Lob der Männlichkeit
Gegenwärtig gilt Männlichkeit oft als die Wurzel allen gesellschaftlichen Übels. Die Welt, so die Annahme, wäre eine bessere, würde sie von Frauen und femininen Werten bestimmt. Das ist eine fatale Verkürzung.
Männlichkeit, darüber besteht im progressiven Milieu heute Einigkeit, ist ein Problem. Denn Männer, so heißt es, nehmen zu viel Raum ein (manspreading), spielen sich als Bescheidwisser auf (mansplaining), sind kritikunfähig (fragile masculinity) und neigen zur Gewalt gegen sich und andere (toxic masculinity). Derweil steht männliche Dominanz nicht nur in der Kritik, es scheint sich auch der Anfang ihres Endes abzuzeichnen: Männer schneiden schlechter im Bildungssystem ab und werden häufiger drogenabhängig, begehen öfter Suizid und sterben allgemein früher als Frauen. Männliche Körperkraft erscheint in der hochtechnisierten Zivilisation zunehmend überflüssig, Zeichen der Virilität wie Brustbehaarung und Kinngrübchen verschwinden aus den Filmen und selbst die Spermienzahl westlicher Männer hat sich einer Studie der Hebräischen Universität Jerusalem zufolge seit den 1970er-Jahren halbiert. Ist Männlichkeit eine Fehlkonstruktion, von der wir uns langsam, aber sicher verabschieden?
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