Direkt zum Inhalt
Menu Top
    loginAnmelden shopping_basketHefte kaufen assignment_addAbonnieren
Navigation principale
  • Startseite
  • Impulse
  • Essays
  • Dossiers
  • Gespräche
  • Hefte
  • Sonderausgaben
  • Philosophen
  • Begriffslexikon
  • Bücher
rechercher
 Philosophie Magazin - Impulse für ein freieres Leben
Menu du compte de l'utilisateur
    loginAnmelden shopping_basketHefte kaufen assignment_addAbonnieren
Navigation principale
  • Startseite
  • Impulse
  • Essays
  • Dossiers
  • Gespräche
  • Hefte
  • Sonderausgaben
  • Philosophen
  • Begriffslexikon
  • Bücher
Tag - Body
Tag - Body

Bild: © Tina Ahrens

Buch des Monats

Mit Arendt gegen Arendt

Ronald Düker veröffentlicht am 19 Mai 2022 3 min

Juliane Rebentischs kritische Relektüre Hannah Arendts geht der frappierenden Aktualität einer streitlustigen Intellektuellen auf den Grund – und wendet sich gegen deren Heiligsprechung.

 

Hannah Arendt ist nicht nur die berühmteste Denkerin des letzten Jahrhunderts, sie ist nun auch You-Tube-Influencerin. Kein Video aus der Philosophiesparte wurde jedenfalls so dringend empfohlen wie ihr Fernsehinterview mit Günter Gaus, das der Journalist im Jahr 1964 mit ihr geführt hatte. Vom Inhalt abgesehen, ist dies ein Dokument der allmählichen Verfertigung der Gedanken beim Reden. Eine Performance, in der Arendts schnarrende Stimme und Divenhaftigkeit beindrucken und natürlich die Zigarette, von der die gefährlich sich herunterkrümmende Asche immer genau dann geschnippt wird, wenn auch im Gespräch eine Pointe zündet.

Was aber hat die charismatische Kettenraucherin uns heute noch zu sagen? Für Juliane Rebentisch, Professorin für Philosophie und Ästhetik in Offenbach, steht Arendts Aktualität außer Frage. „Liest man Hannah Arendt heute“, so zitiert sie den Philosophen Richard J. Bernstein, dann „überkommt einen ein fast schon unheimliches Gefühl zeitgenössischer Relevanz.“ Weshalb sich Rebentisch aber noch lange nicht einverstanden erklärt.

Zwar erscheinen die Themen, mit denen sich Arendt befasste, noch immer virulent, ihr Denken dazu aber in vielem anfechtbar; mit einer „Heiligsprechung“ erwiese man der streitlustigen Intellektuellen keinen Dienst. Der Streit um Pluralität betitelt Rebentisch ihr Buch, womit der Schlüsselbegriff benannt ist. Pluralität, so fasste es Arendt, sei die schlichte Tatsache, dass „nicht ein Mensch, sondern viele Menschen auf der Erde leben und die Welt bevölkern“, kein Mensch gleiche je einem anderen. Am Leitfaden der Pluralität untersucht Rebentisch Arendts Denken in zehn Kapiteln, die, von „Wahrheit“ über „Kolonialismus“ bis „Demokratie“, allesamt auf aktuelle Debatten abzielen.

 

Philosophischer Kolonialismus?

 

Was Arendt selbst widerfahren war, kann da nicht außen vor bleiben. Ein Leben, so resümiert Rebentisch, „geprägt durch die Erfahrung von Antisemitismus, Staatsterror, Flucht und Staatenlosigkeit und, in den USA, durch die Enthüllungen einer von unwahren Behauptungen, von Täuschung und Selbsttäuschung seitens der US-Regierung durchzogenen Geschichte des Vietnamkrieges“. Der Wiedererkennungseffekt solcher Umstände ist frappierend.

Stichwort: postfaktisches Zeitalter. Die Polyfonie alternativer Fakten, die nebeneinander erfolgreich Geltung beanspruchen, hat unter Trump und nun Putin eine Welt ins Wanken gebracht. Rebentisch erinnert an Arendts Begriff des „Tatsachenmaterials“, das als Antidot ins Feld geführt werden könnte, wenn es, laut Arendt, eben doch Fakten gebe, die nicht hinterfragbar seien. Ein zunächst beruhigend klingendes Argument, das Rebentisch für unzulänglich erklärt. Schließlich seien Tatsachenfeststellungen ja sogar in der Naturwissenschaft stets ein Resultat von Vermittlung und Interpretation, weshalb auf den Prozess einer Beweisführung nicht verzichtet werden könne. Mit Bertolt Brecht und aus Anlass der amerikanischen Desinformationspolitik zum Thema Vietnam sprach Arendt von „finsteren Zeiten“. Diese Finsternis sieht Rebentisch auch, gerade heute. Nur scheint ihr das emphatische Beharren auf dem Faktischen eher Teil des Problems als Teil der Lösung zu sein.

Überhaupt kritisiert Rebentisch die Philosophin für zu schematische Scharfstellungen. In deren berühmtestem Buch Elemente und Ursprünge totalitärer Herrschaft lasse Arendt ein auffälliges Unverständnis für den afroamerikanischen Unabhängigkeitskampf erkennen. Ihr politischer Begriff der „Rasse“ sei nichts weiter als „philosophischer Kolonialismus“. „In Afrika und Australien“, so schrieb Arendt tatsächlich, lebten „bis heute die einzigen ganz geschichts- und tatenlosen Menschen“, die sich „weder eine Welt erbaut“ noch die Natur in ihren Dienst gezwungen hätten. Indem Arendt den Begriff der „Rasse“ mit dem der „Weltlosigkeit“ verbinde, naturalisiere sie, so Rebentisch, die Gewalt von Kolonisierung und Sklaverei und verdecke das „Freiheitsund Würdepotenzial der Verfolgten“. Arendts „Rasse“-Begriff mag auch Lesern schräg erscheinen, die nicht mit allen Wassern der postkolonial imprägnierten Kritik gewaschen sind. Folgt man Juliane Rebentisch, dann ist die heute so bewunderte Hannah Arendt eine Philosophin mit brandaktuellen Themen und dringend zu hinterfragenden Denkfiguren.

 

Juliane Rebentisch
Der Streit um Pluralität. Auseinandersetzungen mit Hannah Arendt
Suhrkamp, 288 S., 28 €

  • Email
  • Facebook
  • Linkedin
  • Twitter
  • Whatsapp

Kommentare

Tom | Freitag, 27. Mai 2022 - 10:50

Es zeigt sich immer wieder, dass Philosophen lieber die Finger lassen von Politik. Das Politische verträgt philosophische Denkkraft nicht. Kraftvolle philosophische Gedanken ecken immer mit dem Politischen an. Anders gesagt: Philosophen sind furchtbare Politiker und vice versa. Siehe auch Nietzsche und Hannah Arendts Lover Heidegger ;-)

Anzeige
Tag - Body

Weitere Artikel

Gespräch
10 min

Am Abgrund der Moderne

Catherine Newmark 09 Juli 2015

Hannah Arendt hat nicht nur die totalitäre Herrschaft analysiert, sondern auch die Traditionsbrüche beschrieben, die diese ermöglichte. Traditionsbrüche, die auch in Arendts eigenem Leben und Arbeiten Spuren hinterließen – und sie sehr sensibel für jegliche Gefahren in Demokratien machten. Was können wir heute noch in der Auseinandersetzung mit Arendts Arbeiten lernen? Ein Interview mit der Gründerin des Hannah Arendt-Zentrums Antonia Grunenberg.

Am Abgrund der Moderne

Gespräch
10 min

Heimisch bleiben in einer Welt nach Auschwitz

Catherine Newmark 09 Juni 2016

Die These von der „Banalität des Bösen“ gehört zu den umstrittensten in Hannah Arendts Werk. Die Berliner Philosophin Susan Neiman erklärt, warum Arendts Buch über Eichmann für sie den wichtigsten Versuch einer Theodizee im 20. Jahrhundert darstellt.

Heimisch bleiben in einer Welt nach Auschwitz

Impulse
4 min

Arendts Bedenken am Mehrparteiensystem

Charles Perragin 09 April 2022

Warum spielen die etablierten Parteien in Frankreich kaum mehr eine Rolle? Weil sie nicht glaubhaft versichern können, dass sie im Interesse der Allgemeinheit handeln. Ihr Abstieg wurzelt, so Hannah Arendts These, im Mehrparteiensystem, das Bewegungen und Ideologie begünstigt und dem Etablierten misstraut.
 

Arendts Bedenken am Mehrparteiensystem

Gespräch
1 min

Klaus Vieweg über die Aktualität Hegels

Philomag Redaktion 16 September 2020

Warum ist der vor 250 Jahren geborene Philosoph Georg Wilhelm Friedrich Hegel ein Denker der Freiheit? Was macht sein Schaffen für uns heute noch relevant? Und welches seiner Werke ist das bedeutendste? Auf der diesjährigen phil.cologne sprechen wir im Videointerview mit Klaus Vieweg über die Aktualität des Philosophen. Klaus Vieweg, geboren 1953, ist Professor für klassische deutsche Philosophie an der Friedrich-Schiller-Universität Jena und einer der international führenden Hegel-Experten. Im Juli erschien sein Buch Hegel. Der Philosoph der Freiheit im C. H. Beck Verlag.

Klaus Vieweg über die Aktualität Hegels

Gespräch
9 min

Philipp Felsch: „Die Kritische Theorie funktionierte als BRD noir“

Nils Markwardt 30 September 2021

Nach ihrer Rückkehr aus dem US-Exil avancierten Horkheimer und Adorno zu intellektuellen Stars der Bundesrepublik. Kulturhistoriker Philipp Felsch erklärt, warum die Kritische Theorie durch ihre Zeit in LA einen Erfahrungsvorsprung besaß, alsbald einen Habitus der universellen Betroffenheit entwickelte und sich die Studenten schließlich von ihr abwandten.   

Philipp Felsch: „Die Kritische Theorie funktionierte als BRD noir“

Gespräch
3 min

Marie-Luisa Frick: „Man sollte Selbstdenken nicht undifferenziert heroisieren“

Svenja Flasspoehler 16 November 2020

Corona und Terror rufen die Ideale der Aufklärung wieder auf den Plan und stellen die Demokratie gleichzeitig hart auf die Probe. Die Philosophin Marie-Luisa Frick, deren Buch Mutig denken (Reclam) gerade erschienen ist, erklärt vor diesem Hintergrund, was wir heute noch von den Aufklärern lernen können.
 

Marie-Luisa Frick: „Man sollte Selbstdenken nicht undifferenziert heroisieren“

Essay
14 min

‌Internationalismus‌ ‌oder‌ ‌Untergang‌

Noam Chomsky 03 Oktober 2020

Der emeritierte Professor für Sprachwissenschaft Noam Chomsky hat die Linguistik mit seinem Modell der „generativen Grammatik“ grundlegend verändert. Nicht zuletzt wegen seiner kritischen Analysen der US-Politik zählt er allerdings auch zu den wichtigsten Intellektuellen der Gegenwart. In seiner Keynote-Rede, die er auf dem Eröffnungsgipfel der Progressiven Internationale am 18. September 2020 gehalten hat und die wir hier mit freundlicher Genehmigung zweitveröffentlichen, skizziert er die Herausforderungen der Gegenwart und warnt, dass das „Experiment Menschheit“ scheitern wird, wenn wir die drängenden Krisen unserer Zeit nicht schnell und gemeinsam angehen.

‌Internationalismus‌ ‌oder‌ ‌Untergang‌

Essay
6 min

Helmuth Plessner und die Gemeinschaft

Marianna Lieder 04 November 2020

Scharfsinnig und stilistisch virtuos wendet sich Helmuth Plessner in seinem 1924 veröffentlichten Werk Grenzen der Gemeinschaft gegen den Wir-Kult, der damals die junge Demokratie der Weimarer Republik von rechter und linker Seite bedroht. In Ihrem Essay erläutert Marianna Lieder, warum Plessers Verteidigung von Takt, Diplomatie und Höflichkeit gegen sämtliche Form von Unmittelbarkeitsbestreben noch immer hochaktuell ist.

Helmuth Plessner und die Gemeinschaft

Artikel aus Heft Nr. 64 Juni/Juli 2022 Vorschau
Anzeige
Tag - Body
Hier für unseren Newsletter anmelden!

In einer Woche kann eine ganze Menge passieren. Behalten Sie den Überblick und abonnieren Sie unseren Newsletter „Denkanstöße“. Dreimal in der Woche bekommen Sie die wichtigsten Impulse direkt in Ihre Inbox.


(Datenschutzhinweise)

Jetzt anmelden!

Fils d'ariane

  1. Zur Startseite
  2. Artikel
  3. Mit Arendt gegen Arendt
Philosophie Magazin Nr.Nr. 69 - März 2023
Philosophie magazine : les grands philosophes, la préparation au bac philo, la pensée contemporaine
April/Mai 2023 Nr. 69
Vorschau
Philosophie magazine : les grands philosophes, la préparation au bac philo, la pensée contemporaine
Rechtliches
  • Werbung
  • Datenschutzerklärung
  • Impressum
Soziale Netzwerke
  • Facebook
  • Instagram
  • Twitter
  • RSS
Philosophie Magazin
  • Über uns
  • Unsere App
  • PhiloMag+ Hilfe
  • Abonnieren

3 Hefte frei Haus und PhiloMag+ Digitalzugang für nur 20 €

Jetzt ausprobieren!