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Bild: Universaldilletant / Flickr (CC BY-NC-SA 2.0)

Impuls

Klingt komisch, ist aber so

Matthias Warkus veröffentlicht am 01 März 2021 4 min

Diese Woche wird Die Sendung mit der Maus 50 Jahre alt. Seit ihrer Erstausstrahlung am 7. März 1971 hat sie Generationen von Kindern begeistert. Der Philosoph Matthias Warkus gratuliert zum Geburtstag und erklärt, warum gerade die Sachgeschichten einen ehrlichen Blick auf die hyperkomplexe Moderne liefern.

 

Die Sendung mit der Maus wird 50 und ist damit etwas mehr als zehn Jahre älter als ich selber. Und obwohl es mir sonst gar nicht schnell genug damit gehen kann, dass alles Ständische und Stehende am deutschen Fernsehen verdampft, obwohl ich das Ende von Wetten, dass…? gefeiert habe und immer noch utopisch hoffe, dass meine etwaigen Kinder in einer Welt ohne Tatort aufwachsen mögen, wünsche ich der Sendung mit der Maus, dass sie nie aufhört. Klingt komisch, ist aber so.

Warum? Das Karnevaleske der Animationsclips mit der Maus, die doppelt so groß ist wie der Elefant, hat mich nie so wirklich erreicht. (Ich war immerhin bei der schicksalhaften Einführung der Ente 1987 bereits alt genug, um sie als Parvenü zu empfinden, und traue ihr bis heute nicht ganz über den Weg.) Die Lachgeschichten fand ich oft langweilig. Ich glaube, nicht nur für mich gilt: So, wie die Antriebskette der Herzschlag des Fließbands bei Ford in Saarlouis ist, sind die Sachgeschichten der Herzschlag der Sendung mit der Maus.

 

Schule des Konstruktivismus

 

Aber weshalb braucht die ohnehin vielfach gelobhudelte Sendung jetzt noch ein Lob aus der Feder eines Philosophen? Ich möchte behaupten: Sie braucht es gerade, weil sie in erster Näherung so unphilosophisch ist. Die Sachgeschichten bieten einen von ehrlicher, aber nicht unkritischer, gleichschwebender Aufmerksamkeit geprägten Blick auf die hyperkomplexe Realität der modernen Gesellschaft; einen Blick, dem vom Steillagenweinbau an der Mosel bis hin zur Verhandlung einer Anklage wegen Raubes vor dem Jugendschöffengericht nichts Technisches und nichts Menschliches fremd ist. Dabei werden selbst in den arbeitsteiligsten technischen Zusammenhängen immer wieder Menschen als kompetente Akteure sichtbar, die Praktiken beherrschen, die sich in einer simplen Beschreibung nicht erschöpfen – Rebschnitt, Spargelstechen, Richten von Autotüren mit Hammer und Augenmaß oder auch bloß das koordinierte Einkleben von Scheiben in einen ICE-Wagen, bei dem zwei Personen auf beiden Seiten der Wand ganz langsam, gleichmäßig und synchron arbeiten müssen. Die Sachgeschichten verwirklichen letztlich das, was der sozialistische Realismus bloß versprochen hat.

Der gehaltvolle Praxisbegriff, den man mit der Sendung mit der Maus gewinnen kann, ist aber in größtem Respekt nicht nur vor vorwissenschaftlichem und vorphilosophischem Know-how, sondern auch ebenso vor den Leistungen der Technik und der exakten Wissenschaft fundiert. Wenn beim Special zum Flugzeugbau die Passung zweier riesiger Flugzeugteile mit blauer Farbe geprüft und von Hand nachkorrigiert wird, begegnen sich nicht nur in der eigens als Hintergrundmusik komponierten lateinischsprachigen Vertonung der Ikarussage Himmel und Erde. Hier deutet sich auch an, wie sich die Idee der geometrischen Ebene aus der lebensweltlichen Praxis des Bearbeitens von Passflächen herleiten lässt – eine Schlüsselerkenntnis für die Erlanger Schule des Konstruktivismus und daran anschließende Philosophen wie Peter Janich (1942–2016). Janichs ehrliche, analytische Begeisterung für technische Praktiken, die ich in seinen Marburger Vorlesungen noch erlebt habe, ist sozusagen die genaue Abbildung der Maus-Weltsicht ins Philosophische.

 

Zugang zu den letzten Dingen

 

Dabei weisen die Sachgeschichten selbst immer wieder ganz beiläufig über die bloßen technischen Praktiken hinaus, etwa wenn Armin Maiwald beim Geschirrspülen kommentiert, das sei langweilig, aber man könne dabei schön nachdenken. Oder natürlich bei der legendären Folge Abschied von der Hülle, die auf lakonische und stets nur andeutende Weise ziemlich genau skizziert, welcher Zugang zu den letzten Dingen in einer weitgehend säkularisierten Gesellschaft noch möglich ist. Von der handwerklichen Perfektion, mit der das alles filmisch umgesetzt ist, möchte ich gar nicht reden. So sieht die Welt, durch das Auge der Sachgeschichten angeschaut, also aus: Alles ist interessant, alles ist zugleich selbstverständlich und wundervoll, aber das heißt nicht, dass deswegen auch gleich alles gut wäre. Das ist nicht die schlechteste Sicht auf die Dinge, und ein hervorragender Ausgangspunkt für die Philosophie. Daher sage ich aus vollem Herzen danke; und wünsche der Sendung mit der Maus nur das Allerbeste für die nächsten (mindestens) 50 Jahre. Καλά Γενέθλια! (Das war Altgriechisch.)

 

P.S.: Ein lesenswerter Text über das Verhältnis der Sendung mit der Maus zur Philosophie ist das Interview mit Armin Maiwald, das Caroline Heinrich und Daniela Berner-Zumpf für den Band „Alle Tassen fliegen hoch!“ – Eine Kritik der Kinderphilosophie (Beltz Juventa 2020) geführt haben. •

 

Matthias Warkus ist Philosoph und lehrt u.a. an der Friedrich-Schiller-Universität Jena und der Bauhaus-Universität Weimar. Zudem ist er Chefredakteur der Deutschen Zeitschrift für Philosophie.

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