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Bild: Philomag Redaktion

Adventskalender

Die Kunst, immer Recht zu behalten: Kniff Nr. 2

Nicolas Tenaillon veröffentlicht am 02 Dezember 2025 2 min

Hitzige Debatten am Familientisch sind zu Weihnachten keine Seltenheit. Was es da braucht, ist argumentatives Geschick. Die Kunst ist schließlich, nicht nur Recht zu haben, sondern die anderen auch davon zu überzeugen. Unser Adventskalender hält 24 Kniffe bereit, die schon die großen Denker für sich nutzten. Heute: Wiederholen Sie sich!

 

Das Verfahren

 

Stellen Sie die Nervenstärke Ihres Gesprächspartners auf die Probe, indem Sie unablässig ein und dasselbe Argument wiederholen. Sie sind beispielsweise Gegner der Erbschaftssteuer und bekommen zu hören: „Es ist gerecht, geerbtes Großvermögen zu besteuern!“ Sie antworten: „Das führt doch nur dazu, dass hiesiges Vermögen im Ausland investiert wird.“ Ihnen wird zu bedenken gegeben: „Es ist eine wichtige Einnahmequelle für den Staat.“ Bleiben Sie unbeirrbar und kontern: „Kann sein, allerdings führt es zu Kapitalabwanderung.“ Wenn Sie einfach so weitermachen, werden Sie sich wundern, mit wie wenig Aufwand sich ein Streitgespräch gewinnen lässt. Allerdings sollten Sie dabei keineswegs begriffsstutzig wirken. Zu Beginn Ihrer Entgegnung sollten Sie daher unbedingt auf variantenreiche Formulierungen achten, etwa: „Aber ich hatte Ihnen doch bereits gesagt…“ oder „Ich möchte versuchen, es Ihnen anders zu erklären…“, sehr schön auch: „Auf die Gefahr hin, mich zu wiederholen…“ Argumentum ad nauseam nennt sich diese rhetorische Geheimwaffe unter Fachleuten. Ihr Gegner wird das Gespräch irgendwann so satt haben, dass ihn starke Übelkeit zum Aufgeben zwingt. Im besten Fall wird er es sogar sein, der sich begriffsstutzig vorkommt, weil Sie Ihr Anliegen so oft vergeblich zu erklären versucht haben.

Hermann Melvilles Held Bartleby war ein Meister dieser Strategie: Als Schreiber einer Anwaltskanzlei verweigerte er seine Arbeit zunächst teilweise, schließlich vollständig, allerdings nutzte er das Wall-Street-Büro seines Dienstherren als Wohnung. Jeder Aufforderung setzte er ein „I would prefer not to“ (Ich würde lieber nicht) entgegen. Der Chef wurde es irgendwann leid, überließ Bartleby das Büro und suchte sich etwas Neues in einem anderen Stadtviertel.

 

Die Abwehr

 

Man kann sich gegen diese Zermürbungstaktik durchaus erfolgreich zur Wehr setzen. Konfrontieren Sie Ihr sich wiederholendes Gegenüber mit der Bemerkung, sein Verhalten gleiche dem eines Papageis. Sollte das nicht wirken und er kommt Ihnen erneut mit seinem alten Argument, bleibt Ihnen nur noch der Verweis auf Montaigne: „Die hartnäckige Verteidigung seiner Meinung ist das gewisse Zeichen der Dummheit“ (Essais, Buch II, Kap. 8).•

 

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