Vom Faultier lernen
Das Faultier verbringt weite Strecken des Tages mit Nichtstun, fällt niemandem zur Last und wirkt dabei sehr zufrieden. Zeit, über das eigenwillige Tier mit dem diskriminierenden Namen ganz neu nachzudenken.
Faultiere sind in erster Linie unauffällig. Man kann sagen, es ist diese Fähigkeit, nicht aufzufallen, die ihnen in der Evolutionsgeschichte das Überleben gesichert hat. Faultiere leben in den Regenwäldern Südamerikas und sind, so kann man sagen, langsamer, als das Auge erlaubt: Die maximale Geschwindigkeit beträgt 1,9 km/h. Um sich gar nicht erst in eine Gefahrensituation zu begeben, verlassen Faultiere nur einmal in der Woche ihren Aufenthaltsort in den Baumkronen in circa 30 bis 40 Metern Höhe, um zu koten. Ansonsten schlafen sie bis zu 20 Stunden am Tag, also den Großteil ihres Lebens. Unauffällig sind Faultiere auch wegen ihres Aussehens. In der Natur lebende Faultiere haben ein grünlich schimmerndes Fell, was daran liegt, dass darin kleine Algen wachsen. Da dem Faultier das Regenwasser zur Körperhygiene reicht und es sich ansonsten nicht putzt, sind die Algen seine ständigen Begleiter und dienen zudem den Raupen der Schmetterlingsart Bradypodicola hahneli als Nahrung – eine höchst effiziente, klimaneutrale und genügsame Wohngemeinschaft.
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