„Jahrhunderte voller Langeweile“? – Das Fukuyama-Missverständnis
„Das Ende der Geschichte wird eine sehr traurige Zeit sein“, schrieb Francis Fukuyama 1989 und sagte sogar „Jahrhunderte voller Langeweile“ voraus. Eine Fehlprognose? Keineswegs. Der Politologe wurde missverstanden – was nicht nur die Rückkehr der Kriege zeigt.
Selten ist ein Buch so gründlich missverstanden worden. Francis Fukuyamas Das Ende der Geschichte gilt als naives Manifest des unipolaren Moments nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion; seine These, die geschichtliche Entwicklung laufe auf einen weltweiten Sieg der liberalen Demokratie kapitalistischer Prägung hinaus, als längst widerlegt.
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