Bruno Chaouat: „Der leibhaftige Jude erzeugt ein großes Unbehagen“
In seinem Werk Ist Theorie gut für die Juden? analysiert der französische Philosoph und Literaturwissenschaftler Bruno Chaouat die fatalen Konsequenzen des „französischen Denkens“ für das zeitgenössische Judentum. Ein Philosemitismus, der „den Juden“ zum Symbol der Dekonstruktion von Identität erklärt, zeitige einen neuerlichen Antisemitismus.
Herr Chaouat, „Ist Theorie gut für die Juden?“ – was für eine merkwürdige Frage ist denn das?
Diese zugegeben etwas befremdliche Frage hat sich mir nach dem Massaker von Toulouse und der gezielten Ermordung jüdischer Schulkinder durch einen Islamisten im Jahr 2012 aufgedrängt. Hier wurde mir zusehends klar, dass viele heutige Vertreter der „French Theory“ mit ihren machttheoretischen Gemeinplätzen und ihrem recht eindimensional gedachten Gegensatz von bösen westlichen Unterdrückern und guten Unterdrückten aus Ländern des Globalen Südens diese neue Bedrohung jüdischen Lebens nicht adäquat zu rezipieren vermochten. Dabei wünsche ich mir natürlich kein „Ende der Theorie“, das für die Juden und alle anderen sicher ebenfalls nicht gut wäre. Vielmehr geht es mir um eine kritische Bestandsaufnahme des französischen Denkens, eine Analyse seiner Entstehungsbedingungen, und die Frage, inwiefern diese Denktradition noch angemessene Konzepte zur Beschreibung der Wirklichkeit bereithält.
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