Kantograd
An Kant entzündet sich immer wieder Streit in seiner Heimatstadt Königsberg, dem heutigen Kaliningrad. Je nach Stimmung gilt Kant den Russen als Landsmann oder als Vaterlandsverräter. Zum Jubiläum hat Wladimir Putin Feierlichkeiten angeordnet. Doch wie inszeniert man in Russland die Feier eines Philosophen, der hierzulande als Vordenker internationaler Friedenspolitik gilt?
„Kein Staat soll sich in die Verfassung und Regierung eines anderen Staats gewalttätig einmischen“, schreibt Kant in seiner Schrift Zum ewigen Frieden. Der Philosoph gilt als Vordenker des Völkerrechts und wird gerade dafür im Jubiläumsjahr an vielen Orten der Welt gefeiert. Aber gilt das auch für seine Heimatstadt Königsberg? Seit 1946 heißt die Stadt Kaliningrad und ist eine Exklave Russlands. Der Außenposten, gelegen zwischen Polen, Litauen und der Ostsee, ist für das Land aufgrund seiner westlichen Lage von großer militärischer Bedeutung. Heute sind hier atomwaffenfähige Raketensysteme stationiert, mutmaßlich auch Atomwaffen.
Kant gilt immer noch als der berühmteste Bürger der Stadt. „Er ist so etwas wie der Schutzpatron des Ortes“, erzählt der russische Philosophie-Professor Vadim Chaly in einem Zoom-Gespräch. Der Kant-Experte hat bis letztes Jahr in Kaliningrad gelehrt. Seit September 2023 ist er Professor an der renommierten Moskauer Lomonossow-Universität. Bei vielen Bürgern, so Chaly, sei Kant eine beliebte Figur, auch wenn ihn vermutlich nur die wenigsten gelesen hätten.
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