschen den Glauben erst wirklich ermöglichen würde und sie gleichzeitig vor den Religionen schützt. Gerade weil radikale Islamisten um diese Vorteile des Laizismus auch für Gläubige wüssten, hassten sie ihn derart.
◉ Im Interview mit Zeit Online erklärt der Arzt, Medizinhistoriker und Philosoph Cornelius Borck, warum massenmörderische Pandemien wie die Spanische Grippe aus unserem kollektiven Gedächtnis verschwunden sind, in welcher Weise sich der gesellschaftliche Umgang mit dem Tod veränderte und wieso die zweite Corona-Welle tödlicher werden wird als die erste. •