Direkt zum Inhalt
Menu Top
    loginAnmelden shopping_basketHefte kaufen assignment_addAbonnieren
Navigation principale
  • Startseite
  • Impulse
  • Essays
  • Dossiers
  • Gespräche
  • Hefte
  • Sonderausgaben
  • Philosophen
  • Begriffslexikon
  • Bücher
rechercher
 Philosophie Magazin - Impulse für ein freieres Leben
Menu du compte de l'utilisateur
    loginAnmelden shopping_basketHefte kaufen assignment_addAbonnieren
Navigation principale
  • Startseite
  • Impulse
  • Essays
  • Dossiers
  • Gespräche
  • Hefte
  • Sonderausgaben
  • Philosophen
  • Begriffslexikon
  • Bücher
Tag - Body
Tag - Body

Bild: engin akyurt (Unsplash); gemeinfrei

Impuls

Rousseau gegen Tomaten im Winter

Octave Larmagnac-Matheron veröffentlicht am 26 Oktober 2022 4 min

Durch steigende Energiekosten wird der Anbau von Tomaten in beheizten Gewächshäusern für viele Landwirte unrentabel. Schweden kündigte nun sogar an, die nationale Produktion einzustellen. Also keinen Tomaten in diesem Winter? Für Rousseau ist das kein Problem.

 

Keine Tomaten in diesem Winter? Kein Problem: Das werden sich die meisten von uns sagen. Frische Tomaten in der kalten Jahreszeit müssen nun wirklich nicht sein. Wir können jedoch darauf wetten, dass wir in den Supermarktregalen trotz steigender Produktionskosten einige Tomaten finden werden. Natürlich keine lokalen Tomaten, sondern Tomaten mit einer schlechten CO2-Bilanz, die aus fernen Ländern durch die – angeblichen – Gesetze des Marktes einmal quer über die Welt und in unsere Regale gedrückt wurden. Aber werden wir der Versuchung widerstehen, ein- oder zweimal Tomaten zu kaufen, wenn wir dieses gleichzeitig süße und säuerliche Gemüse sehen, das seit einigen Jahrhunderten fester Bestandteil unserer kulinarischen Landschaft ist? Werden wir der Versuchung widerstehen, unseren ökologischen Fußabdruck zu vergrößern und unsere Lasagnen und unser Ratatouille ohne Tomaten zuzubereiten?

Wir würden gerne mit Ja antworten. Aber wir dürfen nicht übersehen, dass unser Wirtschaftssystem in der Lage ist, uns viele Bedürfnisse einzuflößen, die alles andere als notwendig sind. Vor allem im Winter, wenn die lokalen und saisonalen Lebensmittel weniger vielfältig und in der kollektiven Vorstellung nicht immer die aufregendsten sind: Steckrübe, Topinambur, Karotten, Rüben, Pastinaken, kurzum die große Familie der Wurzelgemüse, zu denen noch Zwiebelgemüse (Lauch, Zwiebel, Fenchel), Kohl (Rot- oder Blumenkohl), Chicorée und Spinat hinzukommen... Alles in allem erdige, herbe Aromen, die nicht unbedingt in Mode sind. Ist das Essen einer Tomate im Winter dagegen nicht wie der Biss in ein Stück Sommer, Sonne, Unbeschwertheit?

Wie kann man unter diesen Umständen der Versuchung widerstehen und seinen Überzeugungen treu bleiben? Indem man Rousseau liest! In seinem 1762 erschienenem Buch Emile oder über die Erziehung hält er ein leidenschaftliches Plädoyer für lokales und saisonales Gemüse, indem er schreibt: „Ich (würde) diejenigen nicht nachahmen, die sich nur da wohl befinden, wo sie nicht sind, und stets die Jahreszeiten mit sich selbst und die Klimate mit den Jahreszeiten in mit sich selbst und die Klimate mit den Jahreszeit in Widerspruch setzen, welche den Sommer im Winter und den Winter im Sommer suchen und Kälte in Italien und Wärme im Norden haben wollen, ohne zu bedenken, daß sie die Strenge der Jahreszeiten, die sie zu fliehen glauben, an jenen Orten finden, wo man nicht gelernt hat, sich dagegen zu schützen“ und vor allem, das Beste daraus zu machen, auch kulinarisch. Und genau das ist der Wunsch des Philosophen: den Reichtum einer Kultur (und erst recht einer Landwirtschaft) zu genießen, die durch eine Jahrhunderte praktizierte Weisheit perfektioniert wurde. „Ich wollte von einer Jahreszeit alles nutzen, was sie nur Angenehmes hat, und von einem Klima alles, was es Besonderes zu bieten hat.“

Diese Anpassung, dieser Verzicht ist die Voraussetzung für ein reicheres, umfassenderes Leben: „Ich würde eine Vielfalt von Vergnügen und Gewohnheiten haben, die sich nicht gleichen, aber doch stets der Natur gemäß sein würden.“ Im Gegensatz dazu, so Rousseau, wird ein Mensch, der nur seinen Wünschen folgt und keine Einschränkungen akzeptiert, schließlich von eben diesen Wünschen beherrscht werden – z.B. Tomaten zu essen. Sein Leben wird dann trister, gleichförmiger und fader. Der unstillbare, ständige Wunsch, Tomaten zu essen, verdrängt schließlich die Freude, die man beim Essen von Tomaten empfindet. „Hätte ich Kirschen, wenn es friert, und ambraduftende Melonen mitten im Winter – mit was für einem Vergnügen würde ich sie verzehren, wenn mein Gaumen nicht das Bedürfnis hat, angefeuchtet oder erfrischt zu werden? Würde mir in der Hitze der Hundstage die feste Marone angenehm sein? Würde ich sie, wenn sie aus dem Kohlebecken käme, wohl der Stachelbeere, der Erdbeere und den kühlenden Früchten vorziehen, die mir ohne so viele Mühe überall auf der Erde angeboten werden?“ Für Rousseau sind die Dinge richtig geordnet: Die Früchte der Natur werden auf die Anforderungen der Jahreszeit abgestimmt. „‘Sterbliche, ihr seid nicht verlassen, die Natur lebt noch!‘“

Die Verbindung zwischen Jahreszeit und Ernährung im Namen der menschlichen Wünsche aufzuheben, ist ein Irrweg. Der Geschmack von Obst und Gemüse, das mit großem technischen Aufwand produziert und transportiert wird, ist aus kulinarischer, moralischer und umweltschützerischer Perspektive enttäuschend: „Es ist Mühe und kein guter Geschmack, wenn man die Ordnung der Natur so stört, wenn man ihr nicht freiwillig hervorgebrachte Früchte entreißt, die sie ungern und mit ihrem Fluch hergibt und die, da sie weder Güte noch Geschmack haben, weder den Magen nähren noch dem Gaumen schmeicheln können. Nichts ist unschmackhafter als Frühobst; nur unter großen Kosten gelingt es dem einen oder anderen Reichen in Paris mit seinen Öfen und Treibhäusern, daß er das ganze Jahr hindurch schlechtes Gemüse und schlechte Früchte auf seiner Tafel hat.“ Ein guter Grund, sich an das Rousseau‘sche Prinzip zu halten: „Ich für meinen Teil würde an Ort und Stelle bleiben.“ •

Übersetzt von
Manuel Schabel
  • Email
  • Facebook
  • Linkedin
  • Twitter
  • Whatsapp
Anzeige
Tag - Body

Weitere Artikel

Artikel
1 min

Döstädning

01 Januar 2018

 

Viele Schweden fangen schon um die fünfzig damit an: Stück für Stück sortiert man überflüssige Dinge aus, um den Verwandten später keinen Krempel zu hinterlassen.


Impulse
1 min

Wohnungsnot

28 November 2020

Steigende Mieten, Spekulation auf Immobilien, Verdrängung an den Stadtrand: Was heute immer stärker zum Problem wird, beklagte bereits Friedrich Engels.

Wohnungsnot

Impulse
2 min

Rousseau und der volonté générale

Theresa Schouwink 30 Oktober 2020

Einzelinteressen lassen sich mit dem Gemeinwesen in Einklang bringen, indem man vom Gesamtwillen das Mehr oder Weniger abzieht, meint Jean-Jacques Rousseau. Sie verstehen nur Bahnhof? Wir helfen weiter.

Rousseau und der volonté générale

Impulse
2 min

Technologie der Macht: Winterspiele nur noch in Diktaturen?

Nils Markwardt 15 Januar 2015

Am 2. Oktober zog Oslo seine Bewerbung zurück. Seither interessieren sich nur noch autoritäre Staaten für die Ausrichtung der Olympischen Winterspiele 2022


Gespräch
4 min

Catherine Malabou: „Kryptowährungen stellen die Idee des Staates infrage“

Octave Larmagnac-Matheron 12 Oktober 2020

Die chinesische Zentralbank hat Mitte September ihr Vorhaben bekräftigt, einen digitalen Yuan einzuführen. Das ist nur eines von vielen Beispielen für den zunehmenden Willen von Staaten, auf dem Gebiet der Kryptowährungen mitzuhalten – die Philippinen, Schweden, Uruguay, Mexiko und selbst die Eurozone verfolgen ähnliche Projekte. Für die Philosophin Catherine Malabou ist dies ein Widerspruch in sich, da Kryptowährungen auf anarchistischen Prinzipien von Horizontalität und Dezentralisierung beruhen, die die Währungshoheit von Staaten und Zentralbanken infrage stellen.

Catherine Malabou: „Kryptowährungen stellen die Idee des Staates infrage“

Artikel
2 min

Die Reichsbürger-Therapie

Wolfram Eilenberger 01 Januar 2017

Sie querulieren, dekretieren, mittlerweile morden sie sogar. Was die nationalen Junker wirklich umtreibt – und wie sie von ihrem unsouveränen Wahn zu befreien wären.


Artikel
8 min

Sie ist wieder da. Die Frage nach der Identität.

Philipp Felsch 01 Februar 2017

In der gesamten westlichen Welt kehren Identitätsfragen ins Zentrum des politischen Diskurses zurück. Donald Trump stilisierte sich erfolgreich als Anwalt des „weißen Mannes“. Marine Le Pen tritt in Frankreich mit dem Versprechen an, die Nation vor dem Verlust ihrer Werte und Eigenheiten zu bewahren. Auch in Deutschland wird das Wahljahr 2017 von kulturellen Verlustängsten dominiert werden. Das Projekt der Europäischen Union droht derweil zu scheitern. Terrorangst schürt Fremdenfeindlichkeit Wie lässt sich diesen Entwicklungen gerade aus deutscher Sicht begegnen? Mit einem noch entschiedeneren Eintreten für einen von allen nationalen Spuren gereinigten Verfassungspatriotismus? Oder im Gegenteil mit neuen leitkulturellen Entwürfen und Erzählungen? Bei all dem bleibt festzuhalten: Identitätspolitik war in den vergangenen Jahrzehnten eine klare Domäne linker Politik (u. a. Minderheitenrechte, Genderanliegen). Sind bestimmte Kollektive schützenswerter als andere? Was tun, damit unsere offene Gesellschaft nicht von Identitätsfragen gespalten wird?


Gespräch
4 min

Michael Jäckel: „Das Warenhaus diente als Schaufenster in die Welt“

Nils Markwardt 29 Oktober 2020

Vor kurzem kündigte Galeria Karstadt Kaufhof die Schließung von fast 50 Filialen an. Das scheint indes nur ein weiterer Schritt in einem bereits länger andauernden Niedergang jener Warenhäuser zu sein, die Walter Benjamin einst „den letzten Strich des Flaneurs“ nannte. Der Soziologe Michael Jäckel erläutert die Entstehungsgeschichte der Warenhäuser, erklärt die Gründe für ihren Niedergang und warnt vor einer neuen „Unwirtlichkeit unserer Städte“.  

Michael Jäckel: „Das Warenhaus diente als Schaufenster in die Welt“

Anzeige
Tag - Body
Hier für unseren Newsletter anmelden!

In einer Woche kann eine ganze Menge passieren. Behalten Sie den Überblick und abonnieren Sie unseren Newsletter „Denkanstöße“. Dreimal in der Woche bekommen Sie die wichtigsten Impulse direkt in Ihre Inbox.


(Datenschutzhinweise)

Jetzt anmelden!

Fils d'ariane

  1. Zur Startseite
  2. Artikel
  3. Rousseau gegen Tomaten im Winter
Philosophie Magazin Nr.Nr. 69 - März 2023
Philosophie magazine : les grands philosophes, la préparation au bac philo, la pensée contemporaine
April/Mai 2023 Nr. 69
Vorschau
Philosophie magazine : les grands philosophes, la préparation au bac philo, la pensée contemporaine
Rechtliches
  • Werbung
  • Datenschutzerklärung
  • Impressum
Soziale Netzwerke
  • Facebook
  • Instagram
  • Twitter
  • RSS
Philosophie Magazin
  • Über uns
  • Unsere App
  • PhiloMag+ Hilfe
  • Abonnieren

3 Hefte frei Haus und PhiloMag+ Digitalzugang für nur 20 €

Jetzt ausprobieren!