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Bild: Philomag Redaktion

Adventskalender

Die Kunst, immer Recht zu behalten: Kniff Nr. 5

Nicolas Tenaillon veröffentlicht am 03 Dezember 2025 2 min

Hitzige Debatten am Familientisch sind zu Weihnachten keine Seltenheit. Was es da braucht, ist argumentatives Geschick. Die Kunst ist schließlich, nicht nur Recht zu haben, sondern die anderen auch davon zu überzeugen. Unser Adventskalender hält 24 Kniffe bereit, die schon die großen Denker für sich nutzten. Heute: Führen Sie Ihren Gegner auf dünnes Eis!

 

Das Verfahren


Treiben Sie Ihren Gesprächspartner in die Enge, indem Sie ihm die skandalösen Konsequenzen seiner Überzeugung aufzeigen. So spricht er sich beispielsweise für mehr FKK-Gebiete aus. Machen Sie ihn darauf aufmerksam, dass Nacktstrände das Paradies für Pädophile sind. Oder jemand ist der Ansicht, die Waffenbesitz-Gesetze könnten etwas gelockert werden. Fragen Sie ihn, ob er sich eine Gesellschaft wünscht, in der Mord, Totschlag und Anarchie an der Tagesordnung sind. Ihr Gegenüber befindet sich mit einem Mal auf bedenklich dünnem Eis. Denn Sie haben einen extremen, gelegentlich auftretenden Zusammenhang als allgemeingültiges Ursache-Wirkung-Verhältnis dargestellt. Darin liegt Ihre besondere Raffinesse.

Dieses Verfahren wird besonders gerne von Juristen angewandt. Jene etwa, die die Legalisierung „weicher“ Drogen verteufeln, weisen gerne darauf hin, dass dies der Anfang vom Ende sei, weil damit automatisch der Konsum harter Drogen begünstigt werde. Folgt man allerdings Bernard Williams (1929-2003), dem großen britischen Moralskeptiker, riskiert man bei Anwendung dieses, wie er es nannte, Slippery-Slope-Arguments (engl. „rutschige Piste“) selbst, den Boden unter den Füßen zu verlieren. Denn zumeist beruft man sich dabei auf alte, metaphysikverdächtige Ideologeme (Abtreibungsgegner etwa führen das „menschliche Wesen“ an, Umweltschützer glauben vorbehaltlos an „die Natur“).

 

Die Abwehr


Wenn Ihr Angreifer sich auf Statistiken beruft, verlangen Sie genaue Quellenangaben. Sollte er Ihnen diese liefern können, dann hören Sie auf, mit Zahlen um sich zu werfen und bringen sie stattdessen qualitative Argumente ins Spiel („Die Sommerferien sollten verlängert werden, damit die Kinder ausreichend Zeit haben, ihre Energiereserven wieder aufzufüllen“). Kommt er Ihnen erneut mit Erhebungen, dann bleibt Ihnen immer noch der Hinweis auf Pierre Bourdieu, der betonte: „Es gibt keine öffentliche Meinung“, denn sämtliche Umfragen seien stets ideologisch kontaminiert und ohne ernst zu nehmenden Wahrheitswert.•

 

übersetzt von Marianna Lieder  

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