Wolfram Eilenberger: „Das 20. Jahrhundert war ein großes Jahrhundert der Philosophie“
In drei Bänden stellt Wolfram Eilenberger die Philosophiegeschichte des 20. Jahrhunderts vor. Nun ist mit Geister der Gegenwart der letzte erschienen, in dem es um Leben und Werk von Michel Foucault, Theodor W. Adorno, Susan Sontag und Paul Feyerabend geht. Im Gespräch erläutert der Philosoph unter anderem, wie sie aus dem Labyrinth veralteter Denkmuster ausbrechen.
Herr Eilenberger, in Ihrem Buch erzählen Sie eine Denkgeschichte der ersten Nachkriegsjahrzehnte. Es geht um Michel Foucault, Theodor W. Adorno, Susan Sontag und Paul Feyerabend. Warum diese vier?
Sie verkörperten ein philosophisches Existenzideal, das ich für ebenso wichtig wie bedroht halte: Alle vier suchten einen Ausgang in neue Mündigkeit. Sie hatten den Eindruck, dass sie sowohl in ihrer privaten Existenz als auch in der Gesellschaft und ihrer akademischen Umgebung dieser Mündigkeit ermangeln. Sie wollten sie philosophierend für sich gewinnen. Bedroht und vielleicht sogar verloren ist dieses Ideal heute, weil es sich innerhalb der akademischen Lebensentwürfe kaum noch findet. Schon damals befanden sich diese vier in einem Verhältnis unterlaufender Gegnerschaft zur Universität. Ihre erfolgreiche Suche nach neuer Mündigkeit wurde später schulbildend, dabei haben sie keine Lehre vertreten.
Warum nicht? War das nicht immer die Aufgabe der Philosophen?
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Leseprobe aus „Geister der Gegenwart“ von Wolfram Eilenberger
Welche Philosophie kann uns heute noch leiten? Auf den Spuren von Theodor W. Adorno, Susan Sontag, Michel Foucault und Paul K. Feyerabend entwirft Wolfram Eilenberger in Geister der Gegenwart ein großes Ideenpanorama der westlichen Nachkriegszeit. Ein Auszug.

Susan Sontag und der Stil
„Stil ist alles“, schrieb Susan Sontag in ihren Anmerkungen zu ‚Camp‘. Darin huldigt sie dem modernen Dandy als radikalem Ästheten und Zeitgenossen. Sein Blick auf die Welt und die neue Massenkultur ist so naiv wie ironisch, demokratisch und versnobt zugleich. 1964 brach der Camp-Essay mit reichlichen Tabus und machte Sontag zum intellektuellen Star. Wie weit kommt man damit heute?

Kulturanzeiger – Wolfram Eilenberger: „Geister der Gegenwart“
In unserem Kulturanzeiger stellen wir in Zusammenarbeit mit Verlagen ausgewählte Neuerscheinungen vor, machen die zentralen Ideen und Thesen der präsentierten Bücher zugänglich und binden diese durch weiterführende Artikel an die Philosophiegeschichte sowie aktuelle Debatten an. Diesmal im Fokus: Geister der Gegenwart von Wolfram Eilenberger, erschienen im Verlag Klett-Cotta.

Paul Feyerabend und die Wissenschaftskritik
Für Paul Feyerabend ähnelt Wissenschaftsentwicklung, so seine provokant ironische Zuspitzung, den wechselvollen Trends der Kunst. Gerade heute hat uns seine Philosophie des „anything goes“ Wesentliches zu sagen. Sie weist uns einen Weg zwischen Expertokratie und Faktenleugnung.

Leben und Werk im Widerspruch: Theodor W. Adorno
In dieser Reihe beleuchten wir Widersprüche im Werk und Leben großer Denker. Heute: Theodor W. Adorno, der sich am Ende seines Lebens auf die Seite des Staatsapparates stellte, den er vormals scharf kritisierte.

„Leb wohl, Vernunft!“ Zum 100. Geburtstag von Paul Feyerabend
Am 13. Januar 1924 kam Paul Feyerabend zur Welt. Für ihn läuft Wissenschaftsentwicklung nicht nach rationalen Prinzipien ab, sondern ähnelt, so seine provokant-ironische Zuspitzung, den wechselvollen Trends in der Kunst.

Wolfram Eilenberger: „Philosophie kann direkt in die Existenz eingreifen“
Hannah Arendt, Simone de Beauvoir, Ayn Rand und Simone Weil: Das sind die Protagonistinnen in Wolfram Eilenbergers neuem Buch Feuer der Freiheit. Schon in Die Zeit der Zauberer, dem zum Weltbestseller avancierten Vorgänger, hatte Eilenberger Leben und Denken von vier Geistesgrößen zusammengeführt. Damals waren es Ludwig Wittgenstein, Walter Benjamin, Ernst Cassirer und Martin Heidegger. Nun also vier Frauen, die ihr Denken in den finsteren 1930er und 40er Jahren entwickeln. Ein Gespräch mit dem Autor über ein Jahrzehnt, in dem die Welt in Scherben lag - und vier Philosophinnen, die die Freiheit verteidigten.

Feyerabend statt Fitness-Tracking: Wie wir uns aus der methodischen Selbstoptimierung befreien
Methoden und Tools zur Verbesserung der eigenen Fähigkeiten sind allgegenwärtig. Der Philosoph Paul Feyerabend fordert uns auf, diesen Optimierungswahn zu hinterfragen.

Kommentare
Die schlüssigste Vorgabe eines Philosophen an sein Fach kommt von Michel Foucault: "Und ich würde sagen, wenn es heute eine autonome philosophische Tatigkeit gibt, wenn es eine Philosophie geben kann, die nicht bloß theoretische Arbeit innerhalb der Mathematik oder der Linguistik oder der Ethnologie oder der politischen Ökonomie ist, wenn es eine freie, von all diesen Fachgebieten unabhängige Philosophie gibt, dann könnte man sie vielleicht als eine Tatigkeit definieren, die eine Diagnose stellt. Die eine Diagnose der Gegenwart erstellt; die uns sagt, was die Gegenwart ist; die uns sagt, worin unsere Gegenwart sich von allen anderen, also der Vergangenheit, unterscheidet, und zwar absolut unterscheidet. Darin liegt möglicherweise die Aufgabe der Philosophie." Seite 296 in 'Geister der Gegenwart'.
Was also ist radikales Verschiedenheit von dem, was ist und dem, was war? 3 Erkenntnisse. Einmal, wir sind nicht bloss in das Lage uns zu eliminieren, wir sind dabei es auch zu tun (Vermüllung von Erde, Wasser, Luft, Aufheizen des Athmosphäre, Ressourcen-Raubbau, KI (?), ...). Zweimal, wir sind imstande unsere Natur-Vorgaben in Körpes-Bau und soSein (Verhalten) radikal zu verändern und uns damit an aktuelle Umgebungs-Variablen anzupassen, und das wesentlich schneller und selbst-gewählter, als es das Natur kann; Natur-Emanzipation. Dreimal, ist mit zweimal verbunden, unser Wissenstand ist inzwischen so umfangreich und weit, die Lösungen für fast alle aktuellen Herausforderungen sind vorhanden, zumindest so weit, dass bloss noch ein paar denk- und technik-Schritte fehlen, aber jede daraus folgende vorteilhafte Veränderung für das Biosphäre und somit nicht nur für uns, scheitert an den Vorgaben des Natur, also unseres natürlichen Verhaltens.
In überwältigendes Mehrheit wählen Menschen ein idealisiertes und phantasiertes Vorgestern, im Handeln und nicht-Handeln, als Produkte und Formen, als auch als Gesellschafts-Strukturen und Parteien. Unsere Entwicklung folgt dem sehr langsamen Tempo des Natur, was so hochkomplexe Strukturen und LebeWesen betrifft, wie alle Tiere und Pflanzen. Und da sind kaum - sehr selten - grössere Sprünge und Entwicklungs-Schritte möglich. Technisch und im Wissen sind wir unserem soSein (Verhalten) weit voraus. Gewalt ist dabei grundsätzliche Handlungs-Maxime. Das setzt eine sehr niedrige Selbst- und somit Fremd-Empfindung voraus. Das Stand des Selbst- und UmWelt-Erkenntnis ist nahe 0, obwohl tiefes und weites Wissen bereits vorhanden ist. Da jedoch Hierarchien und Macht (Dominanz-Trieb) das einzige Wahl sind, in Beziehungen von Zweien bis Milliarden; und wohl auch in jedes Selbst (Angst und Fortsexungs-Zwang dominieren jedes Bewusst-daSein, Handeln und nicht-Handeln), wird beste Bildung als Gefahr wahrgenommen und Menschenweit be-und verhindert.
Gewalt statt Verständnis, statt Einfühlungs-Vermögen, statt Wissen vom Selbst und damit auch von allem Anderen, statt Respekt und wirklichem Würde im gemeinsamen so kurzen daSein und Umgang im Mit-Einander, ist unsere natur-gegebene Handlungs- und nicht-Handlungs-Maxime. Wir können absolut nichts dafür, wie wir voreingestellt / geprägt wurden in Milliarden und Millionen Jahren des daSein-Entwicklung. Wir könnten es ändern (s.o.), wir können es nicht (s.o.). Gewalt setzt Ignoranz und UnWissenheit voraus, daher das Verweigern von bestem Bildung für Alle Menschen. Wir können nichts dafür, Schuld und Vorwürfe sind somit Unfug! Was uns aufhelfen könnte zu einem ersten Schritt des Reife und Natur-Emanzipation, ist Anerkennung und Einsicht des aktellen Selbst-Erkenntnis-Stands und des Wissens aus allen sogenannten Natur-Wissenschaften (inkl. Mathematik); doch auch das verhindert bislang das natürliche Angst- und Fortsexungs-Handeln und nicht-Handeln (Gewalt). Bis hierher, ein kleines Auszug des aktuellen Selbst-Erkenntnis-Stands von einem von Euch.