Leben wir im Technofeudalismus?
Big Tech ist das neue Feindbild der Linken. Sie vergleichen die Geschäftspraktiken von Amazon, xAI und Co. neuerdings mit dem Lehnswesen aus dem Mittelalter. So hätten immaterielle Vermögenswerte wie Daten und Algorithmen eine neue Form von Feudalrente hervorgebracht. Doch stimmt diese Analyse?
Von Paris bis Madrid wird die europäische Linke gerade vom sogenannten Technofeudalismus heimgesucht. Jean-Luc Mélenchon, Gründer der Bewegung La France insoumise, fordert einerseits Gewinnsteuern von den neuen „digitalen Feudalherren“, andererseits schreibt er, dass die künstliche Intelligenz (KI) „nicht außerhalb der kapitalistischen Realität steht: Sie ist Teil eines Technofeudalismus, in dem einige wenige Akteure die Feudalrenten einstreichen.“ Gewinne oder Renten? Kapitalismus oder Feudalismus? Mélenchons Wirtschaft ähnelt Schrödingers Katze, die durch die Straßen von Palo Alto streunt: Sie ist lebendig und tot, kapitalistisch und feudal.
Philosophie Magazin +
Testen Sie Philosophie Magazin +
mit einem Digitalabo 4 Wochen kostenlos
oder geben Sie Ihre Abonummer ein
- Zugriff auf alle PhiloMagazin+ Inhalte
- Jederzeit kündbar
- Im Printabo inklusive
Sie sind bereits Abonnent/in?
Hier anmelden
Sie sind registriert und wollen uns testen?
Probeabo
Weitere Artikel
Effective Accelerationism: Die neue Silicon-Valley-Ideologie ist dunkel und kalt
Die Tech-Szene ist auch eine Ansammlung von Ideenlaboren. Neben Versuchen, die Technologie zum Wohle der Menschheit einzusetzen, gibt es neuerdings eine Weltanschauung, die auf Beschleunigung, Entfesselung und Kampf setzt.
Abschied vom Einzelkämpfer
Neuerdings zeigen Naturdokus nicht mehr nur den blutigen Kampf ums Überleben, sondern immer öfter die Zusammenarbeit der Spezies. Dem entspricht ein gesellschaftlicher Wandel: An die Stelle der Rede von konkurrierenden Individuen tritt die von wechselseitiger Verbundenheit. Mit welchen Folgen?
Worauf Banker neuerdings schwören
Seit dem 1. Januar 2015 sollen in den Niederlanden Banker einen Berufseid ablegen. Genügt ein symbolischer Akt, um das Vertrauen in diese Berufsgruppe wiederherzustellen?
„Algorithmen sind politisch“
Ob Tracking-App, Videokonferenzen oder Fallzahlprognosen: Die Pandemie führt zu einer Ausbreitung digitaler Techniken. Doch was macht die Allgegenwart von Algorithmen mit unserer Gesellschaft?
Orwell und die Überwachung
„Big Brother ist watching you“, kaum ein Satz ist so tief in unser politisches Bewusstsein eingedrungen wie die Kernbotschaft aus George Orwells dystopischem Roman „1984“. Mit großer Eindringlichkeit und Präzision schildert Orwell in diesem Werk den Alltag in einer totalitären Überwachungsgesellschaft. Kein Wort bleibt hier unbelauscht, keine Geste ungeprüft, kein Gedanke folgenlos. Mit den digitalen Informationstechniken, die im Zeichen von Big Data unseren gesamten Alltag protokollieren und erfassen, hat Orwells Vision vom totalen Überwachungsstaat neue Aktualität gewonnen. Kurz nach der Amtsübernahme von Donald Trump schnellte das Buch in den USA sogar zurück auf die Bestsellerlisten, aus konkreter Angst vor einer neuen Ära des Freiheitsverlusts und der Wahrheitsferne. In seinem Essay untersucht der Philosoph Bruce Bégout, wie Orwells Idee zu dem Buch entstand. Im Vorwort zum Beiheft geht Éric Sadin dem Phänomen der globalen Überwachung nach.
Algorithmen entscheiden nichts
Oft heißt es, Algorithmen würden „entscheiden“ oder Autos „autonom“ fahren. Doch führen derlei Begriffe in die Irre. Denn „Künstlicher Intelligenz“ fehlt etwas, was nur der Mensch hat: Phantasien, Rechtfertigungen und Vorstellungen vom guten Leben.
Sabine Müller-Mall: „Algorithmen entpolitisieren uns“
Ob Tracking-App, Videokonferenzen oder Fallzahlprognosen: Die Pandemie führt zu einem Digitalisierungsschub. Doch was macht die Allgegenwart von Algorithmen mit unserer Gesellschaft? Ein Gespräch mit der Rechtsphilosophin Sabine Müller-Mall.
Sebastian Rosengrün: „Algorithmen sind nicht rassistisch, Menschen sind rassistisch“
Beim Thema Künstliche Intelligenz ist viel Halbwissen im Umlauf. Der Philosoph Sebastian Rosengrün erläutert im Interview, warum KI nicht rassistisch sein kann, nur wir zu echten Emotionen fähig sind und Algorithmen nicht über menschliche Schicksale entscheiden sollten.