Wenn Katastrophen Politik machen
Seit gestern sind die Ukraine und die Republik Moldau Beitrittskandidaten der EU. Dabei erfüllen andere Länder wie Nordmazedonien die Kriterien seit Jahren und werden trotzdem hingehalten. Das könnte sie für Putins Propaganda empfänglich machen, meint Jörg Scheller.
Unter osteuropäischen Aspiranten auf einen EU-Beitritt, darunter Nordmazedonien und Albanien, macht sich Unmut breit. Warum werden die Ukraine und die Republik Moldau bevorzugt behandelt? Die Ukraine reichte ihr Gesuch für eine Beitrittskandidatur am 28. Februar 2022 ein. Gestern wurde es angenommen. Die Moldau bewarb sich am 2. März 2022. Auch dieser Antrag wurde gestern angenommen. Grund ist der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine, nicht veränderter Reformstatus. Länder wie Nordmazedonien hingegen bemühen sich seit langem redlich, die Aufnahmebedingungen zu erfüllen und haben entsprechende Reformen durchgeführt. Nordmazedonien hat schon 2014 sein Gesuch vorgelegt. Gleichwohl sitzt das Land immer noch auf der Wartebank. In der Presse wird der Staat als „Musterschüler“ der EU-Beitrittskandidaten bezeichnet. Doch erst jetzt sollen die Verhandlungen, ebenfalls unter dem Schock der Russlandkrise, beginnen. Albanien reichte sein Gesuch 2009 ein. Erst 2014 wurde der Status des Beitrittskandidaten bewilligt.
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