Meine Toleranzgrenze
Die Zuschreibung des Bösen liegt nahe, sobald ein Gegenüber sich an Werten orientiert, die man selbst für problematisch oder gar gefährlich hält. Fünf Menschen erzählen.
Der Zwang zur Rechthaberei gilt bekanntlich als eine in Deutschland besonders stark ausgeprägte Untugend. Vielleicht steht nicht zwangsläufig in einem Widerspruch dazu, dass es auch ein deutscher Philosoph ist, Hans-Georg Gadamer nämlich, dem wir das folgende Wort verdanken: „Die Möglichkeit, dass der andere recht hat, ist die Seele der Hermeneutik.“ Als Hermeneutik bezeichnet man in der Philosophie die Lehre und Kunst des Verstehens und der sachgemäßen Auslegung. Ihre Ursprünge reichen bis zu den antiken Rätselsprüchen des delphischen Orakels zurück. Was hätte Gadamer, der vor 22 Jahren verstarb, wohl zu dem Klima gesagt, in dem ein Großteil der Debatten und tagespolitischen Auseinandersetzungen heute geführt wird – in den Parlamenten, auf der Straße, in Kneipen, Hörsälen und vor allem in den sozialen Medien?
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Die Philosophin Susan Neiman hält die Frage nach dem Bösen für ein Leitmotiv in Kants Schriften. Im Interview spricht sie über das Ringen mit einer Welt, in der Tugend und Glück auseinanderfallen. Mit Blick auf die Massaker vom 7. Oktober 2023 erklärt sie, warum man versuchen sollte, das Böse zu verstehen, zeigt aber auch auf, wo das Verstehen an seine Grenzen stößt.

Was heißt hier Struktur?
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Was weiß mein Körper?
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Ohne Euch - Fünf Testimonials
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Weiter zusammen sein, trotz Streit? Wie die Verbindung halten, wenn wir uns fremd werden? Bei näherem Hinsehen könnte es gerade die Differenz sein, die ein Bleiben ermöglicht. Fünf Menschen erzählen.

Kommentare
Lieber Herr Bernhard,
mich erinnert das Alles an hundert Jahre Einsamkeit und im Westen nichts Neues.