Frauke Rostalski: „Der Staat fordert den nachhaltigen Konsumenten – Das ist fast schon zynisch“
Wir sind als Individuen nicht dazu verpflichtet, klimafreundlich zu leben, meint die Rechtswissenschaftlerin und Philosophin Frauke Rostalski. Was es stattdessen brauche, seien Sanktionsmechanismen, ein Klimaklub und rationale Diskurse, in denen wir die Meinungsfreiheit hochhalten.
Sie vertreten in Ihrem kürzlich erschienenen Buch Wer soll was tun? Warum wir nicht zum Klimaschutz verpflichtet sind und worin unsere Verantwortung eigentlich besteht die provokante These, weder den Staat noch das Individuum treffe gegenwärtig irgendeine Verantwortung, CO₂-Emissionen zu reduzieren. Wie kommen Sie dazu?
Klären wir zunächst einmal den Verantwortungsbegriff. Zentral für meine Argumentation ist das Eignungskriterium: Eine Handlung, zu der man verpflichtet sein soll, muss geeignet sein, das erklärte Ziel zu erreichen. Das gilt für beide Perspektiven, die ich in meinem Buch einnehme: die ethische und die rechtliche.
Rechtlich ist es einfach. Wenn man rechtlich jemandem eine Verantwortung auferlegt, dann ist das ein Freiheitseingriff von Seiten des Staates – der muss gerechtfertigt sein. Und da sind wir beim Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, der das Eignungskriterium enthält: Wenn dem Einzelnen vom Gesetz eine Handlung oder Unterlassung auferlegt wird, muss sie geeignet sein, das verfolgte Ziel zu erreichen.
Ethisch ist es etwas komplizierter. Wenn man eine Gesinnungsethik vertritt – also eine solche, die nicht nach den Folgen der Handlung fragt, sondern nach den Motiven – dann könnte man vielleicht sagen, dass zum Beispiel eine Pflicht besteht, Hafermilch statt Kuhmilch zu konsumieren. Ich möchte mich aber für eine Verantwortungsethik stark machen: Die Folgen der Handlung sind essentiell zur ethischen Beurteilung. Wenn etwas überhaupt nicht den gewünschten Effekt hat, kann ich dafür nicht in die Pflicht genommen werden.
Aber CO₂, das nicht ausgestoßen wird, hat einen Effekt auf das Klima.
Der Klimawandel ist kein individuelles Thema, ja nicht einmal ein nationales – es ist global. Damit individuelle Reduktionen also etwas bringen, müssen sie in ein globales Konzept eingegliedert sein. Viele meinen: „Wir haben doch das Pariser Übereinkommen und das ist ein Konzept, was funktionieren könnte!“
Wenn wir uns das aber anschauen, ist es sehr enttäuschend. Das Pariser Übereinkommen konnte nicht dazu beitragen, dass nicht doch jedes Jahr neue Höchststände am globalen CO₂-Ausstoß zu verzeichnen sind. Und selbst wenn die nationalen Selbstverpflichtungen umgesetzt werden würden, würde das für die notwendigen Reduktionen nicht reichen. Davon abgesehen, dass die Staaten sich ohnehin nicht an ihre eigenen Selbstverpflichtungen halten. Weiterhin steigt und steigt das Angebot fossiler Brennstoffe. Da ist überhaupt kein Ende in Aussicht, das genaue Gegenteil ist der Fall. Dann muss man feststellen: Individuelle Maßnahmen, die in dieses Konzept eingegliedert sind, haben keinen Effekt – Ergo kann dazu auch keine Verantwortung bestehen.
Ob ein paar hundert Liter Kuhmilch weniger verkauft werden, hat sicher keinen globalen Effekt. Aber wenn ein Staat wie Deutschland als Ganzes sich entscheidet, Emissionen zu senken – kann das dann immer noch behauptet werden?
Auch hier kommt es auf das Gesamtkonzept an. Im Rahmen von Paris kann sogar gesagt werden, dass es mitunter dem Klima schadet, wenn Deutschland weniger CO₂ emittiert. Diejenigen, die sich mit Kooperationswissenschaften auskennen, sagen: Es ist keine Überraschung, dass Paris nicht funktioniert: Es gibt keine Reziprozität. Es enthält zum Beispiel keine Sanktionen. Wenn man sich an seine Selbstverpflichtungen nicht hält, dann passiert gar nichts.
Das führt zur Trittbrettfahrerproblematik: Wenn wir in Deutschland eifrig sind und große Klimaschutzbemühungen betreiben, dann kostet uns das viel Geld. Es lohnt sich aber für die ganze Welt. Und das reizt andere gerade dazu an, nichts zu tun, sondern sich darauf auszuruhen, was in Deutschland und anderen eifrigen Staaten passiert.
Daneben gibt es noch die Wasserbetteffekte – alles schöne Namen: Dadurch, dass wir in Europa weniger fossile Brennstoffe abnehmen, sinkt der globale Preis. Das führt dazu – das ist in Studien ganz klar nachgewiesen – dass andere Länder stärker fossile Brennstoffe abnehmen und noch mehr verpulvern. Das heißt, ganz deutlich ausgesprochen: Unsere nationalen und europäischen Bemühungen haben in den letzten Jahren sogar dazu beigetragen, dass sich die Lage global verschlimmert.
Dann besteht die Pflicht des Staates also darin, ein tatsächlich wirksames Gesamtkonzept herzustellen?
Richtig.
Wie kann das gelingen?
Ich finde den Vorschlag vom Wirtschaftsnobelpreisträger William Nordhaus überzeugend. Er plädiert dafür, in einem „Klimaclub“ von Staaten einen gemeinsamen CO₂-Mindestpreis umzusetzen und Zölle als Sanktionsmaßnahmen einzusetzen für diejenigen, die nicht mitmachen wollen.
Außerdem sehe ich derzeit durchaus auch eine Pflicht zu anderen Maßnahmen, die zumindest potentiell effektiv sein können: Das ist einerseits massive Forschung zu Klima- und Energietechnik und andererseits Aufforstung – daran denken viele nicht mehr, aber das ist schon etwas, was wirklich etwas bringt. Insofern gibt es zu diesen Maßnahmen durchaus eine Pflicht von Seiten des Staates.
Einer der Hintergründe Ihres Buches ist Ihre Tätigkeit im Deutschen Ethikrat: Der hat 2024 eine „Stellungnahme Klimagerechtigkeit“ herausgegeben, gegen die Sie mit zwei weiteren Mitgliedern ein Sondervotum abgegeben haben. Darin heißt es: „Die Forderung einer Intensivierung der Anstrengungen zum Abschluss globaler Abkommen für die Begrenzung der Erwärmung ist ebenso allgemein wie wohlfeil, solange überhaupt nicht absehbar ist, dass sich die größten CO₂-Emittenten in solche Abkommen einbinden lassen“. Gilt das gleiche nicht für Ihren Vorschlag, wo kaum abzusehen ist, dass sich ein solcher Klimaclub bilden lässt?
Ich sehe hier schon einen Unterschied: Es ist wichtig, nicht nebulös über „globale Abkommen“ zu sprechen oder auf Paris zu hoffen. Stattdessen müssen wir – und das tue ich – ganz konkrete Maßnahmen vorschlagen. Beim Vorstoß von Scholz in Richtung Klimaclub haben China, Brasilien und Indien direkt abgewunken und auch die USA meinten, dass sie keinen gemeinsamen CO₂-Preis wollen – da ist Scholz dann eingeknickt.
Aber Nordhaus’ Arbeiten zeigen, dass ein solcher Club auch dann funktioniert, wenn anfangs nicht so viele Staaten dabei sind – dafür ist der Sanktionsmechanismus da. Und wir haben in Europa eine nicht zu unterschätzende Gruppe, die dazu bereit sein könnte – und das sind ja nun auch nicht die kleinsten Volkswirtschaften.
Sie sehen also eine Pflicht für den Deutschen Staat einen solchen Klimaclub zu gründen – egal, ob die ganz großen Volkswirtschaften da mitmachen?
Ja.
In Ihrem Buch argumentieren Sie innerhalb der Ethik und des Rechts. Wie aber sieht es mit politischer und ökonomischer Macht aus? Gibt es denn nicht gerade auch aus wirtschaftlichen Interessen der fossilen Konzerne heraus in der Deutschen Regierung überhaupt kein Interesse, einen solchen Club zu gründen?
Den Einfluss dieser Player gibt es natürlich. Gerade darin sehe ich als Juristin die Pflicht des Staates: sich davon zu lösen. Das ist doch – entschuldigen Sie den Begriff – lachhaft, wenn man sieht, dass das Umweltbundesamt den ökologischen Fußabdruck als Maßeinheit verwendet. Also einen geschickten Marketingtrick von BP aus dem Jahr 2004. Da hat man Fachleute, die alle sagen, das ist vollkommener Unsinn. Und trotzdem wird auch vom Staat der nachhaltige Konsument verlangt. Das ist fast schon zynisch.
Aber was ist in diesem Kontext die Verantwortung des Einzelnen – wenn die Regierung erkennbar nicht willens ist, wirksame Schritte einzuleiten?
Genau, das ist jetzt die Gretchenfrage: Müssen wir eigentlich alle die Grünen wählen? Oder uns an der Straße festkleben? Oder Suppe auf Gemälde werfen? Gibt es eine Pflicht zu zivilgesellschaftlichem Engagement? Rechtlich ist das klar: Die Meinungsfreiheit ist ein starkes Grundrecht. So sehr das den einen oder die andere schmerzen mag: Man kann sogar die Position vertreten, dass es gar keinen menschengemachten Klimawandel gibt. Vor diesem Hintergrund kann man auch keine Pflicht zum Engagement begründen. Ethisch würde ich die Meinungsfreiheit ähnlich stark gewichten und zum gleichen Ergebnis kommen.
Wie sieht es aber aus, wenn die mächtigen Player, von denen wir eben sprachen, aktiv gegen wirksamen Klimaschutz agieren? Ist das auch unter dem Schlagwort der Freiheit gedeckt, obwohl die Folgen der Klimakatastrophe die Grundlagen der Freiheit betreffen? Man könnte sagen, dass so jemand aktiv gegen die Freiheit anderer handelt – was auch in einem liberalen Freiheitsverständnis, für das Sie eintreten, problematisch ist.
Das ist ein spannendes Beispiel, weil nicht nur die Meinungsfreiheit betroffen ist, sondern auch noch so was wie Berufsfreiheit und allgemeine Handlungsfreiheit. Wenn sich der Betreffende zum Beispiel gegen einen Klimaclub engagiert, ist meine Antwort klar: Es überwiegt das Klimaschutzinteresse und das Verhalten ist entsprechend anzupassen. Um ein rechtliches Verbot zu begründen, müsste aber noch einiges an Gewicht des Verhaltens dazu kommen. Entscheidend wäre also etwa, wie hoch das Risiko ist, durch das individuelle Verhalten die Gründung eines solchen Clubs zu verhindern, wie wahrscheinlich es ist, dass ein solcher zeitnah gegründet wird ohne das Verhalten etc. Das sind – wie so oft – schwierige Abwägungsfragen. Und äußern darf sich der Betreffende stets kritisch – die Meinungsfreiheit umfasst nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts selbst solche Positionen, die andere, selbst eine Mehrheit, als unvernünftig beurteilt.
Eine andere Situation ist es aber, wenn ich Lobbyist bin und im EU-Parlament darauf hinwirke, dass bestimmte Gesetze zur CO₂-Reduktion nicht gemacht werden. Dann – nach dem, was wir vorhin gesagt haben – kann in der gegenwärtigen Situation keine Pflicht bestehen. Das vielleicht unerfreuliche Ergebnis ist dann, dass es die Grundrechtsposition des Betreffenden deckt, eine entsprechende Tätigkeit vorzunehmen.
Sind dort nicht aber die Positionen des Rechts und der Ethik etwas naiv gegenüber politischen Machtprozessen? Baut das Zulassen solcher Prozesse nicht politische Macht für Akteure auf, die dann auch gegen einen Klimaclub agitieren?
Da würde ich Ihnen sogar zustimmen. Nur würde ich noch etwas mehr verlangen und es nicht so im Diffusen lassen. Es müsste im konkreten Fall gezeigt werden, dass das greifbare Risiko besteht, dass solche Effekte herbeigeführt werden. So eine lose Vermutung, dass das passieren kann, würde mir nicht reichen. Wenn das aber gezeigt werden kann, dann bin ich ganz bei Ihnen – das müsste unterbunden werden. Für die Meinungsfreiheit gilt allerdings nach wie vor das schon Gesagte.
Eine andere These Ihres Buches ist, dass die Debatte zum Klima sich von einer Sachdebatte zu einer Haltungsdebatte entwickelt hat. Was ist der Unterschied?
Haltungsdebatten sind durch viele Schließungen gekennzeichnet. Da gibt es eine große Verletzlichkeit einzelner Akteure, die zum Beispiel sagen: „Nichts für den Klimaschutz tun zu wollen, verstößt so sehr gegen meine moralischen Vorstellungen, dass ich darüber schon gar nicht reden möchte.“ Bestimmte Personen sollen da also gar nicht am Diskurs teilnehmen. Dann entsteht automatisch die Logik von Lagern: Man redet übereinander, aber nicht mehr miteinander. Eine Sachdebatte dagegen wäre, genau diese Zumutung einzugehen und Schließungen zu überwinden. Dafür muss man gewisse Emotionen wie Angst und Wut aus der Debatte fernhalten.
Ist Angst nicht eine ziemlich rationale Reaktion angesichts der Klimakatastrophe?
Natürlich, Angst und auch Wut können als Reaktionen auf bestimmte Gefahren ganz rational sein – und sind es in diesem Fall auch. Aber das heißt nicht, dass in ihnen die Lösung liegt. Ein Diskurs, der durch Angst funktioniert, ist nicht lange tragbar. Das hat uns die Corona-Pandemie gezeigt: Angst einzusetzen macht Menschen erst einmal empfänglicher, gewisse Normen zu befolgen. Aber das trägt nur eine gewisse Zeit. Irgendwann setzt sich bei Menschen als rationalen Wesen der Kopf durch und dann stehen wir wieder an der Stelle, wo ich stand, als ich dieses Buch geschrieben habe, nämlich bei der Einsicht: Wir haben ein Riesenproblem, das muss gelöst werden, aber das, was wir im Augenblick machen, das bringt nicht die Lösung.
Oder beim Heizungsgesetz könnten Menschen denken: „Der Staat will mir doch nicht ernsthaft sagen, wenn ich jetzt eine Wärmepumpe ins Haus einbaue, ist das Klima gerettet – bei der globalen Situation, die wir haben?“ Menschen sind nicht dumm, im Gegenteil. Meine Sorge ist, wenn wir mit so einer Angstgeschichte anfangen, wie wir das bei Corona gemacht haben, dann löst das Frust aus, wenn die Menschen merken: „Ach, ich sollte eigentlich durch Angst manipuliert werden“. Deshalb plädiere ich dafür, Angst möglichst zurückzudrängen, um eine Sachdebatte zu eröffnen.
Die Frage ist doch: Wie kommen wir zu einer solchen Sachdebatte? Ist es nicht so – überspitzt gesagt – dass ihr Buch etwas zu spät kommt? Der moralische Zeigefinger in der Klimadebatte ist allmählich von einer Zurschaustellung von Schamlosigkeit verdrängt: „Drill, baby, drill!“, hat Trump gesagt und Neu-Rechte Influencer überbieten sich auf YouTube darin, wie viele „grüne Verbote“ man an einem Tag brechen kann. Diesem Phänomen kann man nicht mehr damit begegnen, die Klimadebatte von „ihrem moralischen Korsett zu befreien“, wie Sie schreiben – oder?
Da muss ich eine Sache vorwegschicken: Es ist wichtig, Kritik an Klimapolitik nicht mit bestimmten politischen Positionen gleichzusetzen – das passiert leider immer wieder. Leute haben zum Beispiel Angst, das Heizungsgesetz zu kritisieren, weil jemand sagen könnte: Du willst ja die AfD, du bist rechtsradikal.
Und dann würde ich sagen, dass die Situation in den USA eine andere ist als hier. In Deutschland nehme ich nicht wahr, dass wir in einer „Drill, baby, drill!“-Gesellschaft leben.
Mit der AfD haben wir eine Partei mit 25 Prozent in den Umfragen, die Trump-Elemente in den deutschen Diskurs einbringt – und auch in der CDU/CSU gibt es solche Fraktionen.
Ja, bei der AfD gibt es sogar im Parteiprogramm Aussagen, die den menschengemachten Klimawandel leugnen. Das geht in die Trump-Richtung. Aber, was die CDU angeht, muss man unbedingt differenzieren: Da nehme ich eher Stimmen wahr, von denen ich hoffe, dass sie mein Buch affiziert. Die sind gefrustet darüber, was aktuell so läuft. Mein Buch ist ein Versuch, deshalb nicht in einen „Whataboutism“ zu verfallen, in ein „Alles ist verloren“. Ich versuche zu sagen: Doch, es gibt einen Weg, den ihr gehen könnt. Eine Sachdebatte ist möglich.•
Frauke Rostalski hat seit 2018 den Lehrstuhl für Strafrecht und Rechtsphilosophie in Köln inne. Seit 2020 ist sie Mitglied des Deutschen Ethikrats. Ihr Buch „Wer soll was tun? Warum wir nicht zum Klimaschutz verpflichtet sind und worin unsere Verantwortung eigentlich besteht“ erschien kürzlich bei C. H. Beck.
Nico Graack arbeitet am Institut für Philosophie, Psychoanalyse und Kulturwissenschaften in Berlin sowie an der Karls-Universität Prag. Er promoviert zu Lacans Logik und ihrer Interpretation in der Ljubljana-Schule. Zuletzt erschien von ihm: „Rotten Flesh. Natur und Klima im Fokus von Logik und Ontologie bei Merleau-Ponty und Lacan“ (Traugott Bautz, 2025).
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