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Bild: Krassotkin (CC BY 4.0)

Interview

Jörg Baberowski: „Man muss die Kränkung über das verloren gegangene Imperium ernst nehmen“

Jörg Baberowski, im Interview mit Svenja Flaßpöhler und Moritz Rudolph veröffentlicht am 02 März 2022 12 min

Sogenannte „Russlandversteher“ geraten durch den Angriffskrieg gegen die Ukraine mehr denn je in die Kritik. Doch wie einen Ausweg finden, wenn im Dunkeln bleibt, warum Putin diesen Krieg führt? Ein Gespräch mit dem Historiker Jörg Baberowski über das Ende der Sowjetunion, kollektive Demütigung und die Schwierigkeit, ein Imperium zu entflechten.

 

Herr Baberowski, welche Sicht haben Sie, als intimer Kenner der russischen Geschichte, auf den Krieg in der Ukraine? 

Ich beschäftige mich seit den frühen 1990er Jahren mit Russland und der Sowjetunion. Ich war 1991 als Doktorand in der Sowjetunion und habe erlebt, wie das Imperium auseinanderfiel. Ich habe Menschen weinen gesehen, die nicht darüber hinwegkamen, dass es die Sowjetunion nicht mehr gab, aber auch Menschen, deren soziale Nöte größer waren als die Trauer über den Verlust des Imperiums. Russen und Ukrainer sind eng miteinander verbunden. Wenn der Begriff des „Brudervolkes“ jemals einen Sinn gehabt haben sollte, dann zur Beschreibung dieses gegenseitigen Verhältnisses. Millionen Ukrainer leben in Russland, ebenso viele Russen in der Ukraine. Wahrscheinlich verbindet die Menschen hüben wie drüben mehr als sie trennt. Die Feindschaft, von der jetzt die Rede ist, ist mir damals und auch in den vergangenen Jahren selten begegnet. Deshalb macht mich dieser Krieg auch so sprachlos. 

Also hat Sie der Einmarsch überrascht? 

Ich habe diesen Angriff nicht für möglich gehalten. Ich habe mich geirrt, wie so viele in diesen Tagen. Historiker glauben, dass menschliches Handeln sozialen und kulturellen Zwängen folgt, dass man sein Leben nicht zu seiner freien Verfügung hat. Und dann unterbricht ein einzelner Mensch entgegen allen Erwartungen durch eine einsame Entscheidung den Weltenlauf, tut, was niemand für möglich gehalten hätte. Der Krieg und der Ausnahmezustand sind wie das Wunder in der Theologie. Man glaubt an das immerwährende Recht und wacht plötzlich in einer anderen Welt auf, in der nichts von alldem zu finden ist, was man für unverrückbar gehalten hatte. Putin hat die Welt durch eine Tat neu eingerichtet. Noch wenige Tage vor dem Angriff habe ich geglaubt, dass Putin nichts weiter im Sinn habe als eine Drohkulisse zu errichten, um möglichst viel zu erreichen und den Einfluss der westlichen Staatengemeinschaft auf die Ukraine einzudämmen. Ich habe es nicht für möglich gehalten, dass dieser Krieg von langer Hand und Monate im Voraus geplant worden war. Auch ich wollte mir nicht vorstellen, dass Putin nach der ganzen Ukraine greifen, dass er dafür seine Soldaten zu tausenden opfern würde.

Trotzdem herrscht hierzulande die Meinung vor, man hätte es wissen können und gerade die „Putinversteher“ seien unentschuldbar naiv gewesen. 

Niemand hat es wissen können, ganz gleich, was jetzt überall gesagt wird. Wir konnten nicht in den Kopf von Putin hineinschauen. Wir wissen bis heute nicht, was 2014 im Umkreis von Putin eigentlich geschah, als die Entscheidung fiel, die Krim zu besetzen. Dennoch haben wir keine andere Wahl als zu verstehen, wie es so weit kommen konnte. 

Und? Wie konnte es so weit kommen? 

Wenn die sogenannten Russlandversteher, zu denen ich mich auch zähle, in einem Recht hatten, dann mit dem Hinweis darauf, dass man die Kränkung und den Schmerz über das verloren gegangene Imperium ernst nehmen müsse. Das Gefühl der Demütigung, das mit dem Zerfall des Imperiums verbunden ist, und das Bedürfnis nach Anerkennung ist die emotionale Ressource, aus der Putin bislang schöpfen konnte. Wir verstehen den Kult des Heroischen nicht mehr, haben vergessen, was Ehre und Kampf im Leben mancher Menschen bedeuten. Man hätte schon wissen können, wohin es in der Tendenz führen würde, wenngleich kaum jemand den Krieg als Möglichkeit gesehen hat.

Aber geht es hier wirklich um Kränkung, oder nicht doch eher um Machtphantasien? Es gibt ja klar benennbare Denktraditionen, auf die sich die Aggression Putins zurückführen lässt. Nehmen wir den Philosophen Iwan Iljin, der an der Großreichsidee festhielt, von der russischen Mission sprach und forderte, man solle europäischen Einfluss zurückdrängen. Sind solche Bezüge nicht wichtiger als verletzter männlicher Stolz?

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Kommentare

Joana Kompa | Mittwoch, 2. März 2022 - 11:04

Die Frage ist, ob die psychologischen Befindlichkeiten eines mordenden Psychopathen, der Gesprächsangebote bisher verhöhnte und sich seit Jahrzehnten in eine paranoide Gedankenwelt geflüchtet hatte, tatsächlich in die philosophische Waagschale geworfen werden sollte. Ich stimme überein, dass die Gesprächstür immer offen bleiben muss, denn es gibt nicht Gefährlicheres als ein die Enge getriebener Autokrat. Zudem, sprechen wir es ehrlich aus, ist unser rationales Interesse das System Putin früher oder später zu beenden. Organisationen wie MEMORIAL haben bewiesen, dass Russland zur Demokratie aus eigenen Stücken fähig ist.

Spincke | Mittwoch, 2. März 2022 - 16:09

Guter und wichtiger Beitrag

Vielen Dank

JB | Mittwoch, 2. März 2022 - 21:50

Ich bin ein wenig erschüttert, wie wenig wahrgenommen in dieser Ansammlung von losen Enden. Wo sind die Gedanken eines Z.Brzezinski aus Die einzige Weltmacht und wohin wird das Vermächtnis eines gemeinsamen Hauses Europa von Gorbatschow verfrachtet. Alles nicht geschehen oder spielen sie keine Rolle? All die Versäumnisse für Ein-Miteinander-Sprechen in den vergangenen 30 Jahren.

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