Ruhe als erste Bürgerpflicht?
In aufgeregten Zeiten wächst die Sehnsucht nach Stabilität und Ordnung. Daran können autoritäre Regime seit jeher anschließen.
Moderne Gesellschaften zeichnen sich durch ein hohes Maß an Unruhe aus. Technologie, Arbeitswelt und Gesellschaft verändern sich unaufhörlich und verlangen Wachsamkeit, Flexibilität und schnelle Entscheidungen, was leicht in Hektik umschlagen kann. Zahlreiche Krisen verschärfen dies: Drohende Umweltkatastrophen, geopolitische Spannungen und wirtschaftliche Verwerfungen erzeugen eine Welt im Taumel – und nähren den Wunsch nach einer Verschnaufpause. Vor allem in den westlichen Hochleistungszentren der Weltwirtschaft bilden fernöstliche Entspannungstechniken, altabendländische Philosophie sowie Seminare zum Runterkommen beliebte Ruhe-Reservoirs für gestresste Gemüter. Und so manch einer sehnt sich auch politisch nach etwas mehr Entspannung, etwas weniger Streit und ein bisschen mehr Ruhe und Frieden. Jedoch sollte er sich darüber im Klaren sein, dass dieser Wunsch keineswegs neutral ist. Er ergreift psychopolitisch Partei für einen Konservatismus, dessen Grenze zum Autoritarismus fließend ist.
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Gibt es einen guten Tod?
Es ist stockdunkel und absolut still. Ich liege auf dem Rücken, meine gefalteten Hände ruhen auf meinem Bauch. Wie zum Beweis, dass ich noch lebe, bewege ich den kleinen Finger, hebe ein Knie, zwinkere mit den Augen. Und doch werde ich, daran besteht nicht der geringste Zweifel, eines Tages sterben und wahrscheinlich genauso, wie ich jetzt daliege, in einem Sarg ruhen … So oder so ähnlich war das damals, als ich ungefähr zehn Jahre alt war und mir vor dem Einschlafen mit einem Kribbeln in der Magengegend vorzustellen versuchte, tot zu sein. Heute, drei Jahrzehnte später, ist der Gedanke an das Ende für mich weitaus dringlicher. Ich bin 40 Jahre alt, ungefähr die Hälfte meines Lebens ist vorbei. In diesem Jahr starben zwei Menschen aus meinem nahen Umfeld, die kaum älter waren als ich. Wie aber soll ich mit dem Faktum der Endlichkeit umgehen? Wie existieren, wenn alles auf den Tod hinausläuft und wir nicht wissen können, wann er uns ereilt? Ist eine Versöhnung mit dem unausweichlichen Ende überhaupt möglich – und wenn ja, auf welche Weise?

Die neue Ausgabe: Wie komme ich zur Ruhe?
Sie ist eine große Sehnsucht. Doch ist sie schwer zu erreichen, was bereits die Stoiker wussten. Heute, inmitten digitaler Ablenkung, politischer Krisen und spätmoderner Leistungsansprüche scheint sie weiter entfernt denn je. Wie kann uns die Philosophie helfen, zur Ruhe zu finden?
Hier geht's zur umfangreichen Heftvorschau!

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Die Dialektik der Zukunft – 50 Jahre „Die Grenzen des Wachstums“
Das Buch Die Grenzen des Wachstums ist nicht nur eine der ambitioniertesten Studien zur Zukunft der Weltwirtschaft, sondern auch wesentlicher Treiber der Klimabewegung. Grund genug, um zum 50. Geburtstag des Werkes nach den Möglichkeiten der Zukunftsbestimmung zu fragen.

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Klimaschutz durch „grünes Wachstum“ hält die Wirtschaftsjournalistin Ulrike Herrmann für eine Illusion. Damit das Ende des Kapitalismus keine Katastrophe wird, so ihre These, brauchen wir eine Wirtschaft nach dem Vorbild der britischen Kriegswirtschaft von 1939.

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Marx entzauberte Kategorien wie Arbeit und Tausch und stellte sich damit gegen die Politischen Ökonomen seiner Zeit. Zugleich teilte er ihre Einsicht, Wirtschaft sei nur als Teil von Gesellschaft zu verstehen. Daran sollten wir anschließen, meint Kirstin Munro.

Theorien des Friedens
Eine göttliche Ordnung, ein absoluter Souverän oder vorbehaltloses Vertrauen – über die Voraussetzungen des Friedens machen sich Philosophen seit jeher Gedanken. Hier sechs historische Positionen, vorgestellt von Timm Lewerenz.

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Besonders im Frühjahr packt viele der Putz- und Aufräumwahn. Aber warum halten wir überhaupt Ordnung? Drei Positionen zum Scheuern, Wischen und Umsortieren.
