Reminiszenz
Aus dem griech. anamnesis, „Wiedererinnerung“. In Platons Philosophie kommt diesem Ausdruck zentrale Bedeutung zu. Er bezieht sich auf die Erinnerung an einen früheren Zustand, in dem die Seele noch einen direkten Blick auf die Ideen hatte. Die Erinnerung begründet also bei den Menschen alles Wissen, die Fähigkeit der Erkenntnis, und deswegen ist auch „lernen wiedererinnern“. Die Theorie der Reminiszenz (Rückerinnerung) setzt den Glauben an die Unsterblichkeit und vor allem an die Seelenwanderung (eine Lehre, die Pythagoras vertritt). Platon entwickelt diese Idee der Seelenwanderung einerseits im Menon weiter, wo er schildert, wie ein ungebildeter Sklave die Lösung für ein geometrisches Problem (wieder)findet, weil er sie, Sokrates zufolge, in einem früheren Leben bereits kennengelernt hat; und andererseits im Phaidon, wo er sich ihrer bedient, um die Unsterblichkeit der Seele zu beweisen. Dieser Ansatz, der eine erste Antwort auf das anspruchsvolle Problem des Ursprungs unseres Wissens darstellt, nimmt die Theorie der angeborenen Ideen vorweg, die in der Moderne von Descartes vertreten wurde.