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Bild: IMAGO / IPON

Impuls

Die Mitte als Problem?

Jo Eckert und Amin Wagner veröffentlicht am 16 Februar 2024 5 min

Millionen Menschen protestieren gegen die AfD. Die Mitte scheint den Antifaschismus für sich zu entdecken. Doch übersieht sie dabei ihre eigenen blinden Flecken? 

 

Vor der Wiederholung der Bundestagswahl in einigen Berliner Wahlbezirken plakatierte die AfD dort schlicht „Jetzt AfD!“. Diese Drohung hat sie eingehalten. 5,6% mehr Zweitstimmen als 2021 konnte die Partei in den 455 betreffenden Wahlbezirken dazugewinnen. Nur die CDU hat einen höheren Zuwachs (6,9%) zu verzeichnen. Das Berliner Wahlergebnis hat zwar kaum eine Veränderung der Mehrheitsverhältnisse im Bundestag bewirkt, aber es lässt die Kritik und den Widerstand, die sich nun auch in Reaktion auf die Recherchen von Correctiv zu Deportationsplänen der Neuen Rechten formieren, etwas hilflos wirken. Auch wenn die Proteste zahlreich und die Bündnisse breit sind – bei den in diesem Jahr anstehenden Kommunal- und Landtagswahlen drohen weiterhin Wahlsiege der AfD.

 

Die Brandmauer wackelt

 

Das offensichtlichste Problem der aktuellen Debatte über die Neue Rechte ist, wie verspätet sie eintritt. Ein AfD-Mitarbeiter des baden-württembergischen Landtags soll 2018 in einem privaten Chat geschrieben haben: „Immerhin haben wir jetzt so viele Ausländer im Land, dass sich ein Holocaust mal wieder lohnen würde“. 

Das subtilere Problem ist ihre Oberflächlichkeit. Zu viele Debattenbeiträge beschränken sich als kleinster gemeinsamer Nenner darauf, den offensichtlichen Tabubruch zu benennen. Das ist tragisch, denn die Zuspitzung „AfD wählen ist so 1933“ taugt zwar als Demo-Plakat, aber eben nicht als Problembeschreibung. Als solche bleibt das Skandalisieren zu abstrakt und verliert sich in der Wiederholung der folgenden substanzlosen Bestimmung: Die Reaktionären sind reaktionär. Es bleibt offen, wie ihr Erfolg zu erklären wäre, und was, außer ihren kalkulierten Tabubrüchen, an ihnen genau reaktionär ist.

Stattdessen wird in einem mittlerweile eingeübten Ritual nach jedem Skandal die Brandmauer nach rechts in öffentlichen Bekenntnissen immer weiter befestigt. Paradoxerweise ist keine Verbesserung ihrer Schutzwirkung festzustellen. Die Schwäche der Brandmauer besteht darin, dass sie die Mitte der Gesellschaft und die Neue Rechte nicht voneinander trennen kann, weil sich ihre Verbindung nicht auf direkte persönliche Kontakte, wie sie in Potsdam sichtbar wurden, beschränkt. Der Widerstand gegen die AfD krankt daran, dass es keinen gemeinsamen Begriff davon gibt, worin die Verbindung zwischen der Gesellschaft, die man vor der rechten Bedrohung verteidigen möchte, und ihrem rechten Rand besteht.

 

Ein Repräsentationsproblem?

 

Zumindest indirekt thematisiert wird diese Verbindung in der Forderung der demokratischen Parteien, Wähler:innen der AfD zurückzugewinnen. Damit wird eingestanden, dass die AfD zusammen mit ihren Wähler:innen nicht aus dem Nichts aufgetaucht ist. Vielmehr sind ihre bisherigen Wahlerfolge durch die Wählerwanderungen weg von den großen Parteien und der Nichtwählerschaft zu erklären. Unter Verweis auf dieses Phänomen, wird der Rechtsruck häufig als Repräsentationsproblem diskutiert. Die Analyse lautet dabei, der Niedergang der großen Volksparteien und die gesunkenen Wahlbeteiligungen seien der Ursprung des Rechtsrucks. Besonders konservative Parteien hätten europaweit eine „Sozialdemokratisierung“ durchlaufen, wodurch sich konservative und rechte Wähler:innen ohne parlamentarische Stimme wiedergefunden hätten und daher immer weiter in die Extremisierung gedrängt worden seien. 

Die Diskussion des Rechtsrucks als Repräsentationsproblem legt die Schlussfolgerung nahe, die ehemaligen Volksparteien müssten nun ebenfalls wieder ‚zurück‘ nach rechts, um die Extremisierung am Rand zu verhindern. Das wäre ein Fehler, denn autoritäre Politik war bereits antidemokratisch, als sie noch in demokratische Parteien eingebettet war, wie ein Blick auf frühere Migrationsdebatten zeigt. Bundeskanzler Helmut Schmidt etwa sagte im Sommer 1982, ihm komme „kein Türke mehr über die Grenze“, Helmut Kohl vertraute Margaret Thatcher an, er wolle „die Zahl der Türken um 50 Prozent reduzieren“.  Auf die Sprüche aus den 80er-Jahren folgte die Aushöhlung des Grundrechts auf Asyl im Jahr 1993: CDU/CSU, SPD und FDP beschlossen im sogenannten Asylkompromiss, das Anrecht auf Asyl für alle jene abzuschaffen die über sichere Drittstaaten nach Deutschland eingereist sind. Nur wenige Tage später ermordeten Rechtsextreme fünf Mitglieder der Familie Genç in Solingen. Die weiteren rassistischen Anschläge und Pogrome der Baseballschlägerjahre in Hoyerswerda, Rostock-Lichtenhagen, Mölln und unzähligen weiteren Orten belegen das Scheitern des Einhegungsversuchs durch Übernahme rechter Positionen. Franz Joseph Strauß’ Diktum, es dürfe keine Partei rechts der Union geben, hat höchstens den parlamentarischen Erfolg der Rechtsextremen gebremst – und das nicht nachhaltig. Auch weil durch diese Strategie rechtsextremen Positionen letztlich nur anschlussfähiger gemacht werden.

 

Bescheidene Fortschritte

 

Dass heute der rassistische Ton der migrationspolitischen Debatte von 1982 als solcher erkennbar ist, ist der bescheidene Fortschritt. Dass dieser Ton wieder aktuell ist, ist der Rückschritt. Olaf Scholz fordert Abschiebungen „im großen Stil“, Jens Spahn und die CSU wollen sich damit profilieren, Geflüchtete nach Ruanda oder Ghana abzutransportieren, und auch die Grünen tragen mit der Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems eine weitere Kriminalisierung von Flucht und Migration mit. An den europäischen Außengrenzen sterben regelmäßig Geflüchtete. Diese Politik wird nicht nur durch Rassismus ermöglicht, sondern stellt diesen auch her, indem sie nicht-weiße Leben entwertet. Solidaritätsbekundungen mit von Rassismus Betroffenen bleiben daher leer, solange sie nichts sind als eine Verteidigung des gesellschaftlichen Status quo, der von Rassismus durchdrungen ist.

In dieser Debattenlage ist es naiv, davon auszugehen, es gäbe eine nicht-rassistische Mitte der Gesellschaft, in der wir nun lediglich alle zusammenhalten müssten, um gegen rechte Menschenfeindlichkeit Widerstand zu leisten. Der Bundespräsident ruft nach einem „Bündnis aller Demokratinnen und Demokraten: egal […] ob mit oder ohne Migrationshintergrund“.  Doch warum sollten Migrant:innen sich nun umstandslos mit Friedrich Merz verbünden, der ihre Kinder „kleine Paschas“ nennt? Viele der Akteure, die jetzt ihre Empörung ausdrücken, beteiligen sich selbst an Debatten, an die das Potsdamer Skandaltreffen anschließen kann. 

Die Verteidigung der Demokratie steht also vor dem Dilemma, einerseits auf ein breites Bündnis angewiesen zu sein, andererseits aber das, was in diesem Bündnis verteidigt werden soll, gar nicht durch eine Brandmauer schützen zu können, weil es längst auch im Haus der demokratischen Parteien brennt. Der aktuelle Kompromiss, den das breite Bündnis gegen den Rechtsruck darstellt, ist unbefriedigend, weil er vor allem die drohende, und kaum die bestehende Gewalt kritisiert. Damit schließt der Antifaschismus der Anständigen aber gerade diejenigen aus, die er verteidigen wollte. In diesem Fall ist er dann aber auch kein gelungener Kompromiss mehr. Inklusiv wäre radikalerer Widerstand gegen den Rechtsruck – auch den der Mitte. •

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Kommentare

RR | Montag, 26. Februar 2024 - 04:13

Olaf Scholz fordert nicht nur Abschiebung im großen Stil. Er schafft auch die Voraussetzungen dafür mit dem "Rückführungsverbesserungsgesetz". Parallel ruft er zu Demonstrationen gegen eine Partei auf, die für bessere Rückführung ist. Dass das funktioniert, zeigt  den desolaten Zustand dieser Demokratie. Dabei ist die AFD wesentlich besser angreifbar als durch diese "haltet den Dieb"-Masche. Sie ist eine dem Neoliberalismus zutiefst verbundene Partei. Sie betreibt die Umverteilung von unten nach oben wie die Regierung. Weder Rentenerhöhung noch Verbesserung des Mindestlohns sind vorrangig. Dafür aber Militarisierung. Was ein Widerspruch zum  Ausgleich mit Russland darstellt. Denn gibt es einen Ausgleich der Sicherheitsinteressen mit Russland, kann man sich die überbordende Bewaffnung sparen. Wie verhält es sich mit der Haltung "Deutschland den Deutschen"? Das ist die 1:1-Kopie des israelischen Nationalstaatsgesetz von 2018. Bei uns rechtsextrem, dort o.k.? Siehe auch die Debatte um die BDS-Initiative.

Notwendige Informationen dringen nicht durch oder werden in ihrer Reichweite nicht illustriert. Aufgeweicht und ausgefranst durch Identitätspolitik verschwimmen Konturen von rechts und links. Stattdessen zeichnet sich  ein neuer Totalitarismus ab, der mit blindem Fleck der Mitte euphemistisch umschrieben wird. Sein Kennzeichen  ist das Konglomerat aus Konzernen, Regierung, Medien und Wissenschaft (Sheldon Wolin). Flankiert wird es von regierungsfinanzierten ThinkTanks wie LibMod und sog. Faktencheckern, die wie Pilze aus dem Boden schießen, das Wahrheitsministerium lässt grüßen. Die übergrosse Lüge, der Elefant im Raum, bleibt bei ihnen Tabu: die Sprengung der Pipeline. Wer als Zeitgenosse dieses Abgleiten der Demokratie durch Lügen (Hannah Arendt) in Totalitarismus nicht mitkriegt, dem geraten seine politischen Analysen zu Kaffesatzleserei.

Armin Schmidt | Freitag, 1. März 2024 - 11:57

Nach meiner Beobachtung ist die Mitte wichtig, und in einem Zweiparteiensystem befinden sich dort die meisten unentschiedenen Wähler. Die beiden Parteien sprechen von rechts bis zur Mitte bzw. von der Mitte bis links alle an, was einen besonders großen Teil des politischen Spektrums aktiviert. 

Das Erwägen rechter, bzw. linker Politik findet statt, so mein Verständnis, weil Stimmen von Wählern mit rechten bzw. linken politischen Wünschen gebraucht werden.

Die Abgrenzung zu extremer Politik findet statt, so beobachte ich, weil die unentschlossenen Wähler der Mitte sie wünschen. 

 

Ich danke für den Artikel und die Möglichkeit, zu kommentieren.

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