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Bild: Markus Winkler (Unsplash)

Impuls

Die neue Feigheit

Svenja Flasspoehler veröffentlicht am 09 September 2020 4 min

Derzeit ist ein Appell im Umlauf, der „das Denken aus dem Würgegriff“ befreien will und „die demokratischen Prozesse“ durch linken Gesinnungsterror in Gefahr sieht. Mit seinen Allgemeinplätzen verfehlt der Aufruf jedoch das eigentliche Problem, meint Svenja Flaßpöhler, Chefredakteurin des Philosophie Magazin.

Der Appell von Milosz Matuschek und Gunnar Kaiser ist an Deutlichkeit – oder sollte ich besser sagen: Eindeutigkeit? – nicht zu überbieten: Die Demokratie, so behaupten die Publizisten mit Blick auf die „Cancel Culture“, sei ernsthaft in Gefahr. Von „Zensierten“ und „Stummgeschalteten“ ist die Rede, Intellektuelle, die „unkonventionelle Ansichten vertreten“ würden mit einer „Art Berufsverbot“ belegt, auch vor Zitaten von George Orwell schrecken die Autoren nicht zurück.

Wie viele andere wurde auch ich von den Initiatoren gefragt, ob ich unterschreiben wolle. Und wahrlich, auf einen ersten Blick hätte ich durchaus Gründe dafür, denn ja, „dass zunehmend zur Schau gestellte Haltung und richtige Moral“ eine wirkliche Debatte verhindern, dass sich, Stichwort Shitstorm, insbesondere im Netz ein „Stammes- und Herdendenken“ breit macht, wie die Autoren schreiben, habe auch ich erlebt, und zwar am eigenen Leibe. So wurde ich, um nur ein paar Beispiele zu nennen, für mein philosophisches Interesse an Denkern wie Peter Sloterdijk und Rüdiger Safranski von Menschen in meinem Umfeld als politisch hochverdächtig eingestuft, ich wurde als „AfD-Maulwurf“ bezeichnet, weil ich die Protestaktion linker Demonstranten auf der Frankfurter Buchmesse 2017 kritisiert habe. Feministinnen und Feministen beschimpfen mich in den sozialen Netzwerken, verweigern aber den Diskurs mit mir, weil mein Buch „Die potente Frau“ mich angeblich als – Zitat – „rechtsreaktionär“ ausweist. Kurzum: Was ich konkret erlebe, ist ein extrem verengtes Denken, das unbequeme Positionen bequemerweise als rechts und damit als indiskutabel labelt. 

Aber: Ich bin weder zensiert, noch stummgeschaltet, noch mit einer „Art Berufsverbot“ belegt worden. Vielmehr konnte ich jederzeit meine Meinung kundtun, wurde und werde von Medien regelmäßig dazu aufgefordert, mein Buch „Die potente Frau“ wurde nicht vom Markt genommen, sondern wird breit gelesen und diskutiert. Auch Dieter Nuhr und Lisa Eckhart, deren Fälle sicher die prominentesten Anlässe für besagten Appell sind, wurden nicht mundtot gemacht. Die deutsche Forschungsgesellschaft, die Nuhrs Clip, den sie selbst angefragt hatte, aufgrund eines mittelschweren Shitstorms wieder löschte, hat ihren schweren Fehler längst eingesehen, nachdem ihr Vorgehen in der Öffentlichkeit viel diskutiert und kritisiert wurde. Nuhr ist als Kabarettist klarerweise immer noch aktiv und nach diesem Vorfall buchstäblich in aller Munde, so wie auch seine Berufskollegin Lisa Eckhart. Das Harbour-Front-Literaturfestival, das die Kabarettistin und Buchautorin aufgrund von Drohungen aus der linksautonomen Szene wieder ausgeladen hatte, ist für diesen Schritt massiv in die Kritik geraten, und zwar zu recht. Tatsächlich gibt es nichts, was im Zusammenhang mit Nuhr und Eckart nicht gesagt, nicht offen diskutiert worden wäre. Dasselbe gilt übrigens für die Streichung des Buches „Finis Germania“ von der SPIEGEL-Bestsellerliste im Jahr 2017, worauf der Appell ebenfalls anspielt. Dass diese Entscheidung zum gegenteiligen Effekt geführt, nämlich Rolf Peter Sieferles Buch noch interessanter gemacht haben dürfte, war eine weit verbreitete, auch von mir vertretene Meinung. „Weder der Staat noch andere seien es einzelne oder eine Gruppe ‚Betroffener’, dürfen den Zugang zum Debattenraum reglementieren“, schreiben Matuschek und Kaiser in ihrem Appell. Ja, klar, einverstanden. Aber gibt es irgendwen, der den Zugang zum Debattenraum reglementiert? Gar verstellt, wie die Autoren an anderer Stelle nahelegen? 

Nein, es droht keine Meinungsdiktatur. Schon gar nicht vonseiten verhuschter Social-Media-User, die sich, sobald man sie auf der Straße oder einer öffentlichen Veranstaltung face-to-face herausfordern will, schüchtern hinter ihrem Smartphone verstecken. Auch ist es, angesichts der unbestreitbaren Faktenlage, mehr als irritierend, mit Blick auf den vorgeblich linken Gesinnungsterror George Orwell mit dem Halbsatz zu zitieren, politische Sprache sei dazu geschaffen, „Mord respektabel klingen zu lassen (...)“. Was soll hier insinuiert werden? Linke sind Mörder, Rechte Opfer? Walter Lübcke, NSU, Halle: Waren das etwa Taten linker Twitterer? 

Aufgrund dieser in Teilen sträflichen und falschen Vereindeutigung der gegenwärtigen politischen Lage zu einer herrschenden, linken Gesinnungsdiktatur habe ich den Appell nicht unterschrieben. Es ist bedauerlich, dass die Initiatoren sich zu derartigen Thesen und Allgemeinplätzen versteigen, dabei ihre durchaus richtigen Beobachtungen selbst marginalisieren und vor allem das eigentliche Problem im Kern verfehlen. Dieses Problem liegt darin, dass Publizisten, Redakteure und Intellektuelle inzwischen häufig mehr auf Klicks und Kommentare und die potentielle Gefahr eines Shitstorms schielen, als dass sie den Mut aufbrächten, an einem Gedanken auch dann festzuhalten, wenn er Widerspruch hervorruft und die Netzgemeinde mit dem Reflex der Ausstoßung reagiert. 

Und wohlgemerkt: Damit meine ich kein Festhalten um seiner selbst willen. Keines, das sich in der Lust des Tabubruchs erschöpft und sich damit von jenen Überzeugungen, mit denen es bricht, so abhängig macht wie de Sade mit seiner Pornosophie von der christlichen Religion. Ich meine ein Festhalten, das durch die entgegengesetzte Position hindurch gegangen ist, diese ernsthaft geprüft hat und sie, im besten dialektischen Sinne, argumentativ übersteigt. Einen solchen, von allen Seiten geprüften Gedanken auch gegen äußeren Druck hochzuhalten: so – und nur so – entsteht moralischer Fortschritt. All jene, die nur nicht anecken wollen bei ihrer Community und vor allem auf die Anzahl der Follower schauen, sind keine Revolutionäre, keine Vorkämpfer für eine bessere Welt. Sondern schlichtweg: feige. •

Lesen Sie zum Thema auch den Dialog zwischen Robert Pfaller und Paula-Irene Villa zur Frage: Wo liegen die Grenzen des Sagbaren?

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