Mit Hegel und Simmel auf der Fashion Week
Die Pariser Fashion Week für Frühjahr-Sommer 2023 ist in vollem Gange. Aber was genau ist eigentlich ein schönes Kleidungsstück? Hegel und Simmel sind da unterschiedlicher Meinung.
Viele Philosophen haben sich mit dem Thema Kleidung befasst, aber nur wenige haben sich mit der Frage beschäftigt, was ein gutes Kleidungsstück überhaupt ist. Zwei von ihnen, die eine Abneigung gegen enganliegende Kleidung teilen, haben jedoch zwei Theorien über elegante Mode aufgestellt: Georg Wilhelm Friedrich Hegel und Georg Simmel.
Hegels Lob der Toga
Was ist für Hegel das ideale Kleidungsstück? Es muss mehrere Kriterien erfüllen: Es darf die Bewegungsfreiheit nicht beeinträchtigen, es muss den inneren Fluss des Lebens widerspiegeln, der die starre Form der Stoffe überwindet, und es muss eine Form von unpersönlicher, schlichter Einfachheit aufweisen, um die Universalität des Verstandes zu unterstreichen. Das ideale Kleidungsstück ist im Grunde die Toga ... der Philosophen. Die Toga, so stellt er in seinen Vorlesungen über die Ästhetik fest, ist „Oberfläche ohne bestimmte Form“. Sie fällt einfach und frei, harmoniert mit den Posen, der Haltung und den Bewegungen und kann „alle Formen annehmen, ohne eine Bestimmte zu haben“. So wird der Fall der Toga „dem beweglichen Ausdruck des Geistes eigen, der sich durch den Leib manifestiert und wirkt“.
Philosophie Magazin +

Testen Sie Philosophie Magazin +
mit einem Digitalabo 4 Wochen kostenlos
oder geben Sie Ihre Abonummer ein
- Zugriff auf alle PhiloMagazin+ Inhalte
- Jederzeit kündbar
- Im Printabo inklusive
Sie sind bereits Abonnent/in?
Hier anmelden
Sie sind registriert und wollen uns testen?
Probeabo
Weitere Artikel
Simmel und die Großstadt
Um 1900 avancierte Berlin zur modernsten Metropole der Welt. Der gebürtige Berliner, Philosoph und Soziologe Georg Simmel wurde Zeuge und Analytiker dieses atemberaubenden Stadtschicksals. In seinem Essay über Die Großstädte und das Geistesleben stellte er dem modernen Individuum eine visionäre Geburtsurkunde aus.

Tractatus-Preis für Isolde Charim
Die Philosophin Isolde Charim erhält für ihr Buch Die Qualen des Narzissmus den Tractatus-Essaypreis 2023. Er wird vom Verein Philosophicum Lech vergeben, Medienpartner des Philosophie Magazins. Im Frühjahr haben wir mit Charim über freiwillige Unterwerfung, Selbstoptimierung als Schwindel und narzisstische Moral gesprochen. Wir gratulieren Isolde Charim herzlich zum Tractatus-Preis.

Volodymyr Yermolenko: „Wir erleben gerade ein apokalyptisches Szenario“
Während die russische Invasion in vollem Gange ist, haben wir mit dem in Kiew lebenden Philosophen und Journalisten Volodymyr Yermolenko gesprochen. Er berichtet von Explosionen vor seinem Haus, denkt jedoch nicht daran, sein Land zu verlassen und betont die Widerstandsfähigkeit der ukrainischen Zivilgesellschaft.

Jeanne Pham Tran: „Die Bambusrevolution ist in vollem Gange“
Chinesische Wissenschaftler haben Glas aus Bambus hergestellt, das umweltschädliches Silikatglas ersetzen könnte. Auch in vielen anderen Bereichen werden die Vorzüge des Riesengrases entdeckt. Die Essayistin Jeanne Pham Tran spricht daher in ihrem neuen Buch von einer „Bambusrevolution“.

Wenn Meinung auf Tatsache trifft
Wir werfen anderen vor, nicht die Wahrheit zu sagen, streiten über Tatsachen oder halten an unserer Meinung fest. Doch nur selten klären wir dabei, was man unter Meinung, Wahrheit und Tatsache eigentlich versteht. Höchste Zeit, die Begriffe genauer in den Blick zu nehmen.

Barbara Vinken: „Die Aldilette ersetzt die Adilette“
Die Discounter Aldi und Lidl brachten jüngst eigene Modelinien auf den Markt, deren Shirts und Hoodies zwar günstig zu erstehen sind, aufgrund der limitierten Stückzahlen auf Ebay jedoch schon jetzt zu Spitzenpreisen gehandelt werden. Woher der Hype um die flächig bedruckten Stücke rührt, warum die Kollektionen modegeschichtlich keine Neuheit darstellen und was sie dennoch mit dem Ende der high fashion zu tun haben, erläutert die Literaturwissenschaftlerin und Modetheoretikerin Barbara Vinken.

Lützerath: Wer ist hier undemokratisch?
Als Protest gegen den geplanten Abriss des Dorfes Lützerath zur Abtragung von Kohle kam es zu zahlreichen Blockaden durch Klimaaktivisten. Ihr Widerstand wurde von vielen Politikern als antidemokratisch angeklagt. Schaut man jedoch genau hin, zeigt sich: Die vermeintlichen Demokraten sind die eigentlichen Antidemokraten.

Neapel sehen und sterben
Paolo Sorrentinos neuer Film ist eine Hommage an seine Heimatstadt Neapel und deren mythologische Schutzpatronin „Parthenope“. Der Film verbindet Antikes und Katholisches, Schönes und Groteskes — und fragt nach der Möglichkeit des Wunders in der Moderne.
