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Bild: Xinhua (Imago)

Interview

Amélie Poinssot: „Viktor Orbán spielt ein Doppelspiel“

Amélie Poinssot, im Interview mit Charles Perragin veröffentlicht am 03 Januar 2024 5 min

Machiavellist, Demagoge oder doch nur Populist? Viktor Orbán ist schwer zu erfassen. Im Gespräch erläutert Amélie Poinssot den politischen Stil des ungarischen Premiers, der eine Vorliebe für autoritäre Regime hat, sich aber auch versöhnlich zeigen kann.

 

Frau Poinssot, Viktor Orbán ist gegen den EU-Beitritt der Ukraine. Aber auf dem EU-Gipfel im Dezember hat er nicht gegen die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen gestimmt. Weshalb?

So etwas hat es im Europäischen Rat noch nie gegeben. Orbán hatte mit dem deutschen Bundeskanzler Olaf Scholz vereinbart, den Saal bei der Abstimmung zu verlassen. Nur wenige Augenblicke später aber blockierte er die für Kiew bestimmte Finanzhilfe in Höhe von 50 Milliarden Euro. Man hätte das Gegenteil vorhersagen können: Dass er eine symbolische Opposition markiert, aber die Ukraine nicht direkt verurteilt. Orbán spielt seit dem Beginn der russischen Invasion ein schwer zu durchschauendes Doppelspiel. Bisher war er gegen alle Sanktionen gegen Russland, stimmte aber für sie, während er gleichzeitig von Ausnahmen profitierte, wie z. B. der Einfuhr von russischem Öl.

Wie ist diese zweideutige Feindseligkeit gegenüber der Ukraine zu verstehen?

Orbán und Putin kamen sich 2014 bei einem Abkommen über den Ausbau des ungarischen Kernkraftwerks Paks näher: Zwei neue Atomreaktoren wurden vom russischen Staatskonzern Rosatom hergestellt und mit einem russischen Kredit von 10 Milliarden Euro finanziert. Und seit Beginn des Konflikts im Februar 2022 gab es nur zwei europäische Staatschefs, die Putin die Hand geschüttelt haben: der österreichische Bundeskanzler Karl Nehammer und Viktor Orban.

Steckt dahinter also nur politischer Opportunismus?

Es gibt bei Orbán eine Faszination für autoritäre Regime, aber die Annäherung an Putin ist nicht der einzige Faktor. Es gibt auch eine sehr große ungarische Minderheit in der Ukraine, vor allem in Transkarpatien. Wie auch in der Slowakei, in Rumänien, aber auch in Serbien. Nun hat die konservative ungarische Rechte immer wieder versucht, diese Diaspora in die nationale Gemeinschaft zu integrieren, indem sie ihr die Staatsbürgerschaft, das Wahlrecht usw. verleihen wollte. Kiew, das seit der Annexion der Krim 2014 und dem Beginn des Krieges im Donbass von Russland geschwächt wurde, verfolgte jedoch eine Politik der Ukrainisierung, indem es insbesondere ab 2017 die ukrainische Sprache in der Sekundarstufe vorschrieb, auch in den Regionen, in denen sich die ungarische Gemeinschaft befindet. Orbán ließ sich das nicht gefallen. Erst kürzlich hat Präsident Selenskyj ein Zeichen gesetzt: Das ukrainische Parlament hat gerade ein Gesetz verabschiedet, das die sprachlichen Rechte der nationalen Minderheiten wiederherstellt.

Wie ist diese Verbundenheit mit der Diaspora zu verstehen?

Viktor Orbán will der Verteidiger der verlorenen Größe Ungarns sein. Der offizielle Verlust von zwei Dritteln seines Territoriums im Vertrag von Trianon 1920, die Analogie – in seiner Rede – zwischen der Gefahr, vom europäischen politischen Raum absorbiert zu werden, wie es mit der Sowjetunion der Fall war; all das, was das Herzstück des ungarischen konservativen Denkens ist, bildet eine sehr wichtige Grundlage seiner Ideologie.

Daneben tritt Orbán als Verteidiger des Christentums auf.

Orbán hat religiöse Werte stark instrumentalisiert, um als Bastion einer christlichen Identität aufzutreten, die der Einwanderung, der Pressefreiheit, den Nichtregierungsorganisationen (NGOs) wie auch den Rechten sexueller Minderheiten feindlich gegenübersteht. Man darf jedoch nicht vergessen, dass er in seinem politischen Erwachen ein antiklerikaler Liberaler war. Ungarn ist nicht einmal ein sehr religiöses Land. Hinzu kommt, dass sich die ungarischen Gläubigen zwischen Katholizismus und Protestantismus aufteilen.

Wird die extreme Rechte in Ungarn also vor allem von der existenziellen Angst vor dem Verschwinden bestimmt? Das wäre nicht untypisch für ein mitteleuropäisches Land, das in seiner jüngeren Geschichte von den Imperien des Westens und des Ostens umgürtet wurde.

Diese Situation ist in Ungarn sogar noch ausgeprägter, das Land ist ja eine nicht-slawische Ausnahme im Herzen Mitteleuropas, das noch vor einem Jahrhundert Teil eines großen Reichs war und dessen Geschichte und kulturelle Beiträge in Westeuropa nahezu unbekannt sind. Heute ist es ein mit Bullshit-Jobs übersätes Land, das eine sehr schwache soziale Absicherung hat. Diese Existenzangst, die in Orbans Reden sehr präsent sind, hat die extreme Rechte in Ungarn stark geprägt, die sich – im Gegensatz zum Westen – in der Ausübung der Macht radikalisiert. Im Westen geht die Tendenz der Rechten eher dahin, sich zu normalisieren und zu entdämonisieren, um gewählt zu werden. Orbáns Ziel besteht darin, sich von den Eliten des „alten“ Europas wie von der Opposition in Ungarn zu unterscheiden, insbesondere im Vorfeld der Europawahlen.

Hat es Orbán deshalb geschafft, seine politische Einflussnahme auf Europa auszubauen?

Ja, seit 2015 ist er als Verteidiger Mitteleuropas aufgetreten, der sogenannten Visegrád-Gruppe: Polen, Ungarn, Slowakei, Tschechien. Heute ist Orbán seit der Rückkehr der pro-europäischen Opposition in Polen wieder isoliert. Aber er wird seine Position behaupten, auch wenn er dabei allein gegen alle ist. Man darf nicht vergessen, dass die EU auch nach dem Beitritt Ungarns zur Europäischen Union im Jahr 2004 noch jahrelang Politiker aus der „EU-15“ – jenen 15 Staaten der EU bis 2004 – in Schlüsselpositionen einsetzte. Diese Geringschätzung, die heute jedoch nicht in gleicher Weise zutrifft, hat zur Radikalisierung der Positionen von Viktor Orbán beigetragen.

Ist das so weit gegangen, dass die demokratischen Institutionen des Landes untergraben wurden?

Ungarn ist keine Diktatur. Der demokratische Rahmen bleibt bestehen: Man kann in Budapest als Journalist arbeiten und man wird nicht verhaftet, wenn man homosexuell ist. Es ist eine voreingenommene Demokratie, in der die Gruppe der Dissidenz, der unabhängigen Medien und NGOs immer kleiner wird. Die Fidesz-Partei, die über eine Zweidrittelmehrheit im Parlament verfügt, ist loyal gegenüber der Person Orbán – eine Ein-Mann-Herrschaft, die an Putins Russland erinnert. Allerdings hält die Opposition das Amt des Bürgermeisters von Budapest. Außerdem fungiert die Europäische Union als eine Art Wächter des demokratischen Rahmens in Ungarn.

Die Europäische Kommission hat gerade 10 Milliarden Euro der für Ungarn eingefrorenen Gelder freigegeben. Dennoch wurde ein neues Gesetz gegen NGOs oder Medien verabschiedet, die amerikanische oder europäische Gelder erhalten. Ist die Strategie der EU damit gescheitert?

Was die bürgerlichen und akademischen Freiheiten sowie die Achtung der Menschenrechte angeht, hat Ungarn in den letzten Jahren keine Fortschritte gemacht. Ganz im Gegenteil. Und das ist auch der Grund, warum mehr als die Hälfte der für Ungarn bestimmten EU-Mittel noch nicht freigegeben wurden. Allerdings hat Orbán mit Brüssel mehrere Reformen ausgehandelt, durch die die Unabhängigkeit der Justiz gestärkt wird. Und das war die Voraussetzung für die jüngste Freigabe. Es gibt also konkrete Auswirkungen. Man wird die Umsetzung dieser Reformen im Laufe der Zeit analysieren müssen, aber ich glaube nicht, dass man von einem Scheitern sprechen kann. Es ist das erste Mal, dass die Europäische Kommission ein solches Verfahren einführt; und es gibt Ergebnisse. Das beweist, dass diese Institution durchaus eine wichtige Rolle spielt. •

 

Amélie Poinssot ist eine französische Journalistin. 2019 erschien ihr Buch „Dans la tête de Viktor Orbán“, in dem sie den politischen Werdegang Viktor Orbáns analysiert.

Übersetzt von
Kilian Thomas
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Kommentare

Armin Schmidt | Samstag, 13. Januar 2024 - 01:22

Ich schätze, dass auch Viktor Orban auf lange Sicht an einem Zweiparteienwahlrecht via "relatives Mehrheitswahlrecht in Einerwahlkreisen" und zwei guten Patreikonzepten gefallen finden würde, da es meiner Vorstellung nach gut für Ungarn und damit auf lange Sicht gut für Herrn Orban wirken könnte. Eine starke Opposition für seine Regierung mit absoluter Mehrheit könnte vielleicht gut ergänzen und eventuell gut übernehmen, wenn er in Pension geht.
Es hat in meiner Vorstellung aber auch einen Wert, für den Fall des Scheiterns einer Demokratie systemisch naheliegende modernisierte Beispiele von unipolarer Regierung zu kennen, was viele ungarische Wähler an Herrn Orban auch zu schätzen scheinen.

Ich danke für den Artikel und die Möglichkeit, zu kommentieren.

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