Die übersehene Minderheit
Unfertige Wesen, die zur Vernunft erzogen werden sollen, Verfügungsmasse der übermächtigen Erwachsenen, bedroht von Armut und Gewalt: Kinder stehen oft auf der Schattenseite der Gesellschaft. Drei neue Bücher zeigen, warum sich das dringend ändern muss, auch im Interesse unserer Demokratie.
Kinder sind keine kleinen Erwachsenen. Aber was sind sie dann? Jeder, der schon einmal eine ernsthafte Unterhaltung mit einer Vierjährigen geführt hat, weiß: Es sind rätselhafte, kluge Wesen, mit einer zum Teil verblüffend anderen Art zu denken. Diese Andersartigkeit wurde seit der Aufklärung jedoch als „unvollständig“ beschrieben: Kinder seien Menschen im Werden und müssten zur Rationalität erst erzogen werden. In diesem Denken wurzle eine bis heute herrschende Benachteiligung der Kinder, schreibt die britische Kinderrechtlerin Eloise Rickman.
Philosophie Magazin +
 
              
            Testen Sie Philosophie Magazin +
mit einem Digitalabo 4 Wochen kostenlos
oder geben Sie Ihre Abonummer ein
- Zugriff auf alle PhiloMagazin+ Inhalte
- Jederzeit kündbar
- Im Printabo inklusive
                  Sie sind bereits Abonnent/in?
                                      Hier anmelden
                                  
                  Sie sind registriert und wollen uns testen?
                  Probeabo
                
Weitere Artikel
"Sich gegen Armut einzusetzen, ist eine Bürgerpflicht"
Die Zahl der Obdachlosen steigt rapide. Wie lässt sich die Würde von Menschen schützen, die auf ihre Armut reduziert werden? Ein Gespräch mit dem Philosophen Christian Neuhäuser
Wo ist das Kind, das ich war?
Eine unheimliche Erfahrung. Dieser Mensch auf dem Foto, der mit Zahnlücke in die Kamera lächelt, das soll einmal ich gewesen sein? Mit allen seinen überschüssigen Träumen, Ambitionen, Fragen und Plänen? Fast unmöglich, ein geklärtes Verhältnis zu den eigenen Anfängen zu finden. Jenseits von Nostalgie und romantischer Verklärung. Aber auch frei von der Illusion, die biografische Vergangenheit ganz hinter sich lassen zu können. Während die einen die Infantilisierung der Gesellschaft beklagen, fordern andere eine heilende Rückkehr zum inneren Kind. Ist der Weg ins Erwachsenenleben notwendig der einer Desillusion und Selbstentfremdung? Und was könnte das überhaupt heißen: erwachsen sein? Ein Dossier über eine Frage, die sich jeder stellen muss.
Wie schaffen wir das?
Eine Million Flüchtlinge warten derzeit in erzwungener Passivität auf ihre Verfahren, auf ein Weiter, auf eine Zukunft. Die Tristheit und Unübersichtlichkeit dieser Situation lässt uns in defensiver Manier von einer „Flüchtlingskrise“ sprechen. Der Begriff der Krise, aus dem Griechischen stammend, bezeichnet den Höhepunkt einer gefährlichen Lage mit offenem Ausgang – und so steckt in ihm auch die Möglichkeit zur positiven Wendung. Sind die größtenteils jungen Menschen, die hier ein neues Leben beginnen, nicht in der Tat auch ein Glücksfall für unsere hilf los überalterte Gesellschaft? Anstatt weiter angstvoll zu fragen, ob wir es schaffen, könnte es in einer zukunftszugewandten Debatte vielmehr darum gehen, wie wir es schaffen. Was ist der Schlüssel für gelungene Integration: die Sprache, die Arbeit, ein neues Zuhause? Wie können wir die Menschen, die zu uns gekommen sind, einbinden in die Gestaltung unseres Zusammenlebens? In welcher Weise werden wir uns gegenseitig ändern, formen, inspirieren? Was müssen wir, was die Aufgenommenen leisten? Wie lässt sich Neid auf jene verhindern, die unsere Hilfe derzeit noch brauchen? Und wo liegen die Grenzen der Toleranz? Mit Impulsen von Rupert Neudeck, Rainer Forst, Souleymane Bachir Diagne, Susan Neiman, Robert Pfaller, Lamya Kaddor, Harald Welzer, Claus Leggewie und Fritz Breithaupt.
Das Ende der Stellvertretung und die direkte Zukunft der Demokratie
Die repräsentative Demokratie lässt das Projekt der Aufklärung unvollendet. Statt selbst über unsere undelegierbaren Angelegenheiten zu entscheiden, setzen andere für uns Zwecke. Ein Plädoyer für den Ausbruch aus der institutionalisierten Unmündigkeit und mehr direkte Demokratie von Andreas Urs Sommer.
 
Blumenberg und die Wirklichkeit
Heute vor 28 Jahren ist Hans Blumenberg gestorben. Für ihn hatte jede Epoche ihre eigene Wirklichkeit, die durch das Studium ihrer Metaphern entschlüsselt werden kann. Um nämlich mit den übermächtigen Realitäten fertigzuwerden, erzählen sich die Menschen seit jeher Geschichten, aus denen die Geschichte hervorgeht.
 
Zwischen Krise und Erneuerung – Die liberale Demokratie am Scheideweg
Nach dem Ende des Kalten Krieges schien die liberale Demokratie siegreich, doch heute wird sie von innen und außen bedroht: durch Rechtspopulismus, Islamismus, Russland und China. Um zu überleben, muss sie sich erneuern, ihre Widersprüche auflösen und sozial gerechter werden – sonst droht ihr Ende. Ein Essay von Christoph David Piorkowski.
 
Peter Singer: „Soll ich sagen: Ich kann an alldem nichts ändern, ich fange jetzt an zu golfen?“
Wenige Philosophen haben mit ihrem Werk einen so unmittelbaren, spürbaren Effekt in der Welt wie Peter Singer. Er revolutionierte das öffentliche Verständnis von Tierschutz, Entwicklungsarbeit und Armutsbekämpfung. Ein Treffen mit dem Begründer des Effektiven Altruismus.
 
Männer und Frauen: Wollen wir dasselbe?
Manche Fragen sind nicht dazu da, ausgesprochen zu werden. Sie stehen im Raum, bestimmen die Atmosphäre zwischen zwei Menschen, die nach einer Antwort suchen. Und selbst wenn die Zeichen richtig gedeutet werden, wer sagt, dass beide wirklich und wahrhaftig dasselbe wollen? Wie wäre dieses Selbe zu bestimmen aus der Perspektive verschiedener Geschlechter? So zeigt sich in der gegenwärtigen Debatte um #metoo eindrücklich, wie immens das Maß der Verkennung, der Missdeutungen und Machtgefälle ist – bis hin zu handfester Gewalt. Oder haben wir nur noch nicht begriffen, wie Differenz in ein wechselseitiges Wollen zu verwandeln wäre? Das folgende Dossier zeigt drei Möglichkeiten für ein geglücktes Geschlechterverhältnis auf. I: Regeln. II: Ermächtigen. III: Verstehen. Geben wir Mann und Frau noch eine Chance!