Direkt zum Inhalt
Menu Top
    Anmelden Hefte kaufen Abonnieren
Navigation principale
  • Startseite
  • Impulse
  • Essays
  • Dossiers
  • Gespräche
  • Hefte
  • Sonderausgaben
  • Philosophen
  • Begriffslexikon
  • Bücher
rechercher
 Philosophie Magazin - Impulse für ein freieres Leben
Menu du compte de l'utilisateur
    Anmelden Hefte kaufen Abonnieren
Navigation principale
  • Startseite
  • Impulse
  • Essays
  • Dossiers
  • Gespräche
  • Hefte
  • Sonderausgaben
  • Philosophen
  • Begriffslexikon
  • Bücher
Tag - Body
Tag - Body

Bild: Luca Bravo (Unsplash)

Essay

Können Tote E-Mails schreiben?

Patrick Stokes veröffentlicht am 16 Dezember 2021 8 min

Seit jeher stellte die elektronische Fernkommunikation herrschende Vorstellungen des Todes infrage: Telegraf und Telefon hatten etwas buchstäblich Jenseitiges, sodass viele Zeitgenossen auf eine Hotline zu den Verstorbenen hofften. Heute, im durchdigitalisierten Zeitalter, offenbart sich dieses Phänomen auf neue Art: Wie umgehen damit, wenn Menschen nach ihrem Tod noch digital „weiterleben“?

 

An einem Abend im November 2011 saß Tim Hart auf seiner Couch, da erhielt er eine E-Mail mit dem Betreff: „Ich sehe alles“. Die Nachricht war kurz und bündig: „Hast du mich gehört? Ich bin in deinem Haus. Räum deinen verdammten Dachboden auf!!! – Jack Froese“. Jack Froese war ein guter Jugendfreund von Hart. Ein paar Monate zuvor waren Froese und Hart auf Harts Dachboden in seinem Haus in Dunmore, Pennsylvania, gewesen. Jack hatte sich damals darüber lustig gemacht, wie unordentlich es dort war. Nun schien er es erneut zu tun. Allerdings war Jack inzwischen tot. Im Juni desselben Jahres war Froese plötzlich an einer Herzrhythmusstörung gestorben, im ungewöhnlich jungen Alter von 32 Jahren. Monate später begann er, E-Mails an Leute zu schicken. Wer auf diese E-Mails antwortete, erhielt nie eine Antwort. Schließlich hörten die Nachrichten so plötzlich auf, wie sie begonnen hatten.

Nicht lange nach Froeses Tod versammelte sich auf der anderen Seite des Atlantiks eine Gruppe von Philosophen in einem Seminarraum und folgte David Oderberg, Professor für Philosophie an der Universität Reading, bei einem kuriosen Gedankenexperiment: Was wäre, wenn Sie eine anonyme E-Mail erhielten, die Informationen enthielte, in die nur Sie allein eingeweiht wären? In Oderbergs Beispiel könnte die E-Mail lauten: „Ich weiß, dass du am liebsten Mr. Watson umgebracht hättest, weil er dich in der Englischprüfung durchfallen ließ“ – etwas, das du noch nie jemandem erzählt hast –, „aber du hattest es verdient durchzufallen.“ Wer könnte der Absender dieser Nachricht sein: Gott? Ihr zukünftiges Ich? Ein Spambot, dessen willkürlich generierte Nachricht zufällig Ihr früheres Leben beschreibt? Der verstorbene Mr. Watson, der jetzt posthum weiß, was Sie an jenem Tag empfunden haben, und der die Sache richtigstellen möchte? Für den konkreten Zweck der Interaktion, so Oderberg, spiele das keine Rolle, so wie es für einen Soldaten, der auf dem Schlachtfeld einen Befehl erhält, auch keine Rolle spielt, ob dieser vom Oberst oder vom General komme.

Beide Optionen besitzen, wie Oderberg es bezeichnet, „telische Möglichkeit“. Etwas ist telisch möglich, wenn es ebenso gut hätte wahr sein können. Der Zweck des Befehls besteht darin, eine Handlung anzuordnen. Er könnte genauso gut vom Oberst wie vom General kommen: Ein Befehl ist ein Befehl. Nicht selten, so Oderberg, ist es bei der elektronischen Kommunikation genau so. Wenn man nur wissen will, wie man zum nächsten Supermarkt kommt, ist die GPS-Navigation mit automatisierter Sprache ebenso effektiv wie ein Mensch, der neben einem sitzt und eine Straßenkarte liest. Jemand, der glaubt, dass am anderen Ende des Navis ein Mensch aus Fleisch und Blut sitzt, der ihm in Echtzeit Fahranweisungen vorliest, wird genauso schnell an sein Ziel gelangen wie jemand, der weiß, dass er einem Computer zuhört. Die Stimme könnte ebenso gut zu einer Person gehören wie Teil einer Software sein.

Es gibt noch andere plausible, irdische Erklärungen für Jacks E-Mails, auch wenn nicht alle davon zutreffen. Sie können nach Ihrem Tod eine E-Mail verschicken, wenn Sie diese zuvor einplanen. Es gibt sogar Online-Dienste, die speziell darauf ausgelegt sind, nach Ihrem Tod in Ihrem Namen vorgefertigte Nachrichten zu versenden. Einige setzen darauf, dass ein Angehöriger den Dienst kontaktiert, um ihn über den Tod des Nutzers zu informieren. Andere verlangen, dass sich der Nutzer in bestimmten Abständen anmeldet oder auf regelmäßige E-Mails antwortet, und gehen davon aus, dass der Nutzer gestorben ist, wenn er nicht antwortet. (Wenn Sie also unbedingt einen solchen Dienst nutzen wollen, um anderen mitzuteilen, wie sehr Sie sie insgeheim gehasst, betrogen oder begehrt haben, sollten Sie sichergehen, dass Sie nicht in ein längeres Koma fallen und dann wieder aufwachen. Das könnte unangenehm werden.)

Philosophie Magazin +

 

Testen Sie Philosophie Magazin +
mit einem Digitalabo 4 Wochen kostenlos
oder geben Sie Ihre Abonummer ein


- Zugriff auf alle PhiloMagazin+ Inhalte
- Jederzeit kündbar
- Einfache Registrierung per E-Mail
- Im Printabo inklusive

Hier registrieren


Sie sind bereits Abonnent/in?
Hier anmelden


Sie sind registriert und wollen uns testen?
Probeabo

  • Email
  • Facebook
  • Linkedin
  • Twitter
  • Whatsapp
Anzeige
Tag - Body

Weitere Artikel

Artikel
6 min

Wer ist mein wahres Selbst?

Svenja Flasspoehler 01 April 2016

Kennen Sie auch solche Abende? Erschöpft sinken Sie, vielleicht mit einem Glas Wein in der Hand, aufs Sofa. Sie kommen gerade von einem Empfang, viele Kollegen waren da, Geschäftspartner, Sie haben stundenlang geredet und kamen sich dabei vor wie ein Schauspieler, der nicht in seine Rolle findet. All diese Blicke. All diese Erwartungen. All diese Menschen, die etwas in Ihnen sehen, das Sie gar nicht sind, und Sie nötigen, sich zu verstellen … Wann, so fragen Sie sich, war ich heute eigentlich ich? Ich – dieses kleine Wort klingt in Ihren Ohren auf einmal so seltsam, dass Sie sich unwillkürlich in den Arm kneifen. Ich – wer ist das? Habe ich überhaupt so etwas wie ein wahres Selbst? Wüsste ich dann nicht zumindest jetzt, in der Stille des Abends, etwas Sinnvolles mit mir anzufangen?


Gespräch
4 min

Catherine Malabou: „Kryptowährungen stellen die Idee des Staates infrage“

Octave Larmagnac-Matheron 12 Oktober 2020

Die chinesische Zentralbank hat Mitte September ihr Vorhaben bekräftigt, einen digitalen Yuan einzuführen. Das ist nur eines von vielen Beispielen für den zunehmenden Willen von Staaten, auf dem Gebiet der Kryptowährungen mitzuhalten – die Philippinen, Schweden, Uruguay, Mexiko und selbst die Eurozone verfolgen ähnliche Projekte. Für die Philosophin Catherine Malabou ist dies ein Widerspruch in sich, da Kryptowährungen auf anarchistischen Prinzipien von Horizontalität und Dezentralisierung beruhen, die die Währungshoheit von Staaten und Zentralbanken infrage stellen.

Catherine Malabou: „Kryptowährungen stellen die Idee des Staates infrage“

Artikel
6 min

Gibt es einen guten Tod?

Svenja Flasspoehler 18 Dezember 2015

Es ist stockdunkel und absolut still. Ich liege auf dem Rücken, meine gefalteten Hände ruhen auf meinem Bauch. Wie zum Beweis, dass ich noch lebe, bewege ich den kleinen Finger, hebe ein Knie, zwinkere mit den Augen. Und doch werde ich, daran besteht nicht der geringste Zweifel, eines Tages sterben und wahrscheinlich genauso, wie ich jetzt daliege, in einem Sarg ruhen … So oder so ähnlich war das damals, als ich ungefähr zehn Jahre alt war und mir vor dem Einschlafen mit einem Kribbeln in der Magengegend vorzustellen versuchte, tot zu sein. Heute, drei Jahrzehnte später, ist der Gedanke an das Ende für mich weitaus dringlicher. Ich bin 40 Jahre alt, ungefähr die Hälfte meines Lebens ist vorbei. In diesem Jahr starben zwei Menschen aus meinem nahen Umfeld, die kaum älter waren als ich. Wie aber soll ich mit dem Faktum der Endlichkeit umgehen? Wie existieren, wenn alles auf den Tod hinausläuft und wir nicht wissen können, wann er uns ereilt? Ist eine Versöhnung mit dem unausweichlichen Ende überhaupt möglich – und wenn ja, auf welche Weise?

Gibt es einen guten Tod?

Impulse
3 min

Warum verschieben wir alles auf morgen?

Jack Fereday 26 November 2020

Sie lesen diesen Text, obwohl Sie eigentlich E-Mails abarbeiten, Wäsche waschen, die Steuererklärung erledigen müssten? Doch warum prokrastinieren wir überhaupt? Hier vier philosophische Erklärungen.

 

Warum verschieben wir alles auf morgen?

Essay
7 min

Das Denken im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit

Wolfram Eilenberger 18 Oktober 2014

Denken zu können, das unterscheidet den Menschen mutmaßlich von allen anderen Wesen. Doch worauf beruht dieses Vermögen? Heißt Denken Rechnen? Besteht sein Wesen in der Fähigkeit, eigene Urteile zu fällen? Oder läge an seinem Grund gar das erotische Begehren nach Weisheit? Vor allem aber: Wie können wir uns in der Kunst des Denkens schulen?

Im Zeitalter immer leistungsstärkerer Denkmaschinen könnte sich an diesen Fragen nicht weniger als die Zukunft unserer Art entscheiden. Höchste Zeit also, gemeinsam darüber nachzudenken


Essay
14 min

Tod aus Verzweiflung

Jack Fereday 01 Februar 2020

Alkohol, Drogen, Selbstmord: In den USA schießt die Zahl der Todesfälle in die Höhe, während die Wirtschaft immer weiter wächst. Unser Reporter versucht, dieses Paradox mit der Soziologie von Émile Durkheim zu ergründen.

Tod aus Verzweiflung

Essay
8 min

Das falsche Versprechen der Arbeit

Byung-Chul Han 15 Oktober 2015

Wer seinen Lebenssinn in der Arbeit sucht, gibt sich damit bereits als Sklave unseres Zeitalters zu erkennen. Gefordert ist vielmehr ein radikaler Bruch mit der herrschenden Leistungslogik. Für Byung-Chul Han liegt er in einer Besinnung auf die göttliche Zeit des Feierns und Spielens. Ein Appell


Artikel
1 min

24. Türchen

Philomag Redaktion 24 Dezember 2020

Von der Neuerscheinung bis zum Klassiker: In unserem Adventskalender empfahl das Team des Philosophie Magazins vom 1. Dezember bis heute jeden Tag ein Buch zum Verschenken oder Selberlesen. Im 24. Türchen: zum Abschluss eine weihnachtliche Überraschung!

Wir verlosen 3x ein Jahresabo Plus. Darin enthalten sind alle 6 regulären Ausgaben, 3 Sonderausgaben sowie der Zugang zu sämtlichen Online-Inhalten.

Zur Teilnahme schicken Sie einfach eine Mail mit dem Betreff „Weihnachten“ an gewinnspiel@philomag.de Einsendeschluss ist der 26.12.2020 um 23:59 Uhr. Die Gewinnerinnen und Gewinner werden per Zufallslos bestimmt und am 27.12.2020 per Mail benachrichtigt.

Viel Glück und ein frohes Fest!

24. Türchen

Artikel aus der Sonderausgabe Nr.Sonderausgabe 20 Dezember 2021 Online Vorschau
Anzeige
Tag - Body
Hier für unseren Newsletter anmelden!

In einer Woche kann eine ganze Menge passieren. Behalten Sie den Überblick und abonnieren Sie unseren Newsletter „Denkanstöße“. Zweimal in der Woche bekommen Sie die wichtigsten Impulse direkt in Ihre Inbox.


(Datenschutzhinweise)

Jetzt anmelden!

Fils d'ariane

  1. Zur Startseite
  2. Artikel
  3. Können Tote E-Mails schreiben?
Philosophie Magazin Nr.Nr. 65 - Juli 2022
Philosophie magazine : les grands philosophes, la préparation au bac philo, la pensée contemporaine
August/September 2022 Nr. 65
Online Vorschau
Philosophie magazine : les grands philosophes, la préparation au bac philo, la pensée contemporaine
Rechtliches
  • Werbung
  • Datenschutzerklärung
  • Impressum
Soziale Netzwerke
  • Facebook
  • Instagram
  • Twitter
  • RSS
Philosophie Magazin
  • Über uns
  • Unsere App
  • PhiloMag+ Hilfe
  • Abonnieren

3 Hefte frei Haus und PhiloMag+ Digitalzugang für nur 18 €

Jetzt ausprobieren!