Kulturanzeiger – Dieter Thomä: „Post-. Nachruf auf eine Vorsilbe“
In unserem Kulturanzeiger stellen wir in Zusammenarbeit mit Verlagen ausgewählte Neuerscheinungen vor, machen die zentralen Ideen und Thesen der präsentierten Bücher zugänglich und binden diese durch weiterführende Artikel an die Philosophiegeschichte sowie aktuelle Debatten an. Diesmal im Fokus: Post-. Nachruf auf eine Vorsilbe von Dieter Thomä, erschienen bei Suhrkamp.
Ein Blick auf die erste Liga der Vorsilben
Die Vorsilbe „Post-“ mag die einflussreichste in den Geistes- und Sozialwissenschaften seit 1945 sein. Die einzige, die unsere Gegenwart prägt, ist sie aber sicher nicht. Der ersten Liga der wichtigsten Vorsilben hat sich Dieter Thomä in seiner exklusiven Reihe für das Philosophie Magazin gewidmet. Lesen Sie hier eine ideale Ergänzung zum Buch Post-.
Den Blick philosophisch weiten: Was alles ist „Post-“?
Vom Populismus zum „Postpopulismus“

Weder Faschist noch Populist: Für den Politologen Thibault Muzergues ist die italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni die Galionsfigur einer neuen politischen Ideologie, die in Europa immer größeren Einfluss hat – der „Postpopulismus“.
Die Postmoderne ist nicht postfaktisch

Mit seiner Kritik an der Rationalität und den Wissenschaften sowie seiner Betonung des Leibes und der Sprache wurde Nietzsche schon früh für die Kritische Theorie ein wichtiger Ideengeber und ab den 1960er-Jahren zu einer zentralen Inspirationsquelle für die Postmoderne. Geschichte eines Langzeiteinflusses.
Nach dem Poststrukturalismus

Die Gedichte der afroamerikanischen Lyrikerin Amanda Gorman sollten von einer weißen Übersetzerin ins Niederländische übertragen werden. Nach Kritik trat diese nun von dem Auftrag zurück. Der Fall zeigt: Die einst vom Poststrukturalismus beerdigte Autoreninstanz ist wieder auferstanden. Doch um welchem Preis?
Achille Mbembe: „Ich gehöre nicht zur Denkschule des Postkolonialismus“

Die Erde ist ein Projekt, das die Menschen erst noch verwirklichen müssen, wenn sie nicht das Lebendige und sich selbst zerstören wollen. Ein Gespräch mit dem Philosophen Achille Mbembe über den Wert afrikanischer Mythen für die Bewältigung der ökologischen Krise.
Posthumanismus – Silicon Sowjets

Google, Amazon und Co entdecken das Unternehmen Unsterblichkeit. So wie 100 Jahre zuvor eine Gruppe sowjetischer Denker. Die Schriften dieser kommunistischen Philosophen und die Utopie des Silicon-Valley-Kapitalismus weisen erstaunliche Parallelen auf. Sie verraten viel über unsere Bereitschaft, Freiheit gegen Erlösung einzutauschen
Dieter Thomäs Perspektive in Post-
Zum weltweiten Einsatz kommt „Post-“ in Großwörtern wie „Posthistoire“, „Postmoderne“ oder „Postkolonialismus“ sowie in zahllosen weiteren Kombinationen. Offensichtlich ist es Trend geworden, sich in die Nachzeit einer Vorzeit zu versetzen. Doch nicht hinter jedem Erfolg steckt eine gute Idee. Das ist auch hier der Fall, wie Dieter Thomä in seiner aufregenden Kritik jener Geistes- und Lebenshaltung zeigt, die auf den Post-Weg geraten ist.
Nicht nur zeugt es laut Thomä von epochaler Einfallslosigkeit, ein altes Wort mit „Post-“ zu schmücken und als letzten Schrei auszugeben. Darüber hinaus haben die Post-Theoretiker ein grundsätzliches Problem: Sie lassen etwas hinter sich und schleppen es doch weiter mit. Sie fahren in die Zukunft, schauen dabei aber dauernd in den Rückspiegel. Sie bleiben in der Ambivalenz zwischen Anhänglichkeit und Aufbruch stecken. Höchste Zeit also für die Verabschiedung der Postismen unserer Zeit. Dieter Thomäs neues Buch ist ihr Nachruf und zugleich ein Plädoyer für etwas von ihnen Verschiedenes: Geistesgegenwart.
Lesen Sie hier die Rezension von Post- aus der aktuellen Ausgabe des Philosophie Magazin.
Dieter Thomä im Gespräch
Für die Sendung Sein und Streit sprach Dieter Thomä mit dem Philosophen Wolfram Eilenberger über sein neues Buch sowie über die Frage: Wann ist das Nachher vom Vorher was Eigenes?
Im Gespräch mit Ulrike Ostner erklärt Dieter Thomä, warum er die Vorsilbe „Post-“ gerne zu Grabe tragen möchte.
Seit 1945 hat keine Vorsilbe die Geistes- und Sozialwissenschaften so geprägt wie „Post-“. In Begriffen wie Postmoderne, Postkolonialismus oder Posthistoire wurde sie zur Ikone eines Denkens, das sich gerne in die Nachzeit einer Vorzeit verortet. Doch hinter dem Erfolg des populären Wortbestandteils steckt laut Dieter Thomä nicht unbedingt eine gute Idee. Warum das so ist, erläutert der Autor am 27. März live im Gespräch mit der taz auf der Leipziger Buchmesse.
Zur Person
Dieter Thomä, geboren 1959, ist emeritierter Professor für Philosophie an der Universität St. Gallen. 1996 erhielt er den Joseph-Roth-Preis für internationale Publizistik (Preis für Essayistik). Sein Buch Puer robustus. Eine Philosophie des Störenfrieds stand 2017 auf der Shortlist des Tractatus-Preises. Sein neues Buch Post-. Nachruf auf eine Vorsilbe erschien am 17. März bei Suhrkamp.
Weitere Interviews mit Dieter Thomä aus dem Philosophie Magazin
• „Wenn Soldaten Helden sind, dann zweiten Ranges“
• „Die USA laufen Gefahr, sich in zwei gänzlich parallele Gesellschaften zu entwickeln“
• „Wer einen guten, wohltuenden Frieden stört, ist einfach nur ein Querulant“
Veranstaltungstermine zum Buch Post-
Im Gespräch mit Philipp Felsch präsentiert Dieter Thomä sein Buch Post- (Moderation: Eva Geulen)
Wann: Dienstag, 25.03.2025, 18:30 Uhr
Wo: Leibniz-Zentrum für Literatur- und Kulturforschung; Meierottostr. 8; 10719 Berlin
Im Rahmen der Leipziger Buchmesse und des Sachbuchforum im Rahmen von Leipzig liest Dieter Thomä präsentiert sein Buch Post- (Moderation: Natascha Freundel, rbb)
Wann: Donnerstag, 27.03.2025, 18:00 Uhr
Wo: Leipziger Stadtbibliothek; Wilhelm-Leuschner-Platz 10-11; 04107 Leipzig
Im Rahmen der Leipziger Buchmesse Dieter Thomä im Gespräch mit Christine Käppeler über sein Buch Post-
Wann: Donnerstag, 27.03.2025, 13:00 Uhr
Wo: Messegelände; Forum Sachbuch; Halle 5, E700; Messe-Allee 1; 04356 Leipzig
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