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Bild: Bildschirmaufnahme aus dem Video „AUS MEINER HAUT (Trailer)“ von ZFF Zurich Film Festival

Filmbesprechung

Wer wäre ich in einem anderen Körper?

Svenja Flasspoehler veröffentlicht am 16 Februar 2023 4 min

Der Film Aus meiner Haut verhandelt klug und einfühlsam eines der größten Identitätsrätsel. Dass der Film am Ende mehr Fragen aufwirft, als dass er Antworten gibt, offenbart das komplexe Verhältnis von Leib und Seele.

 

Die Idee ist genial und philosophisch hochinteressant. Regisseur Alex Schaad erzählt in Aus meiner Haut die Geschichte eines Paars, Leyla und Tristan. Leyla ist depressiv, Tristan extrem schüchtern. Aus lauter Rücksicht weiß er mit der Krankheit seiner Freundin kaum umzugehen. Die beiden reisen auf eine Insel, um gemeinsam mit anderen Menschen an einem geheimnisvollen Ritual teilzunehmen: Wer es durchläuft, tauscht mit einer zweiten Person, die zugelost wird, den Körper. 

Leyla und Tristan bekommen Fabienne und Mo zugelost. Fabienne ist eine sinnliche, nachdenkliche Frau mit französischem Akzent, Mo ein Macho. Leyla zieht im Zuge des wasserreichen Rituals (Waschung und Flussfahrt) in Fabiennes Körper, Fabienne in Leylas. Tristans Körper ist das neue Zuhause von Mo und umgekehrt. 

 

Körpertausch als philosophisches Experiment

 

Die philosophische Prämisse dieses Rituals (durchgeführt von Edgar Selge, der eine junge Frau spielt, die im Körper ihres Vaters wohnt) ist ein strikter Platonischer Leib-Seele-Dualismus. Sprich: Seele und Leib werden von Platon als säuberlich getrennt gedacht. Auf diese Weise lässt sich erklären, warum die rituelle Seelenwanderung im Film überhaupt gelingt. Doch stößt dieses Platonische Konzept im weiteren Verlauf schnell an eine Grenze. Der Körper nämlich ist für Platon im Gegensatz zur ewigen Seele lediglich eine unwichtige, flüchtige Hülle. Genau das gilt im Fall von Leyla und Fabienne aber gerade nicht.

Denn kaum steckt Leylas depressive Seele in Fabiennes Haut kehren Leylas Lebensgeister zurück. Sie hat wieder Freude an der Existenz. Geht joggen, lacht, genießt ihr Dasein. Fabienne, die Leylas Körper bewohnt, fühlt sich hingegen sofort eigentümlich schwer. Ihre neue Haut, so scheint es, raubt ihr buchstäblich die Luft zum Atmen. Im Fall von Leyla und Fabienne ist der Körper also durchaus kein nichtiges Beiwerk, sondern existenzbestimmend: Die Materie macht die Musik. Die neuen Körper verändern den seelischen Zustand Leylas respektive Fabiennes grundlegend, womit sogleich die Frage im Raum steht, ob es eine körperunabhängige Seele überhaupt gibt: Radikalmaterialisten wie Julien Onfray de la Mettrie haben im Zuge der Aufklärung genau das infrage gestellt und die Seele kurzerhand zum metaphysischen Hirngespinst erklärt. 

 

Vernunft des Leibes

 

Doch geht Aus meiner Haut auch in einer materialistischen Deutung kaum auf. Bei Mo und Tristan nämlich ist es auffälligerweise genau umgekehrt: Nicht Leib bestimmt Seele (bzw. macht sie als Konzept überflüssig), sondern Seele bestimmt Leib. Der schmale, feminine Tristan-Körper agiert nach dem Wasser-Ritual plötzlich genauso wie Macho-Mo, fläzt sich in den Sessel, rotzt, schnieft, klopft dumme Sprüche. Umgekehrt performt der dickliche Mo-Körper jetzt ausgesprochen feinsinnig; sofort erkennt der Zuschauer hier unter der kleinen Mo-Fettschicht die schöne Seele Tristans. Vermutlich war es schauspielerisch und dramaturgisch schlicht zu reizvoll, hier dann eben doch ganz platonisch der Seele die Macht zuzusprechen.

Allein, bei genauerem Hinsehen ist es noch komplizierter. Denn was passiert eigentlich mit musischen Fähigkeiten wie virtuosem Gitarrenspiel, wie Tristan es beherrscht, wenn der Körper gewechselt wird? Auffälligerweise zieht die Virtuosität nicht einfach mit um. Tristan im Körper von Mo fehlt die leibliche Intuition, das in abertausenden Übungsstunden antrainierte Körperwissen. Wer die entsprechenden hilflosen Szenen sieht, mag an Nietzsche denken: Von der „großen Vernunft des Leibes“ hatte der Philosoph gesprochen und sich damit dezidiert gegen die platonisch-christologische Abwertung des Leibes gewendet: Es ist unser Leib, der denkt, ja Dinge weiß, die wir bewusst nicht wissen. Was übrigens nicht immer schön sein muss. 

 

Ungelöstes Rätsel

 

Eine weitere, höchstspannende Dimension des Leib-Seele-Verhältnisses wird angespielt, wenn Leyla im Zuge des Films irgendwann mit einem Mann den Körper tauscht. Nach dem Joggen geht Leyla im Männer-Leib duschen und befriedigt sich selbst; später gesteht sie/er Tristan, dass der Penis zur ständigen Selbstbefummelung einfach einlädt – Tristan stimmt zu. Das für heterosexuelle Paare erkenntnistheoretisch wie ontologisch unlösbare Problem, nie zu wissen, wie es ist, das andere Geschlecht zu haben (oder zu sein?) – was, wie man weiß, Konfliktpotenzial besitzt – wird hier gelöst durch ein Ritual, das vollständige Einfühlung ermöglicht. Plötzlich ist Leyla ein Mann. Empfindet wie er. Die queere Phänomenologie fände hier schönstes Anschauungsmaterial. Und Tristan? Nun, der hat sich nie als homosexuell begriffen und fremdelt mit der zum Mann gewordenen Leyla, entzieht sich körperlich – und es gehört zu den ganz großen Stärken dieses Films, dass er plausibel zu zeigen vermag, wie sich ein Begehren, dass man für fix hielt, sehr wohl ändern kann.

So wie die Seelen immer wieder rastlos ihr Zuhause wechseln, befindet sich auch der Film selbst auf der Suche. Aus meiner Haut ist eine kluge, philosophische Versuchsanordnung, die das große Rätsel von Leib und Seele entfaltet und immer wieder neu stellt, anstatt es zu lösen. Für den Zuschauer ist das ein Glück. So bleibt eine letzte Frage für den Kneipengang nach dem Film: Was wird eigentlich aus der Eifersucht, wenn man mit seinem Partner Sex hat, der gerade in einem anderen Körper wohnt? •

 

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Kommentare

A. Schmidt | Freitag, 17. Februar 2023 - 03:16

Danke ihnen für die anregenden Gedanken und die Möglichkeit, zu kommentieren.
Auch wenn es nur ein Gedankenspiel ist:
Damit Vertrauen und Treue allseitig wahrscheinlich ausreichend gewahrt bleiben, würde es vielleicht helfen, vorher Absprache zu treffen, so vielleicht, dass bei intensiven Ereignissen immer alle Körper und Seelen anwesend sind. Selbst nur unwissendes, mögliches Fehlverhalten wäre ja auch eine Bedrohung für alle getauschten Körper und Seelen. Da die Situation aber so neu und besonders wäre, würde wohl besser mit psychologischen und auch körperlichen Überraschungen gerechnet werden.
Vielleicht könnten dann in einer glücklichen Konstellation zwei bis vier Menschen bekannte Körper mit neuen Seelen oder neue Körper mit bekannten Seelen ihre vielfältigen, auch erogenen, Wechselwirkungen erkunden.

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