Welche Vision kann uns retten?
Nr. 69 - April/Mai 2023
Unsere Gegenwart wird beherrscht von Gefahren. Die Aussicht ist düster. Höchste Zeit, den Blick wieder zu weiten, um Vorstellungen einer lohnenden Zukunft zu entwickeln: Postwachstum, Longtermism, freie Planwirtschaft, Metaverse – und welche dieser Welten überzeugt Sie?
Alle Texte in der Übersicht
Arena
Mythos der Leoparden
In der jüngsten Debatte um Panzerlieferungen zeigt sich ein riskantes Spiel mit Bedeutung.

THE LINE – Zukunftsstadt?
Straßen, die wie konzentrische Kreise einen zentralen Marktplatz umgeben – diese Grundstruktur stellte lange Zeit das Idealbild einer Stadt dar.

Étienne Klein: „Diejenigen, die behaupten, man solle sich in diesem Konflikt neutral verhalten, bringen mich zur Verzweiflung“
Wie hat der Krieg in der Ukraine das eigene Leben und Denken beeinflusst? Der Philosoph Étienne Klein beschreibt einen Schock, der seine Perspektive auf Gewalt veränderte.

Der Iran in der Revolte
Auf die anhaltenden Proteste im Iran reagiert der iranische Staat mit immer mehr Todesurteilen. Schon Albert Camus hatte zwischen „Revolution“ und „Revolte“ unterschieden: Während Erstere den Menschen opfert, stellt ihn Zweitere in den Mittelpunkt.

Die Kraft der Reparatur
Das Reparieren als Kulturtechnik birgt politisches Potenzial: Es setzt der Verschwendung das Bewahren entgegen und versöhnt Konservative und Progressive.
Christoph Menke: „Mich interessiert die Knechtschaft, die im Inneren wirksam ist“
Wir sind frei und doch nicht frei. Unsere Gewohnheiten halten uns gefangen in Mustern, Bequemlichkeiten und Strukturen, die es zu überwinden gilt. Aber wie? Ein Gespräch mit dem Philosophen Christoph Menke über die Kraft ästhetischer Erfahrung.

Lob der Männlichkeit
Gegenwärtig gilt Männlichkeit oft als die Wurzel allen gesellschaftlichen Übels. Die Welt, so die Annahme, wäre eine bessere, würde sie von Frauen und femininen Werten bestimmt. Das ist eine fatale Verkürzung.

Bewaffnete Nächstenliebe
Die christliche Botschaft wird oft mit Pazifismus gleichgesetzt. Ein fataler Irrtum: Aus Sicht der Bibel erscheint die militärische Solidarität mit der Ukraine nicht nur erlaubt, sondern sogar geboten, meint unsere Kolumnistin Nora Bossong.

Leben
Discounter-Existenz
Um die farblose und schlichte Warenwelt preiswerter Supermärkte entsteht in letzter Zeit ein erstaunlicher Hype. Was steckt hinter der Absage an den ästhetisierten Individualkonsum?

Sich selbst das Ja-Wort geben
Immer mehr Menschen suchen das Glück nicht bei anderen, sondern bei sich selbst. Weltstars wie Miley Cyrus und Selena Gomez inszenieren ihr Selbstbekenntnis sogar feierlich in aller Öffentlichkeit. Was steckt hinter dem blumigen Trend der Selbstliebe?

Bis dass der Staat euch scheidet
Über 30 Prozent aller Ehen werden in Deutschland geschieden. Millay Hyatt hat diesen Akt gerade hinter sich – und stellt sich grundlegende Fragen: Was gehen den Staat intime Beziehungsprobleme an? Und weshalb bedarf es des gesprochenen Wortes eines Dritten, um die Scheidung zu vollziehen? Erfahrungsbericht einer Philosophin.

Wozu ist Sport gut?
„Ohne Schweiß kein Preis“ lautet die Überzeugung der einen, „Sport ist Mord“ die Warnung der anderen. Auch in der Philosophiegeschichte war man sich über Nutzen und Nachteil der Leibesertüchtigung uneins.

Die Sache mit dem Taschentuch
Dass Fürsorge mit Verbrauch und Egozentrik mit Nachhaltigkeit einherzugehen vermag, zeigt sich an der Art, wie wir uns schnäuzen. Papier oder Stoff? Das ist hier die Frage.

Dossier: Welche Vision kann uns retten?
Die Zukunft sehen
Was unterscheidet eine Vision von unrealistischen Träumereien? Bergen diese nicht auch die Gefahr, als Legitimierung für totalitäre Praktiken zu dienen? Ein Blick in die Ideengeschichte zeigt, dass es gerade jetzt an der Zeit sein könnte, ihr rettendes Potenzial wiederzuentdecken.

Ein Tag im Jahr 2103
Die Welt in 80 Jahren: Nach dem großen Zusammenbruch ist die Zeit des Wachstums vorbei, die Globalisierung an ein Ende gekommen. Wie müssen wir uns das Leben unter den Bedingungen des Postwachstums vorstellen? Hier der fiktive Tagebucheintrag eines Vaters.

Hayden Wilkinson: „Wir sollten die Menschen der Zukunft vor Leid bewahren“
Vertreter des Longtermism argumentieren für eine drastische Erweiterung unseres moralischen Horizonts: Nicht nur unsere Kinder und Enkelkinder, sondern auch Menschen, die vielleicht erst in mehreren Millionen Jahren leben werden, sollten in unseren heutigen Entscheidungen Beachtung finden. Der Philosoph Hayden Wilkinson erklärt, was es mit diesem neuen Langfristigkeitsdenken auf sich hat und warum wir uns gerade jetzt um die ferne Zukunft sorgen sollten.

Plan frei
Freie Planwirtschaft ist eine innerhalb ökologischer Grenzen operierende, demokratische Wirtschaftsordnung, die auf die Berücksichtigung der Bedürfnisse aller Menschen und anderer Lebewesen ausgerichtet ist. Freiheit, Sicherheit und Luxus werden neu gedacht, individuelle mit allgemeinen Interessen in Aushandlungsprozessen vermittelt. In Philosophie, Ökonomie und Soziologie wird zu demokratischer Planwirtschaft nicht nur geforscht, sondern auch deren Umsetzung gefordert. Ein Manifest in zehn Punkten.

Reality-Check
Derzeit arbeiten praktisch alle großen Technikunternehmen am sogenannten Metaverse. In dieser Zukunft des Internets sollen wir als Avatare arbeiten, spielen und leben. Doch in welcher Realität würden wir uns wiederfinden, wenn sich unsere Umwelt aus Bits und Bytes zusammensetzt? Eine Reportage von Dominik Erhard.

Klassiker
Kant und der Geschmack
Über Geschmack lässt sich bekanntlich nicht streiten. Auch Kant war der Überzeugung, dass unsere ästhetischen Urteile subjektiv und nicht rational sind. Dennoch erwarten wir die Zustimmung unserer Mitmenschen, wenn wir etwas schön finden. Wieso?
Was ist Deutscher Idealismus?
In unserer Rubrik Auf einen Blick machen wir philosophische Strömungen in einem Schaubild verständlich. Diesmal den deutschen Idealismus, der umfassende Systeme zur Erklärung der Wirklichkeit entwirft und davon ausgeht, dass Denken und Sein untrennbar zusammengehören.

Bücher
Postkoloniale Piraten-Fantasien
David Graeber sucht jenseits von Europa nach dem Ursprung politischer Gleichheitsideen – und wird im Madagaskar des 17. und 18. Jahrhunderts fündig.

Der Geisterseher
Der Schriftsteller Georg Klein lockt seine Leser in fantastische Zwischenwelten voller Zeitschleifen, Kippmomente und übersensibler Körper. Die Wirklichkeit wird dabei virtuos infrage gestellt.

Das Erbe der Sklaverei
Herrschaft und Management: Vier neue Bücher untersuchen, wie Kolonialismus, Sklaverei und Kapitalismus zusammenhängen – und wie diese unkenntlich gemachte Verbindung den Aufschwung des Westens erst ermöglichte.

Finale
Stirb an einem anderen Tag?
John Malkovich mimt in Seneca einen der todesmutigsten Philosophen der Geschichte.

Phil.Kids (03/23)
Oft stellen Kinder nicht nur sehr gute Fragen, sondern haben auch besonders geistreiche Antworten. In unserer Rubrik Phil.Kids widmen sich kleine Menschen regelmäßig den ganz großen Rätseln des Seins. Zum Beispiel: Wie beendet man einen Streit?
