Tatjana Schnell: „Wir verwechseln Sinn mit Glück“
Wann erleben Menschen ihr Handeln als sinnhaft? Die Psychologin Tatjana Schnell über die Bedingungen, Sehnsüchte und Abgründe der persönlichen Suche nach Sinn.
Frau Schnell, was ist das – Sinn?
Sinn liegt zunächst einmal nicht in einer Sache selbst. Sinn ist relational, ich schreibe ihn zu. So entsteht er zwischen mir und einer Sache, einer Handlung, einem Ereignis. Das bedeutet, dass Sinn etwas Subjektives ist.
Kann ich Sinn fühlen? Wenn sich etwas gut anfühlt, ist es auch sinnvoll?
Nein, diese Annahme beruht auf einer Verwechslung von Sinn mit Glück. Nur weil sich eine Sache schön anfühlt, ist sie für mich nicht gleich sinnvoll – und umgekehrt. Natürlich ist der Sinn affektiv unterfüttert, aber die Gefühle brauchen eine kognitive Verankerung. Ich muss schon wissen, was ich richtig und wichtig finde, um Sinn zu erfahren. Und eine solche Erfahrung ist etwas anderes als ein bloßes Gefühl.
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