Ja statt Nein!
In der Unfähigkeit zum Ja offenbart das Nein seine Schwäche, die verbreiteter ist, als man denken möchte. Eine Intervention von Svenja Flaßpöhler.
Um Missverständnissen vorzubeugen: Ohne jeden Zweifel kann im Nein eine Stärke liegen. Nur wer sich abgrenzen kann von den Ansprüchen anderer, ist fähig zur Selbstbestimmung. Und nur wer den Mut zu einem Nein auch dann findet, wenn es mit Nachteilen einhergeht, ist wahrhaft an Freiheit interessiert, innerer wie äußerer. Der Widerstandskämpfer, der einem totalitären System auch unter Einsatz seines Lebens ein Nein entgegensetzt, ist der Inbegriff eines solchen Mutes. In kleinerem Maßstab offenbart sich diese Tugend täglich in Büros und Beziehungen, wenn ein Mensch sich widersetzt; auch auf die Gefahr hin, hinterher allein dazustehen.
Doch es gilt, genau hinzusehen, denn das Nein ist ein schillerndes, ambivalentes Phänomen. Genauer: Was zunächst wie Stärke aussehen mag, könnte eine Schwäche sein, die sich nur tarnt. Diese Schwäche besteht darin, die Kraft, die es bräuchte, um Ja zu sagen zu festen Bindungen – zu einem Partner, einer Arbeit, der Gesellschaft –, gar nicht erst aufbringen zu können. In solchen Fällen findet das Nein seinen Ursprung also gar nicht in der abgelehnten, kritikwürdigen Instanz selbst, sondern vielmehr im eigenen Ich. Doch anstatt den Gründen hierfür nachzugehen, wird diese Unfähigkeit hinter einem selbstbewusst vorgebrachten „Nein!“ versteckt.
Das Narzissmus-Problem
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