Ich chatte, also bin ich
Im Gespräch mit einem Google-Mitarbeiter soll der neu entwickelte Chatbot LaMDA einen Anwalt gefordert haben, um seine Interessen zu schützen.
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LaMDA – von Chatbots und Engeln
Der Google-Mitarbeiter Blake Lemoine behauptete jüngst, dass eine künstliche Intelligenz ein Bewusstsein entwickelt hätte. Möglich, meint der Philosoph Stefan Lorenz Sorgner, im Hinblick auf neue Technologien aber nicht die entscheidende Frage.

Gibt es einen guten Tod?
Es ist stockdunkel und absolut still. Ich liege auf dem Rücken, meine gefalteten Hände ruhen auf meinem Bauch. Wie zum Beweis, dass ich noch lebe, bewege ich den kleinen Finger, hebe ein Knie, zwinkere mit den Augen. Und doch werde ich, daran besteht nicht der geringste Zweifel, eines Tages sterben und wahrscheinlich genauso, wie ich jetzt daliege, in einem Sarg ruhen … So oder so ähnlich war das damals, als ich ungefähr zehn Jahre alt war und mir vor dem Einschlafen mit einem Kribbeln in der Magengegend vorzustellen versuchte, tot zu sein. Heute, drei Jahrzehnte später, ist der Gedanke an das Ende für mich weitaus dringlicher. Ich bin 40 Jahre alt, ungefähr die Hälfte meines Lebens ist vorbei. In diesem Jahr starben zwei Menschen aus meinem nahen Umfeld, die kaum älter waren als ich. Wie aber soll ich mit dem Faktum der Endlichkeit umgehen? Wie existieren, wenn alles auf den Tod hinausläuft und wir nicht wissen können, wann er uns ereilt? Ist eine Versöhnung mit dem unausweichlichen Ende überhaupt möglich – und wenn ja, auf welche Weise?

Plan frei
Freie Planwirtschaft ist eine innerhalb ökologischer Grenzen operierende, demokratische Wirtschaftsordnung, die auf die Berücksichtigung der Bedürfnisse aller Menschen und anderer Lebewesen ausgerichtet ist. Freiheit, Sicherheit und Luxus werden neu gedacht, individuelle mit allgemeinen Interessen in Aushandlungsprozessen vermittelt. In Philosophie, Ökonomie und Soziologie wird zu demokratischer Planwirtschaft nicht nur geforscht, sondern auch deren Umsetzung gefordert. Ein Manifest in zehn Punkten.

Und woran zweifelst du?
Wahrscheinlich geht es Ihnen derzeit ähnlich. Fast täglich muss ich mir aufs Neue eingestehen, wie viel Falsches ich die letzten Jahre für wahr und absolut unumstößlich gehalten habe. Und wie zweifelhaft mir deshalb nun alle Annahmen geworden sind, die auf diesem Fundament aufbauten. Niemand, dessen Urteilskraft ich traute, hat den Brexit ernsthaft für möglich gehalten. Niemand die Wahl Donald Trumps. Und hätte mir ein kundiger Freund vor nur zwei Jahren prophezeit, dass im Frühjahr 2017 der Fortbestand der USA als liberaler Rechtsstaat ebenso ernsthaft infrage steht wie die Zukunft der EU, ich hätte ihn als unheilbaren Apokalyptiker belächelt. Auf die Frage, woran ich derzeit am meisten zweifle, vermag ich deshalb nur eine ehrliche Antwort zu geben: Ich zweifle an mir selbst. Nicht zuletzt frage ich mich, ob die wundersam stabile Weltordnung, in der ich als Westeuropäer meine gesamte bisherige Lebenszeit verbringen durfte, sich nicht nur als kurze Traumepisode erweisen könnte, aus der wir nun alle gemeinsam schmerzhaft erwachen müssen. Es sind Zweifel, die mich tief verunsichern. Nur allzu gern wüsste ich sie durch eindeutige Fakten, klärende Methoden oder auch nur glaubhafte Verheißungen zu befrieden.
Die Überwindung der Moderne durch den technischen Fortschritt
Die Google-KI LaMDA konfrontiert uns mit der Möglichkeit bewusster Maschinen. Diese Bewusstwerdung stellen wir uns meist als Schreckensszenario vor. Sie lässt sich aber auch anders deuten: Als Ende eines instrumentellen und verdinglichenden Weltzugriffs.

Wer ist mein wahres Selbst?
Kennen Sie auch solche Abende? Erschöpft sinken Sie, vielleicht mit einem Glas Wein in der Hand, aufs Sofa. Sie kommen gerade von einem Empfang, viele Kollegen waren da, Geschäftspartner, Sie haben stundenlang geredet und kamen sich dabei vor wie ein Schauspieler, der nicht in seine Rolle findet. All diese Blicke. All diese Erwartungen. All diese Menschen, die etwas in Ihnen sehen, das Sie gar nicht sind, und Sie nötigen, sich zu verstellen … Wann, so fragen Sie sich, war ich heute eigentlich ich? Ich – dieses kleine Wort klingt in Ihren Ohren auf einmal so seltsam, dass Sie sich unwillkürlich in den Arm kneifen. Ich – wer ist das? Habe ich überhaupt so etwas wie ein wahres Selbst? Wüsste ich dann nicht zumindest jetzt, in der Stille des Abends, etwas Sinnvolles mit mir anzufangen?
Verrat an der afghanischen Demokratie
Die katastrophale Lage in Kabul hält an. Thomas Rudhof-Seibert, Philosoph und Mitarbeiter der Hilfsorganisation medico international, protokolliert, was seine Kontakte vor Ort erleben, und erklärt, warum westliche Regierungen die afghanische Demokratie verraten haben.

Ich weiß nicht, was soll es bedeuten, dass ich so mütend bin
Um die pandemische Grundstimmung auf den Punkt zu bringen, sind neue Wörter entstanden: „mütend“ im Deutschen, „languishing“ im Englischen. Beide weisen Ähnlichkeiten zu einem Gefühl auf, mit der die Philosophie sich immer wieder beschäftigte: die Melancholie.
