Thomas Fuchs: „Ein angstfreies Leben wäre ein gleichgültiges Leben“
Die Angst ist so alt wie die Menschheit. Bis heute ist kaum ein Gefühl so mächtig und verbreitet. Woran liegt das? Ein Gespräch mit dem Psychiater und Philosophen Thomas Fuchs über die leibliche Erfahrung der Angst, ihre Wurzeln und „Verkleidungen“, und wie man sich die Angst zum Freund macht.
Herr Fuchs, bei der Angst handelt es sich eigentlich um ein Frühwarnsystem, das uns in Alarmbereitschaft versetzt, wenn Leib und Leben bedroht sind. Glücklicherweise befinden wir uns heutzutage selten in solchen Situationen. Warum nehmen Angststörungen in unserer Gesellschaft dennoch zu?
Sie sagen schon richtig: Angst ist zunächst ein auf die unmittelbare Situation bezogenes Warnsystem, das die Funktion hat, Bedrohungen rechtzeitig zu erkennen und ihnen entgegenzuwirken – sei es durch Flucht, Angriff oder Stillstellen. Solche unmittelbaren körperlichen Auseinandersetzungen mit Gefahr, die in eine der genannten Formen von Bewegung münden, spielen für uns aber eine immer geringere Rolle. Stattdessen ist es heute die Bedrohung der sozialen Stellung des Menschen, die für die Angst relevant ist. Also: Angst vor Statusverlust, Angst vor Beschämung, Angst vor Bedrohungen der beruflichen Zukunft, Angst vor Liebesverlust. Das sind alles keine vitalen Bedrohungen, sondern Bedrohungen, die vor allem unseren Wert betreffen.
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