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Bild: © Rue des Archives/Tallandier/Süddeutsche Zeitung Photo

Interview

Catherine Camus: „Mein Vater sah mich, wie ich war“

Catherine Camus, im Interview mit Martin Legros veröffentlicht am 14 April 2022 5 min

Väter sind besondere Menschen in unserer aller Leben. Im Guten oder im Schlechten. In diesem Interview erinnert sich Catherine Camus, die Tochter von Albert Camus, an ihre Kindheit, den früh verstorbenen Vater und das moralische Gewicht seines Erbes.

 

Man kennt Camus durch sein Werk, sein Engagement, seine Freundschaften, doch man kennt ihn wenig aus privater Sicht. Können Sie uns sagen, was für ein Vater er war? Streng, hart?

Nicht hart, nein, aber genau. Zunächst einmal verbot er das Überflüssige. Seitdem wir zehn Jahre alt waren, bekamen wir zu Weihnachten nur nützliche Geschenke. Zum Beispiel einen neuen Schulranzen … Stellen Sie sich vor: Es ist Weihnachten, und Sie bekommen einen Ranzen. Einen schönen, ganz bestimmt, der sicher auch viel gekostet hatte. Aber nun ja … Wenn wir aufmuckten, sagte er: „Ihr habt ein Dach, ihr habt zu essen, ihr habt Bücher, ihr habt alles.“ Er äußerte sich immer sehr klar. Sehr klar, ohne im Übrigen viel zu sagen. Bei uns zu Hause redete man nicht viel. Ich glaube, das kam von meiner Mutter, die sehr empfindlich war, aber es war tatsächlich so, dass wir wenig redeten, und vor allem redete man nicht über sich selbst. Von sich selbst zu reden, wurde beinahe als etwas Abstoßendes angesehen. Trotzdem war mein Vater ein beruhigend wirkender Mann. 

Könnten Sie ein Beispiel nennen?

Ich erinnere mich an einen Abend: Ich war acht oder neun Jahre alt, und in meinem Bett packte mich schreckliche Angst. Ich fürchtete mich zu sterben. Ich wollte meine Mutter rufen, aber sie war mit meinem Vater im Wohnzimmer und ich traute mich nicht. Die Angst war am Ende stärker, und ich habe schließlich gerufen. Mein Vater hat geantwortet: „Komm her, wenn du etwas zu sagen hast.“ Ich zögerte, und bin dann doch hingegangen. „Was gibt es?“, hat er mich gefragt. Ich kam gar nicht auf den Gedanken, etwas zu erfinden – bei ihm log man nicht! –, und bin damit herausgeplatzt: „Ich fürchte mich zu sterben.“ Papa hat gelacht. „Deshalb willst du deine Mutter stören? Na los, geh schlafen, Liebling.“ Beruhigt habe ich mich wieder ins Bett gelegt: Wenn ihn das zum Lachen reizte, drohte mir keine Gefahr! Mehrere Jahre danach bin ich auf diese Notiz gestoßen: „Catherine kann nicht einschlafen, denn sie hat Angst zu sterben. Dass diese Angst bereits diese kleinen Geschöpfe quält, ist das nicht wirklich der größte Skandal?“

Sie haben gesagt, dass er ein Mann war, der ungern von sich selbst sprach. Erwähnte er manchmal die Résistance?

Nie. Das einzige Mal, dass er zu mir etwas darüber gesagt hat, war, als ich einmal zufällig in einer Schublade seines Schreibtischs seine Résistance-Medaille gefunden hatte. Damals schwärmte ich für alles, was glänzte. Ich bin ins Wohnzimmer gegangen und fragte: „Was ist das denn?“ Mein Vater machte ein abweisendes Gesicht, biss die Zähne zusammen und sagte ohne weitere Erklärungen: „Bring das sofort wieder dorthin zurück, wo du es gefunden hast.“ Er war der Meinung, dass er diese Medaille nie hätte bekommen dürfen, wenn man an all jene dachte, die gestorben sind.

Wie verlief das Familienleben in den ersten Nachkriegsjahren?

Jahrelang hatten wir kein eigenes Zuhause. Wir lebten eine Zeit lang bei dem einen und dann wieder bei einem anderen. In meiner Geburtsanzeige steht: Rue Vaneau 1 – das Studio des Schriftsellers André Gide. Für ein Kind ist es schwer, kein Zuhause zu haben. Aber acht Jahre lang waren wir alle zusammen. Dann kam die Krankheit meiner Mutter. Ich war acht, als sie in eine Depression verfiel. Wir wurden alle voneinander getrennt. Für ein ganzes Schuljahr bin ich darauf zu meiner Großmutter nach Algerien gefahren.

War dieses erzwungene Exil eine schmerzliche Erfahrung für Sie?

Nein. Aber ich verstand nichts. Das war eine Zeit, in der man den Kindern nicht wie heute alles erklärte. Das Jahr darauf bin ich zurückgekommen, und mein Vater hat uns in die Ferien mitgenommen. Im September kamen wir ins Lycée Montaigne, und ab da hielt mein Vater sich fern. Man hatte ihm freundlich erklärt, es sei besser für Mama, wenn er nicht da wäre. Doch das hat ihn nicht daran gehindert, sehr gegenwärtig zu sein: Er besuchte uns, nahm uns in die Ferien mit, ließ sich über alles unterrichten. Er besprach vieles mit Mama, und sie haben sich immer geschrieben.

Was steht in diesen Briefen?

Ich wollte sie nie lesen. Man hat ja auch das Recht, sich zu schützen.

Erinnern Sie sich genau an den Tag, als er starb?

O ja. Das war wie ein Erdbeben. Alles ist zusammengebrochen. Das ganze Weltvertrauen. Zumal uns zunächst niemand informiert hat. Das war ein Skandal.

Man hat Sie nicht informiert? Das ist doch eine verkehrte Welt!

Ja, aus der Ferne kann das so aussehen. Damals habe ich begriffen, dass mein Vater berühmt war und dass Berühmtheit nichts Gutes ist, weil ein berühmter Mensch zu einem abstrakten Wesen wird. Er ist nur noch berühmt, hat seinen Körper, sein Herz, seine Gefühle, sein Leben eingebüßt; also hatte mein Vater keine Kinder, und wir hatten nichts verloren. Da habe ich verstanden, dass es nichts zu beweisen gibt, dass es nur zu leben gilt, und ich habe beschlossen, für den Rest meiner Tage in den Schatten überzuwechseln. Auf kleine Seitenwege, wo ich mich wohlfühle.

Trotzdem betreuen und verwalten Sie sein Werk … War es schwierig, sich mit dem Werk Ihres Vaters zu beschäftigen?

Am Anfang hatte ich das Gefühl, am Rand einer schwindelerregenden Schlucht zu gehen. Allerdings dachte ich nicht zu viel darüber nach. Bereits von früher Jugend an war ich überzeugt, dass Denken einigermaßen schädlich ist. Wie eine Mikrobe, die die eigene Gesundheit beeinträchtigt. Jetzt kann ich es endlich lenken und erreichen, dass es sich immer auf der guten Seite befindet.

Was hemmte Sie zuvor?

Es ging darum, mich zu schützen. Aber nicht wegen meines Vaters. Mein Vater war der Einzige, der mich sah, wie ich war. Er hat mir Sicherheit gegeben, er gibt mir übrigens immer noch Sicherheit. Er ermöglichte, frei zu denken.

Sie haben sich entschlossen, „Der erste Mensch“ zu veröffentlichen, das Manuskript, das Ihr Vater am Tag seines Todes bei sich trug. Was bedeutet dieses Buch für Sie?

Es ist der erste Schrei des Aufbegehrens meines Vaters, ein Schrei, den er der Welt entgegenschleudert: „Das bin ich.“ Es ist der Abschluss der Eroberung der Sprache durch dieses Kind von Analphabeten, das zuvor eine außerordentliche Achtung vor der Sprache gezeigt hatte. Hier äußert sich eine Sinnlichkeit, die bis dahin streng im Zaum gehalten wurde. Paradoxerweise hat mich diese Art von Freiheit gehemmt, als ich die Veröffentlichung plante. Ich wusste, dass, wenn der Text Kritik ernten würde, ich mich in der ungünstigsten Position befände, um ihn zu verteidigen. Doch dieses Buch erklärt den Menschen und das Werk einfach überzeugend. Dieses großartige „Das bin ich“, das unvollendet bleibt und trotzdem endet mit „dieser dunklen Kraft, die (…) ihm mit der gleichen rastlosen Großzügigkeit, mit der sie ihm Gründe zu leben gegeben hatte, Gründe dafür liefern möge, alt zu werden und ohne Aufbegehren zu sterben.“ •

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