Seyla Benhabib: „Von Arendt lässt sich lernen, wie man über Politik noch mit Hoffnung nachdenken kann“
In New York, wo Hannah Arendt nach ihrer Flucht bis zu ihrem Tod lehrte und lebte, treffen wir die Philosophin Seyla Benhabib. Sie ist mit Arendts Werk tief vertraut und erhält im Dezember den renommierten Hannah-Arendt-Preis für politisches Denken. Wie hätte Arendt die Krisen unserer Zeit gedeutet? Wie hätte sie auf das Freund-Feind-Denken im Diskurs geschaut? Ein Gespräch über Hannah Arendt im Lichte der Gegenwart.
Frau Benhabib, wir sitzen hier zusammen in New York. Wie würde Hannah Arendt auf das heutige Amerika und das Phänomen Trump blicken?
Arendt wäre sicher sehr besorgt über die gegenwärtigen Entwicklungen. Erstens, weil das amerikanische Experiment, eine Republik zu errichten, die auf einer verfassungsmäßigen Gewaltenteilung und auf einem nicht nationalstaatlich verstandenen Konzept von Staatsbürgerschaft aufbaut, zu scheitern droht. Trump unterminiert gezielt diese Ordnung, indem er die Verfassung instrumentalisiert. Doch ganz neu ist diese Entwicklung nicht. Einige konservative Juristen vertreten schon länger die sogenannte „Unitary Executive Theory“, wonach der Präsident – gleich einem König – die absolute Exekutivkraft über alle staatlichen Institutionen habe. Es ist die faktische Aufhebung der sich gegenseitig ausgleichenden Gewaltenteilung. Wenn man das Manifest Projekt 2025 liest, sieht man, dass die zweite Trump-Regierung einen sehr methodischen Plan zur Umgestaltung der amerikanischen Regierung und Gesellschaft verfolgt. Wir befinden uns in der ersten Phase einer Gleichschaltung öffentlicher Institutionen wie den Medien, den Universitäten, großen Anwaltskanzleien und so weiter. Dabei geht es darum, diese mit den Zielen der Regierung in Einklang zu bringen. Zweitens wäre Arendt aber sicher auch empört über den Hass und die staatlichen Maßnahmen gegen die Immigranten.
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